Eishockey

Play-off-Teams: Überraschung oder historisches Aus

NHL 2016/17: Die Western Conference im kicker-Check

Play-off-Teams: Überraschung oder historisches Aus

Gefährliche Offensive trifft stabile Defensive: Anaheims Jakob Silfverberg (l.) mit Sami Vatanen.

Gefährliche Offensive trifft stabile Defensive: Anaheims Jakob Silfverberg (l.) mit Sami Vatanen. Getty Images

Anaheim Ducks: Specialteams als Faustpfand

Der Durst nach einer Finalteilnahme ist groß in Anaheim: Vier Jahre in Folge sicherten sich die Ducks den Titel in der Pacific Division, viermal reichte es in den Play-offs dann aber nicht für eine Finalteilnahme. Der Spagat zwischen Hauptrunde und Endrunde war auch in der Vorsaison groß: Mit nur 192 Gegentoren stellten die Kalifornier die beste Defensive der NHL und hatten in Sachen Powerplay (23,1 Prozent) und Penalty Killing (87,2 Prozent) sogar die besten Special Teams der Liga. Die Titelträume aber platzten bereits in der ersten Play-off Runde gegen Nashville (3:4), was Trainer Bruce Boudreau den Job kostete. Sein Nachfolger Randy Carlyle, der bereits im Jahr 2007 den Stanley Cup nach Anaheim holte und bis heute der erfolgreichste Coach der "Enten" ist, soll die Truppe nun auch für die Endrunde fit machen.

Anaheim Ducks - Vereinsdaten
Anaheim Ducks

Gründungsdatum

15.06.1993

Vereinsfarben

Schwarz-Gold-Orange

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Dallas Stars - Vereinsdaten
Dallas Stars

Gründungsdatum

09.02.1966

Vereinsfarben

Grün-Silber-Schwarz-Weiß

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Nashville Predators - Vereinsdaten
Nashville Predators

Gründungsdatum

25.06.1997

Vereinsfarben

Blau-Gold-Weiß

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Los Angeles Kings - Vereinsdaten
Los Angeles Kings

Gründungsdatum

09.02.1966

Vereinsfarben

Schwarz-Weiß-Grau

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Minnesota Wild - Vereinsdaten
Minnesota Wild

Gründungsdatum

25.06.1997

Vereinsfarben

Grün-Rot-Gold-Weiß

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Edmonton Oilers - Vereinsdaten
Edmonton Oilers

Gründungsdatum

01.11.1971

Vereinsfarben

Blau-Orange-Weiß

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Viel verspricht sich das Team aus Orange County von Stürmer Antoine Vermette (Buy-out in Arizona), der als "Free Agent" verpflichtet wurde und mit seiner Erfahrung weiterhelfen soll. Neu ist auch Flügelspieler Mason Raymond (Calgary) und Goalie Jonathan Bernier, der via Trade aus Toronto kam und Kontrahent John Gibson Druck machen soll. Mit Frederik Anderson (Toronto), David Perron (St. Louis), Chris Stewart (Minnesota) und Jamie McGinn (Arizona) ging allerdings auch Qualität verloren. Insgesamt wirkt der Kader dennoch ausgewogen und tief besetzt. Wichtig für die Kalifornier sind eigentlich auch Verteidiger Hampus Lindholm und Stürmer Rickard Rakell - mit den beiden "Restricted Free Agents" wurde sich aber noch nicht auf ein neues Arbeitspapier geeinigt.

kicker-Tipp: Anaheims Prunkstück ist und bleibt die hochkarätig besetzte Defensive, zu der auch der Deutsche Korbinian Holzer zählt. In der Offensive verfügen die Ducks mit Kapitän Ryan Getzlaf und dem aggressiven Flügelstürmer Corey Perry über absolutes Top-Format. Fraglich ist jedoch, ob Anaheim die zuletzt eher mangelnde Produktivität im Fünf-gegen-Fünf steigern können. Die Ducks sind ein Play-off-Team und werden um den Division-Titel am Pazifik mitspielen.

Dallas Stars: Gefährlicher Sturm - Umbau in der Verteidigung

Tyler Seguin & Jamie Benn

Kongeniales Duo: Dallas' Tyler Seguin (l.) und Jamie Benn (r.). Getty Images

Als beste Mannschaft der Western Conference zog Dallas in der Vorsaison in die Play-offs ein. Das Team lebte von einer durchschlagskräftigen Offensive um Kapitän Jamie Benn und Center Tyler Seguin. Letzterer verletzte sich aber in der Endrunde, zudem offenbarten die Stars Schwächen in der Defensive und im Goaltending. Am Ende war in der 2. Runde Schluss (3:4 gegen St. Louis). Auch 2016/17 sind die Texaner aufgrund ihrer Stürmer gefürchtet - nicht nur wegen den Speerspitzen Benn und Seguin, sondern auch wegen der Tiefe. Die Talente Radek Faksa (22) und Mattias Janmark (23) sollen den nächsten Schritt machen. Jiri Hudler (Florida) und Adam Cracknell (Edmonton) kamen extern hinzu.

Spannend ist der Umbau in der anfälligen Abwehr: Mit Alex Goligoski (Arizona), Jason Demers (Florida), Kris Russell (Free Agent) gingen drei Routiniers und machten Platz für die Jugend: Patrik Nemeth (23), Jamie Oleksiak (24), Stephen Johns (24), Esa Lindell (22) und Julius Honka (20) zählen zum reichhaltigen Talente-Pool der Stars und haben gute Chancen, sich in der NHL zu etablieren. Wie es im Optimalfall laufen könnte, zeigte John Klingberg im Vorjahr: In seiner ersten vollen NHL-Saison avancierte der 24-jährige Schwede zum Shootingstar (76 Spiele, zehn Tore, 48 Vorlagen). Außerdem kam mit Dan Hamhuis ein gestandener Verteidiger aus Vancouver.

kicker-Tipp: Dallas ist dank seiner brandgefährlichen Offensive ein Play-off-Team. Ob es für mehr reicht, wird von der Entwicklung der Defensiv-Talente abhängen. Da das Goalie-Problem ungelöst blieb - mit Kari Lehtonen und Antti Niemi stehen zwar zwei gleichwertige aber keineswegs hochklassige Torhüter zur Verfügung - wird es für den ganz großen Wurf im Lone-Star-State nicht reichen.

Nashville Predators: Subban als neue Attraktion

P.K. Subban

Schillernde Figur: Nashvilles P.K. Subban avancierte schon vor der Saison zum Publikumsliebling. picture alliance

Ihr Potenzial deuteten die Predators schon 2015/16 an, als erst im Conference-Halbfinale gegen San Jose (3:4) Schluss war. Im Sommer sorgte Nashville dann mit einem Blockbuster-Trade für Aufsehen: Mit Shea Weber ging ein Franchise-Spieler nach Montreal - im Austausch kam P.K. Subban in die Hauptstadt der Countrymusik. Ein Deal, der aus Sicht der Preds Sinn macht: Zwar ging mit Weber ein großgewachsener, hart checkender und defensiv zuverlässiger Akteur, doch benötigte die Truppe aus Tennessee vor allem mehr Offensivpower. Diese garantiert Subban als guter Schlittschuhläufer, starker Aufbauspieler, gefährlicher Schütze und exzentrischer Publikumsliebling. Die Verteidigung, bislang das Prunkstück der Predators, kann sich erneut sehen lassen. Dafür sorgen mitunter der Schweizer-Block um Roman Josi und Neuzugang Yannick Weber (Vancouver) sowie die ebenfalls akquirierten Matt Irwin (Boston) und Matt Carle (Tampa Bay).

Eine Wundertüte ist dagegen der Sturm: Unter den Top-6 tummeln sich zwar Stars wie Filip Forsberg, Ryan Johansen oder James Neal, in der Tiefe fehlt es aber an Qualität und Feuerkraft. Vor allem auf der Center-Position, wo sich die alten Haudegen Mike Fisher (36) und Mike Ribeiro (36) eher auf dem absteigenden Ast befinden. In den Bottom-Six setzt Nashville deshalb auf im eigenen Farmteam (Milwaukee Admirals, AHL) ausgebildete Talente wie Schweizer Kevin Fiala (20), Colton Sissons (22), Viktor Arvidsson (23), Calle Jarnkrok (25), Austin Watson (24), Miikka Salomaki (23) oder Vladislav Kamenev (20). Durchaus ein Risiko.

kicker-Tipp: Auf die Defensive sollte bei den Predators Verlass sein, doch gilt das auch für den Torwart? Pekka Rinne war jahrelang der sichere Rückhalt in Music City, doch hat der 33-jährige Finne nun eine schwächere Saison hinter sich, in der er kaum Stabilität verleihen konnte. Nur ein Ausrutscher oder doch ein gefährlicher Trend? Nashville muss viele Fragen beantworten, sollte mit dieser Truppe dennoch in die Play-offs einziehen.

Los Angeles Kings: Scharfschützen gesucht

Drew Doughty & Jonathan Quick

Das Bollwerk: Los Angeles' Verteidiger Drew Doughty (l.) und Goalie Jonathan Quick (r.). Getty Images

Recht viel schmerzhafter hätte die Saison 2015/16 für Los Angeles nicht enden können: In der ersten Play-off-Runde unterlagen die Kings dem Rivalen aus San Jose deutlich (1:4). Zwar konnten sich L.A. auf eine solide und physisch starke Defensive verlassen, doch fehlte es an Tiefe und Scoring Touch in der Offensive. An diesem Verhältnis hat sich auch über den Sommer nichts geändert: Mit Milan Lucic, Kris Versteeg (beide Edmonton) und Vincent Lecavalier verließen namhafte Stürmer den Klub. Als Ersatz wurden Teddy Purcell (Florida) und Michael Latta (Washington) an Land gezogen, zwei Spieler, die bislang nicht als Knipser in Erscheinung getreten sind. In der Verteidigung kamen Tom Gilbert (Montreal) und Zach Trotman (Boston) für Jamie McBain und Luke Schenn (beide Arizona). Im Tor wird nun Jeff Zatkoff (Pittsburgh) statt Jhonas Enroth (Toronto) als Backup fungieren.

Es ist also davon auszugehen, dass es ohne Knipser erneut an Durchschlagskraft fehlen wird. Kapitän Anze Kopitar, der in der Off-Season sowohl die Selke- als auch die Lady-Byng-Trophy abräumte, hat zwar Weltklasseformat. Aus der Tiefe ist dagegen nur wenig Scoring Touch zu erwarten, zumal mit Marian Gaborik ein Torjäger aufgrund einer Fuß-Verletzung für mindestens acht Wochen ausfallen wird. Prunkstück ist und bleibt die Verteidigung um Norris-Trophy-Gewinner Drew Doughty sowie Star-Torwart Jonathan Quick.

kicker-Tipp: Zwar bleibt L.A. aufgrund des physisch starken Defensivbollwerks eine unbequeme Mannschaft. Ohne Secondary Scoring aber wird es nicht reichen, an den Glanz vergangener Tage anzuknüpfen. Die Kings müssen um Rang 3 in der Pacific Division kämpfen.

Minnesota Wild: Staal als fehlendes Puzzlestück

Eric Staal

Fehlendes Puzzlestück? Mittelstürmer Eric Staal soll Minnesota mehr Offensivpower bringen. imago

In der Vorsaison sicherte sich Minnesota dank eines beeindruckenden Schlussspurts unter Interimstrainer John Torchetti noch den letzten Wildcard-Platz im Westen. Dann war aber in der ersten Runde Schluss (2:4 gegen Dallas) und Torchetti musste das Feld wieder räumen. Die Wild sicherten sich stattdessen die Dienste von Bruce Boudreau, der zuvor lange erfolgreich in Anaheim gearbeitet hatte. Boudreau soll das Team aus St. Paul nun zum fünften Mal in Folge in die Play-offs coachen - und dabei auch noch den Durst nach attraktiveren Eishockey im State of Hockey stillen. Der Stil des neuen Trainers jedenfalls steht für mehr Offensive, mehr Puckbesitz und mehr Tempo.

Um dieses Ziel zu realisieren, muss der Coach wieder mehr aus den Leistungsträgern herauskitzeln, denn Stürmer wie Zach Parise oder Jason Pominville schöpften ihr Scoringpotenzial zuletzt nicht mehr voll aus. Noch nicht am Ende ihrer Entwicklung sind die Talente Charlie Coyle, Mikael Granlund, Erik Haula, Nino Niederreiter oder Joel Eriksson Ek. Als fehlendes Puzzlestück für eine Play-off-Mannschaft verpflichteten die Wild im Sommer zudem Center Eric Staal (Rangers). Trotz des Buy-outs des Österreichers Thomas Vanek kann Minnesota drei ausgeglichene Sturmreihen aufs Eis schicken. Das gilt auch für die Verteidigung, wo Ryan Suter herausragt. Der Star, der im Vorjahr fast permanent auf dem Eis stand, soll nun besser entlastet werden. Die vielversprechenden Jonas Brodin, Matt Dumba, Christian Folin, Mike Reilly, Marco Scandella oder Jared Spurgeon springen in die Bresche.

kicker-Tipp: Minnesota verfügt sowohl in der Offensive als auch in der Defensive über viel Tiefe sowie eine gute Mischung aus Stars, Talenten und Spielern im besten Eishockey-Alter. Bleiben die Wild vom Verletzungspech verschont, ist erneut ein Wildcard-Rang drin. Viel wird auch davon abhängen, ob Torwart Devan Dubnyk seine Vorjahres-Form konservieren kann – das Goaltending war nämlich über Jahre die Achillesferse in St. Paul.

Edmonton Oilers: Mit Larsson zu mehr Stabilität?

Leon Draisaitl

Ein Mann für kluge Pässe: Edmontons Leon Draisaitl ist einer von vielen Sturm-Juwelen bei den Oilers. Getty Images

Fast schon traditionell hat Edmonton erneut eine Horror-Saison hinter sich und beendete die Hauptrunde als schlechtestes Team im Westen (31-43-8) mit einer lausigen Ausbeute von 199 Toren (26.) und satten 245 Gegentreffern (27.). Zum 10. Mal in Folge fanden die Play-offs ohne die Oilers statt - gelingt auch im 11. Anlauf keine Qualifikation für die Endrunde, würden die Kanadier einen neuen Negativrekord aufstellen. Um das zu verhindern arrangierte Edmonton im Sommer einen waghalsigen Trade: Flügelstürmer Taylor Hall wechselte im Austausch für Verteidiger Adam Larsson - ein Tauschgeschäft das viele überraschte, immerhin ging mit Hall der "First-Overall-Draftpick 2010". Mit Larsson aber fanden die Oilers den gewünschten rechtsschießenden Abwehrspieler.

Den Hall-Abgang sollen nun Milan Lucic (Los Angeles) und der diesjährige Top-Pick Jesse Puljujarvi (18) auffangen. Die Offensive verfügt über eine gute Mischung an Spielertypen und scheint tief und ausgewogen besetzt. Connor McDavid (19), der zum jüngsten Kapitän in der NHL-Geschichte gewählt wurde , soll dem Spiel den Stempel aufdrücken. Mit dem deutschen Spielmacher Leon Draisaitl sowie Ryan Nugent-Hopkins oder Nail Yakupov befinden sich weitere Juwele im Lineup. Letzterer könnte sich allerdings noch via Trade verabschieden. Für den nächsten Verteidiger? Immerhin fehlt es hier - trotz der Akquise von Larsson - erneut an Qualität und Tiefe.

kicker-Tipp: Die Oilers könnten eine Überraschung landen. Dies hängt allerdings von der Entwicklung der Talente, dem Zwei-Wege-Spiel der Defensive und den Torhütern ab. Wächst Goalie Cam Talbot über sich hinaus, darf Edmonton von den Wildcard-Plätzen träumen - ansonsten winkt das historische Aus.

Christian Rupp

Die 30 NHL-Kapitäne 2016/17