Basketball

Baldi: "Die Sonderbehandlung der NBA muss aufhören"

Berlins Boss spricht über das DBB-Team, die BBL und einen lähmenden Streit

Baldi: "Die Sonderbehandlung der NBA muss aufhören"

Spielte früher selbst in der BBL für Ludwigsburg und in Berlin: Alba-Geschäftsführer Marco Baldi.

Spielte früher selbst in der BBL für Ludwigsburg und in Berlin: Alba-Geschäftsführer Marco Baldi. imago

Fast 30 Jahre lang ist Baldi der Macher beim renommierten Hauptstadtklub, half schon 1991, das Basketball-Team von Alba Berlin aus der Taufe zu heben. Seit Jahren engagiert sich der 46-Jährige auch als Vizepräsident im Präsidium der BBL und ist in der Basketball-Welt exzellent vernetzt.

Herr Baldi, vor Jahren gab die BBL das Ziel aus, bis 2020 die beste Liga Europas werden zu wollen. Wie viel fehlt noch und ist dieses Vorhaben überhaupt realistisch?

Was Organisation, Vermarktung, Infrastruktur und die wirtschaftliche Gesundheit der Klubs angeht, sind wir schon an der Spitze. Sportlich sind wir nicht ganz vorne, da ist Spanien in der Dichte noch vor uns. Aber es passiert eine Menge, wir sehen immer mehr deutsche Spieler, die auch international eine gute Rolle spielen können. Durch die von der BBL eingeführten Standardanforderungen (z. B. was die Zahl hauptamtlicher Jugendtrainer angeht, Anm. d. Red.), deren Umsetzung für Klubs manchmal sehr herausfordernd ist, haben wir die Lücke sportlich schon ein gutes Stück schließen können. Aber wir sind noch mittendrin im Prozess, dass den deutschen Basketball irgendwann auch eine klare Handschrift auszeichnet, wie es sie in Spanien, Serbien oder Griechenland schon länger gibt.

Alle Nationen haben jedoch ein gemeinsames Problem: Der schon länger andauernde Streit zwischen Weltverband FIBA und der Organisation EuroLeague lähmt den europäischen Basketball. Beide Organisationen richten jeweils zwei konkurrierende Europacup-Wettbewerbe aus, Nationalteams wurden von der FIBA teilweise Sanktionen angedroht, wenn Klubs aus deren Ländern in einem EuroLeague-Wettbewerb spielen. Das wirft ein extrem schlechtes Licht auf die gesamte Sportart. Wie lässt sich das Problem lösen?

Wie furchtbar das alles ist, haben wir oft genug beschrieben, es handelt sich schließlich nach Fußball um die zweitpopulärste Sportart der Welt. Eins ist klar: Wenn ich als Weltverband FIBA den Anspruch habe, die Klammer für den weltweiten Basketball zu bilden, muss das die NBA einschließen, die als Top-Marke überall präsent ist und entsprechend Spieler rekrutiert. Die Sonderbehandlung der NBA muss aufhören, sonst wird es keine klare, sinnvolle und für jedermann nachvollziehbare Struktur geben und der Konflikt wird sich eher verschärfen.

In Deutschland tut sich dennoch Erfreuliches. Das DBB-Team qualifizierte sich am Sonntag souverän für die WM 2019. Trotz der Europameister von 1993 und der Ära um Dirk Nowitzki sehen viele die aktuelle Nationalmannschaft als die beste der Geschichte an. Stimmen Sie zu?

Wir haben so viele Topspieler wie noch nie, auch weil die Klubs eben über Standards ihre Jugendarbeit intensiviert haben. Potenziell können wir eine ganz starke Mannschaft haben. Aber es geht darum: Wer ist verfügbar? Kann ich auf die Besten zurückgreifen? Die Mannschaft muss sich als Team entwickeln, das geht aber nur, wenn Trainer Henrik Rödl Zugriff auf alle Spieler hat und nicht einmal ohne NBA- und EuroLeague-Spieler auskommen muss, dann wieder mit oder nur mit einem Teil dieser Spieler.

Dann werden wir wieder die Weltspitze erreichen.

Marco Baldi

Was ist möglich für dieses Team, wenn alle Topspieler aus NBA, EuroLeague und BBL dabei sind?

Dann werden wir wieder die Weltspitze erreichen. Die ist übrigens schon geballt bei der Europameisterschaft vorzufinden, da außerhalb Europas im Wesentlichen die USA als riesiger Brocken dazu kommt. Bei einer EM, die aber erst wieder 2021 stattfindet, ist die Leistungsdichte so hoch, dort vorne zu landen, wäre ein großer Erfolg. Aber unser junges Team muss sich bei allen exzellenten Einzelspielern zusammen entwickeln und geformt werden.

Ist eine erfolgreiche Nationalmannschaft die einzige Chance, dass der deutsche Basketball und damit die BBL einen signifikanten Sprung in der öffentlichen Wahrnehmung macht?

Es ist nicht das einzige, aber das effektivste Mittel, um den Basketball auch in Deutschland in kurzer Zeit auf ein deutlich anderes Interessen- und Reichweitenniveau zu hieven.

Drohen im Basketball ähnliche Zustände wie im Fußball, wo der FC Bayern der Konkurrenz enteilt ist? Auf diese Frage antwortet Marco Baldi im aktuellen kicker (Montagausgabe). Außerdem spricht der Alba-Boss im großen Interview über die Vor- und Nachteile in der Hauptstadt, seine Titel-Sehnsucht, ein großes Ziel abseits des Sportlichen und darüber, warum der einstige Serienmeister seine Vormachtstellung eingebüßt hat.

Interview: Carsten Schröter-Lorenz