Eishockey

Neue Mentalität: Ovechkins Capitals jagen den Cup

Vorschau Stanley-Cup-Finale: Capitals in der Analyse

Neue Mentalität: Ovechkins Capitals jagen den Cup

Finden die Lücken: Alex Ovechkin und Evgeni Kuznetsov von den Washington Capitals.

Finden die Lücken: Alex Ovechkin und Evgeni Kuznetsov von den Washington Capitals. imago

Der Weg ins Finale: Der besiegte Fluch

In Runde eins trafen die Capitals mit den Columbus Blue Jackets auf eine ähnlich aufgebaute Mannschaft. Die ersten beiden Heimspiele verlor Washington, doch dank vier Siegen in Serie setzten sich die US-Hauptstädter am Ende durch. In Runde zwei besiegten Ovechkin & Co. nicht nur einfach die Pittsburgh Penguins mit 4:2, sondern auch einen kleinen Fluch. Denn zuvor war bei den drei Duellen in den Play-offs gegen Pittsburgh in der Ära von Ovechkin und Penguins-Superstar Sidney Crosby jeweils in Runde zwei Endstation. 2009, 2016 und 2017 gewannen jeweils die Penguins und holten am Ende auch gleich noch den Stanley Cup. Im Conference-Finale schließlich führte Washington nach zwei Auswärtsspielen in Tampa bereits mit 2:0. Doch der Lightning schlug eiskalt zurück, ehe die Capitals auf beeindruckende Weise den Spieß in Spiel sechs (3:0) und Spiel sieben (4:0) ohne Gegentreffer doch noch zu ihren Gunsten umdrehten.

Spielphilosophie: Alle(s) für das System

Nur im Spiel nach vorne genießen die Capitals-Spieler Freiheiten. Cheftrainer Barry Trotz setzt bei Scheiben-Eroberung auf blitzschnelles Umschalten auf Offensive, um möglichst vor dem gegnerischen Tor Überzahl zu kreieren. Gleichzeitig allerdings verlangt der 55-Jährige eiserne Disziplin in Sachen Rückwärtsbewegung. Alle Spieler müssen bei gegnerischem Puckbesitz konsequent nach hinten arbeiten und die Pass- und Schusswege im eigenen Drittel zustellen. Schüsse zu blocken und im Forechecking die Checks zu Ende zu fahren sind Selbstverständlichkeiten in Trotz' - bei allen offensiven Freiheiten - auf defensiver Absicherung angelegtem System.

Offensive: Ovechkins Power und Kuznetsovs Genialität

Mit satten 66 Toren erzielte mit großem Abstand keine Play-off-Mannschaft mehr Tore als die Capitals. Angeführt vom überragenden Duo mit Superstar Alex Ovechkin (12 Tore, 22 Punkte) und Spielmacher Evgeni Kuznetsov (11 Tore, 24 Punkte) ist die Durchschlagskraft in der Offensive eine der großen Erfolgsgeschichten bei den US-Hauptstädtern. Dazu gehört auch große Ausgeglichenheit in Sachen Scoring: So haben in den 19 Endrundenpartien bereits sieben Spieler mehr als zehn Punkte auf dem Konto. Selbst die vierte Sturmformation mit Chandler Stephenson (sieben Punkte) sowie Jay Beagle und Devante Smith-Pelly (je fünf) kommt gemeinsam bereits auf 17 Zähler.

Stanley-Cup-Play-offs 2018

Ein Fragezeichen steht allerdings hinter Nicklas Bäckström, der in Topform zu den besten Spielmachern der Welt gehört. Der 30-jährige Schwede kommt bis dato zwar auf satte 16 Punkte in 15 Spielen, ist jedoch seit Ende der Serie gegen Pittsburgh nicht unerheblich am rechten Handgelenk verletzt und verpasste so mittlerweile vier Partien. Zwar spielte Bäckström zuletzt gegen Tampa wieder, war jedoch derart beeinträchtigt, dass er den obligatorischen Handshake mit den Tampa-Akteuren nach dem Finaleinzug mit der linken Hand vollzog.

Defensive: Aufopferungsvolle Abwehrarbeit ist Capitals-Trumpf

47 Gegentore kassierten die Capitals um Topverteidiger John Carlson in ihren 19 Play-off-Partien, und damit satte 20 mehr als Vegas in seinen vier Partien weniger. Doch diese Statistik erzählt nur die halbe Wahrheit. Denn immerhin traf Washington in den vergangenen beiden Runden mit Tampa Bay auf das offensivstärkte Team der abgelaufenen Hauptrunde 2017/18 sowie mit Titelverteidiger Pittsburgh obendrein auf die produktivste Mannschaft der letzten drei NHL-Jahre.

Vor allem, wenn es besonders darauf ankam, wie in den letzten beiden Partien nach 2:3-Rückstand gegen Tampa, aber auch beim 2:1 Overtime-Erfolg gegen die Penguins im entscheidenden Spiel sechs in Runde zwei, verstand es Washington exzellent, den Gegner bei Bedarf selbst an Torschussversuchen zu hindern. Und so überrascht es wenig, dass die auch aggressives Foreckecking betreibenden Capitals mit 319 geblockten Schüssen und 603 zu Ende gefahrenen Checks vor Finalbeginn in beiden Kategorien jeweils den Play-off-Bestwert lieferten. Dicht gefolgt indes von Vegas (595 Checks, 287 geblockte Schüsse), das zudem vier Spiele weniger zum Finaleinzug benötigte.

Goalie: Holtby nach Rückkehr grundsolide

Ihm kommt eine Schlüsselrolle zu: Goalie Braden Holtby. imago

Zwar kann Braden Holtby mit einer dennoch sehr guten Fangquote von 92,4 Prozent und einem Gegentorschnitt von 2,04 nicht auf die noch besseren Werte seines Gegenübers Marc-André Fleury verweisen und verfügte in den Play-offs auch nicht über dessen schier übermächtige Ausstrahlung. Dennoch konnte sich Washington so gut wie immer auf seine 28-jährige langjährige Nummer eins verlassen, der zum Start der Play-offs zunächst für zwei Spiele dem Rosenheimer Philipp Grubauer das Feld hatte überlassen müssen.

Special Teams: Capitals stark im Überzahlspiel

Das Penalty Killing war bis dato in den Play-offs nicht gerade die Stärke der Capitals, vor allem nicht in der Serie gegen den Lightning, der gerade in den ersten Partien seine Überzahlgelegenheiten reihenweise ausnutzte. So fiel der Erfolgsquote Washingtons in Unterzahl zuletzt von knapp unter 80 Prozent auf nunmehr 75,4 Prozent - bestenfalls durchschnittlicher Wert unter den 16 Play-off-Teilnehmern.

In Überzahl gelang es Washington dagegen über die gesamten Play-offs hindurch - wie bereits in der Hauptrunde - relativ gleichmäßig auf hohem Niveau Chancen zu kreieren und diese auch zu nutzen. Beleg: Die 82,5 Erfolgsquote im Powerplay wurden in der Endrunde nur von den Boston Bruins übertroffen, die in ihren zwölf Partien auf satte 36,4 Prozent gekommen waren.

Der kicker-Tipp

Um auch im Finale erfolgreich zu sein, müssen die Capitals ihre Qualitäten in Sachen Checks, geblockte Schüsse, aber auch in der Offensivproduktion aufrechterhalten. Zudem darf der Unterschied zwischen dem bei Vegas herausragenden Fleury und Holtby auf Washingtoner Seite nicht so groß sein, wie er es zuletzt bei den Golden Knights in den Runden zuvor zumindest phasenweise im Vergleich zu Connor Hellebuyck (Winnipeg) oder Pekka Rinne (Nashville) war.

Joachim Meyer