Formel 1

Die "Wall of Champions" ruft

Grand Prix von Kanada - Der Klassiker in Montreal

Die "Wall of Champions" ruft

Zwischen Ferrari- und Italienfahne: Kanadasieger Sebastian Vettel.

Zwischen Ferrari- und Italienfahne: Kanadasieger Sebastian Vettel. imago images

Der idyllische Kurs in Montreal sieht zwar aus wie eine permanente Rennstrecke, wird aber jedes Jahr extra für das Formel-1-Spektakel neu aufgebaut. Auf dem "Circuit Gilles Villeneuve", benannt nach dem ehemaligen Ferrari-Piloten und Vater von Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve, werden 70 Runden à 4,361 km gefahren, die Renndistanz beträgt 305,270 Kilometer.

Historischer Rückblick

Im Jahr 1978 wurde der GP von Kanada erstmals auf der neuen Strecke in Montreal durchgeführt, nachdem der alte Kurs Mosport als zu gefährlich eingestuft und aus dem Rennkalender gestrichen wurde. Das Debütrennen auf dem neuen Kurs wurde gleich ein Erfolg für den Lokalmatador Gilles Villeneuve. In seinem Ferrari holte der Kanadier den Sieg und begeisterte die Massen. Nach seinem Tod im Jahr 1982 wurde die Strecke ehrenhalber nach ihm benannt.

Erster Sieger und Namensgeber: Gilles Villeneuve 1978 im Ferrari.

Erster Sieger und Namensgeber: Gilles Villeneuve 1978 im Ferrari. imago

Bis heute herrscht bei den Rennen in Montreal immer eine besondere Atmosphäre. Der Kurs neben dem gewaltigen St. Lorenz-Strom ist der Schauplatz für viele - traurige und schöne - Formel-1-Anekdoten. Im Jahr 1991 hat Nigel Mansell den sicher geglaubten Sieg in der letzten Runde weggeworfen. Der Brite führte das Rennen vom Start weg souverän an und hatte eine Runde vor der Zieldurchfahrt fast eine Minute Vorsprung vor Nelson Piquet. Mansell fühlte sich siegessicher und fuhr die letzte Rennrunde wie die Ehrenrunde. Während er den Fans aus dem Cockpit zuwinkte, würgt er vor der Haarnadelkurve den Motor ab. Aus der Traum!

Alesis einziger Triumph

Schöne Erinnerungen an den kanadischen GP hat dagegen Jean Alesi. 1995 kam der Franzose, der damals für Ferrari fuhr, zu seinem ersten und einzigen Sieg. Allerdings profitierte er dabei von einem Getriebeschaden an Michael Schumachers Benetton-Renault, der sich noch als Fünfter ins Ziel schleppte.

1997 war für Fans und Aktive kein erfreuliches Rennen. Michael Schumacher wurde bereits nach 54 Runden als Erster abgewunken, weil sich Olivier Panis im Prost-Mugen-Honda bei einem Unfall beide Beine brach. Auf eine ausschweifende Siegesfeier wurde verzichtet.

Weltrekord für Michael Schumacher

2004 gab es einen durch und durch deutschen Tag auf dem Circuit Gilles Villeneuve. Dass Michael Schumacher gewann, überraschte niemanden. Eher schon, dass Bruder Ralf im BMW-Williams zunächst Zweiter wurde, ehe er, wie auch Teamkollege Montoya, da Matta und Panis wegen zu großer Lufthutzen an den Bremsen nachträglich disqualifiziert wurde. Als erstem Fahrer der Formel-1-Geschichte gelang Michael Schumacher das Kunststück, auf einer Piste zum siebten Mal zu triumphieren. Für die Überraschung des Wochenendes sorgte jedoch Jordan, das an Stelle des finanziell klammen Giorgio Pantano Testfahrer Timo Glock einsetzte. Der junge Deutsche nutzte die Gunst der Stunde ideal, wurde im Rennen Elfter und rückte nach den Disqualifikationen sogar auf Rang sieben vor.

Das Rennen 2007

Der GP von Kanada 2007 dürfte allen F1-Fans noch gut in Erinnerung haften. Es war Hamiltons erster GP-Sieg, es gab vier Safety-Car-Phasen, zwei Disqualifikationen, zwei Stop-and-Go-Strafen. Dazu einen Weltmeister Fernando Alonso, der viermal ins Gras fuhr. Der GP hatte alles, was das Racing-Herz begehrt. Wurde aber überschattet von Robert Kubicas Horror-Unfall im BMW Sauber, wobei der Pole ohne schwerere Verletzungen davonkam. Nach einem Manöver von Toyota-Fahrer Jarno Trulli bei Tempo knapp unter 300 km/h verlor Kubica die Gewalt über sein Fahrzeug, krachte in eine Mauer, überschlug sich mehrmals und blieb auf der Seite an der Streckenabgrenzung liegen.

Kubicas Horror-Crash

Seriensieger Hamilton

Von 2015 bis 2017 war der GP von Kanada fest in der Hand von Lewis Hamilton. Der Brite gewann dreimal in Folge, hat insgesamt sechs Montreal-Siege in seiner Vita stehen und ist dabei, die Bestmarke von Michael Schumacher (sieben Erfolge) zu knacken. Im vergangenen Jahr aber durchbrach Sebastian Vettel Hamiltons Siegesserie und triumphierte im Ferrari.

Die Rennstrecke

Circuit Gilles Villeneuve in Kanada

Circuit Gilles Villeneuve in Kanada

Die Strecke in Kanada verlangt den Formel-1-Boliden und -Lenkern alles ab, weil ständig voll beschleunigt oder hart heruntergebremst werden muss. Bei der Abstimmung der Autos bereiten die Bremsen meist das größte Problem. Die Bremsscheiben werden auf diesem Kurs so sehr beansprucht, dass schon viele Piloten im Verlauf des Rennens mit nachlassender Bremswirkung zu kämpfen hatten. Heinz-Harald Frentzen hatte beim GP 1999 vier Runden vor dem Ende einen heftigen Abflug in die Leitplanken, nachdem die Bremsscheiben an seinem Jordan explodiert waren.

"Wall of Champions"

Eine Schlüsselstelle des Kurses ist die Schikane vor der Start-Ziel-Geraden. Um eine schnelle Runde zu drehen, ist es entscheidend, den Ausgang der Schikane optimal zu erwischen. Zu einer schweren Prüfung geriet dies vor allem beim Rennen 1999, als mit Michael Schumacher, Damon Hill und Jacques Villeneuve drei (Ex-)Weltmeister an der gleichen Stelle in die Mauer krachten und ihre Siegeshoffnungen begraben mussten. Die sogennante "Wall of Champions" wurde schon vielen großen Piloten zum Verhängnis. Hier ist äußerste Präzision gefragt.

Der WM-Stand

Häufig kommt es auch gleich nach dem Start in der ersten Kurve zu Massenkollisionen, weil die geschwungene S-Kurve förmlich dazu einlädt, nebeneinander einzulenken. Doch spätestens an der nachfolgenden, engen Rechtskurve wird meist klar, dass der Platz nicht ausreicht. Durch den Rückstau beim Anbremsen passieren dann oft Auffahrunfälle bei den Nachzüglern.

Der Grand Prix von Kanada, ein echter Höhepunkt im Rennkalender.

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