2. Bundesliga

Wiesinger: "So eine Chance kriegt nicht jeder"

Ingolstadt: Trainer will authentisch bleiben

Wiesinger: "So eine Chance kriegt nicht jeder"

Michael Wiesinger, FC Ingolstadt

Klare Vorstellungen: Michael Wiesinger gibt die Richtung beim FCI konkret vor. imago

kicker: Herr Wiesinger, in zwei Jahren von der fünftklassigen Bayernliga in die 2. Liga - kein schlechtes Tempo für jemanden, der auf der Zielgeraden seiner aktiven Karriere zunächst gar nicht unbedingt die Trainerlaufbahn anstrebte.

Michael Wiesinger: Als mich im Frühjahr 2008 der damalige Ingolstädter Cheftrainer Thorsten Fink fragte, ob ich die U 23 übernehmen möchte, dachte ich mir, gut, das probierst du jetzt mal aus. Aber bereits nach kurzer Zeit hatte ich gewusst, dass dies genau das Richtige ist für mich. Obwohl ich mir als Spieler den Trainerjob anders vorgestellt hatte.

kicker: Inwiefern?

Wiesinger: Leichter. Das Aufgabengebiet ist schon sehr komplex und beschränkt sich nicht nur auf die Mannschaft. Und mir war früher zum Beispiel auch nicht klar, wie wichtig jede einzelne Ansprache ist.

kicker: Sie haben als Spieler ja von Felix Magath bis hin zu Ottmar Hitzfeld etliche Trainer erlebt. Haben Sie ein Vorbild?

Wiesinger: Nein, ich versuche, im Rückblick das Positive wie auch das Negative eines jeden Trainers herauszufiltern. Das Entscheidende ist, dass man stets authentisch ist.

kicker: In den Relegationsspielen gegen Rostock sah man einen sehr gelassenen und ruhigen Ingolstädter Trainer. Ein Spiegelbild Ihres Führungsstils?

Wiesinger: Das entspricht meinem Naturell. Ruhig, aber bestimmt, so würde ich mich beschreiben.

kicker: Als Aktiver waren Sie aber als wuseliger Außenbahnspieler eher in der Abteilung Attacke zu Hause.

Wiesinger: Ich bevorzuge ja auch eine offensive Spielweise - allerdings muss die auf einer klar geordneten Defensive basieren. Vor allem für uns, die wir uns erst an das höhere Tempo und die körperbetontere Spielweise in der 2. Liga gewöhnen müssen.

kicker: Andererseits will Ingolstadt attraktiv spielen, um möglichst viele Leute ins neue Stadion zu locken. Ein Widerspruch?

Wiesinger: Es ist ein Spagat - aber klar ist eines: Es geht in erster Linie für uns darum, zu überleben. Alles andere sind Träumereien.

kicker: Warum schafft Ihre Mannschaft den Ligaverbleib?

Wiesinger: Weil sie mit einer ungeheueren Leidenschaft zu Werke geht. Und weil bei ihr die Mischung passt. Wir haben viele junge, entwicklungsfähige Spieler, die sich beweisen wollen, aber auch einige erfahrene Stützen wie Stefan Leitl.

kicker: Dafür haben Sie das nicht gerade kleine Problem, parallel zur Herausforderung 2. Liga Ihren Fußballlehrer in Köln zu bauen. Zuletzt ging dies mit Ausnahme von St. Pauli und Holger Stanislawski immer schief.

Wiesinger: Dass dies eine Konstellation ist, die Risiken birgt, will ich nicht leugnen. Und es wird gewiss Tage geben, an denen ich lieber bei der Mannschaft wäre, als in Köln die Schulbank zu drücken. Aber der Verein und ich sind uns sicher, dass wir das Ganze so organisieren werden, dass es funktioniert. Nicht umsonst hat mir der Klub bereits im Januar die volle Rückendeckung zugesichert, als ich mich für den Lehrgang angemeldet hatte.

kicker: Hatte Sie dies überrascht?

Wiesinger: Es war bereits ein großer Vertrauensbeweis, dass der Verein auf mich, den Trainerneuling und U-23-Coach, baute. Mir ist schon bewusst, dass nicht jeder so eine Chance kriegt. Umso mehr will ich dieses Vertrauen rechtfertigen.

Chris Biechele