kicker: Sie haben schon Wolfsburg, Nürnberg und Kaiserslautern im Abstiegskampf übernommen. Ist Rostock Ihre heikelste Mission als Trainer, Herr Wolf?
Wolfgang Wolf: Wenn man auf die Tabelle schaut, ja. Aber man kann das nicht vergleichen, weil im Abstiegskampf der 2. Liga ein anderer Fußball gespielt wird. Mein erster Auftrag ist, dass die Mannschaft ihre Spielweise der Situation anpasst. Wenn man unten drin steckt, muss man anders auftreten, als dies der Fall war.
kicker: Was bedeutet anders?
Wolf: Mehr Aggressivität, Leidenschaft, ein besseres Zweikampfverhalten. Erst wenn das stimmt, kommt das Spielerische.
kicker: Sie haben sich einen ersten Eindruck verschafft. Was macht Ihnen Mut, was macht Sorge?
Wolf: Mut macht, dass die Mannschaft gewillt ist, zu lernen. Das große Problem ist die fehlende Durchschlagskraft im Sturm. Wir haben elf Tore geschossen, da muss man den Hebel ansetzen.
Marek Mintal wird wieder der Alte.
Wolfgang Wolf
kicker: Wie soll das geschehen?
Wolf: Wenn das Team ein bisschen offensiver denkt, das Pressing offensiver gestaltet, haben wir nicht mehr so lange Wege zum Tor.
kicker: Fehlt es in der Offensive nicht vielmehr an Qualität?
Wolf: Natürlich schauen wir uns um. Stefan Beinlich arbeitet mit Hochdruck daran, dass wir im Winter nachlegen können.
kicker: Reicht ein Stürmer aus, um die Defizite auszugleichen?
Wolf: Bei meinen Vertragsgesprächen wurde mir die Situation um den Verein, die Finanzen und die Fans ehrlich erklärt. Ich weiß, dass nicht viel Geld da ist, hoffe aber trotzdem, dass wir zum Trainingsbeginn am 4. Januar den einen oder anderen Stürmer bekommen, der in der Rückrunde acht bis zwölf Tore schießt.
kicker: Für das Toreschießen wurde Marek Mintal geholt, der aber die Erwartungen bislang nicht erfüllte. Wie wollen Sie das ändern?
Wolf: Marek muss hinter einer oder zwei Spitzen spielen, ausgestattet mit allen Freiheiten, damit er die Außen in Szene setzen, selbst in die Lücken stoßen kann. Er ist nach seiner Verletzung noch nicht bei hundert Prozent, das sehe ich auch. Aber ich bin sicher, dass er wieder der Alte wird und wichtige Tore erzielt.
kicker: Sie haben 2004 mit Nürnberg in Aachen schon ein Geisterspiel erlebt. Ist es in der aktuellen Situation Handicap oder Vorteil, wenn man nun gegen Dresden ohne Fans spielt?
Wolf: Ein Vorteil gewiss nicht, die Mannschaft braucht die Fans. Fangesänge werden von draußen reinschwappen, aber auf dem Platz wird Totenstille sein. Damit muss man umgehen können.
kicker: Sie kehren nach knapp vier Jahren in die 2. Liga zurück. Ist Hansa nach Offenbach ein Sprungbrett zurück nach oben?
Wolf: Nein, ich hätte schon früher in die 2. Liga gehen können.
kicker: Warum dann jetzt dieses Himmelfahrtskommando?
Wolf: Ich sehe es nicht als ein solches. Hansa entspricht meiner Philosophie, die Verantwortlichen haben mich mit ihrer ehrlichen Art überzeugt. Und ich bin überzeugt, dass wir in der Klasse bleiben werden, auch wenn es momentan nicht so aussieht. Ich kriege das hin.
Interview: Oliver Hartmann