Basketball

"Bamberg war eine geniale Erfahrung"

Interview mit dem Ex-Brose-Star Marcus Slaughter (Real Madrid)

"Bamberg war eine geniale Erfahrung"

Glänzender Einstand: Marcus Slaughter (re.) mit dem Litauer Martynas Pocius nach dem Supercup-Sieg über den FC Barcelona Regal am Wochenende in Saragossa.

Glänzender Einstand: Marcus Slaughter (re.) mit dem Litauer Martynas Pocius nach dem Supercup-Sieg über den FC Barcelona Regal am Wochenende in Saragossa. picture-alliance

Frage: Herr Slaughter, was war auschlaggebend für den Wechsel zu Real Madrid?

Marcus Slaughter (27): Zunächst mal was auf der Hand liegt, Real Madrid ist ein großer Verein, hat ein super Team. Es ist die Möglichkeit, überhaupt auf großer Bühne zu spielen und im Endeffekt ist es der Klub, bei dem ich immer sein wollte. Der Spielstil von Real passt perfekt zu mir.

Bamberg Baskets - Vereinsdaten
Bamberg Baskets
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Real Madrid - Vereinsdaten
Real Madrid

Gründungsdatum

06.03.1902

Vereinsfarben

Weiß-Blau

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Frage: Sie hatten Angebote aus verschiedenen Ländern. Hat Ihre Erfahrung, die Sie bei Valladolid gesammelt haben, mit reingespielt?

Slaughter: Auf jeden Fall. Als ich aus Valladolid wegging, wollte ich irgendwann zurück nach Spanien kommen. Ich mochte immer, wie alles funktionierte, die Betreuung und natürlich die Herausforderung in der spanischen Liga. Da gibt es viele sehr gute Teams, gegen die man antreten musste und jetzt wieder muss.

Frage: Die Fans in Bamberg haben bis zuletzt gehofft, dass Sie bleiben. Wie schwer fiel es zu gehen?

Slaughter: Ich hatte eine unglaubliche Zeit in Bamberg, es war eine geniale Erfahrung. Ich hab meinen ersten nationalen Titel mit den Bambergern gefeiert. Aber dann kam diese Möglichkeit für Real Madrid zu spielen, es ist eine große Chance für mich, noch mehr Titel und noch größere Titel zu gewinnen. Das hätte wohl niemand abgelehnt.

Basketball Euroleague

Frage: Gibt es eine Anekdote, an die Sie sich gerne erinnern?

Slaughter: Da gibt es nicht nur eine. Von Beginn an hatte ich eine super Zeit und viel Spaß mit meinen Kameraden. Ich erinnere mich gut und gerne an einige lustige Interviews und die ein oder andere "Bratwurst" ... Aber natürlich die Meisterschaft, die Erfahrung in den Play-offs, das werde ich niemals vergessen.

Frage: Vor zwei Jahren verließ Kyle Hines die Brose Baskets in Richtung Olympiakos Piräus, jetzt gehen Sie von Bamberg zu einem großen Euroleague-Verein. Tibor Pleiß wurde gar von Oklahoma City in der NBA gedraftet. Anscheinend wird Talent in Bamberg sehr gut ausgebaut ...

Slaughter: Auf jeden Fall. Bamberg ist ein unglaublich guter Ort zum Spielen und Wachsen. Auf der einen Seite sind die Menschen im Umfeld sehr angenehm und helfen, wo sie können, alles geht ruhig zur Sache. Aber der Klub spielt dank der gewonnenen Meisterschaften auch in der Euroleague. Und sobald es dann rausgeht auf die große Bühne und gegen große Klubs, fällt man als Spieler natürlich mehr Leuten auf. Bamberg ist leider leider nicht der größte Klub Europas mit dem größten Etat, so dass es dann natürlich hart ist, die Spieler zu halten wenn Olympiakos oder Real Madrid rufen.

Ich habe immer gedacht, dass Tibor zuerst in eine stärkere Liga in Europa wechseln sollte.

Slaughter über seinen Ex-Teamkollegen Tibor Pleiß (Caja Laboral)

Frage: In der spanischen Liga Endesa treten Sie gegen Ihren Ex-Kollegen Tibor Pleiß an, der anstatt in die NBA zu Caja Laboral wechselte. War das eine Überraschung für Sie?

Slaughter: Ich habe immer gedacht, dass Tibor zuerst in eine stärkere Liga in Europa wechseln sollte. Ich denke Spanien ist ein sehr guter Zwischenschritt für ihn, weil der Wettbewerb stark ist und er darin noch mehr sein Talent unter Beweis stellen wird. An diesem Punkt, in dieser Situation, die Tibor hatte, glaube ich war Caja Laboral die bessere Wahl als die NBA. Aber ich sage auch, wenn man die Chance hat, einmal dort zu spielen, dann muss man hingehen und das probiert haben.

Frage: In der letzten Saison schrieben Sie mal einen Blog auf der BroseBaskets-Seite und berichteten über Ihre Erfahrung in einem Kinder-Camp. War das Pflicht oder was haben sie mit Kindern zu tun?

Slaughter: Ich liebe Kinder. Ich liebe es mit ihnen zu spielen, mit ihnen zu reden, ihnen was beizubringen. In Sachen Basketball, aber auch ganz allgemeine Dinge. Es gibt einige Möglichkeiten das zu tun, ich möchte der Gesellschaft auf diese Weise etwas zurückgeben. In den USA gehe ich jedes Jahr zurück an meine High School und verbringe Zeit mit den Kids, das ist eine schwierige Phase. Versuche sie vom Basketball zu überzeugen und dass sie immer an sich arbeiten müssen. Oder ich beteilige mich an sozialen Projekten so wie in Bamberg. Konkrete Pläne für Projekte habe ich da nicht, ich bin immer bereit, irgendwo einem Kind oder Jugendlichen auf seinem Weg zu helfen.

Frage: Im Blog war Ihnen auch wichtig zu betonen, dass so "der wahre Marcus" ist. Wie ist denn der wahre Marcus, wie würden Sie sich beschreiben?

Slaughter: Ich bin eine sehr ruhige Person. Ich mag es zu relaxen, mit Freunden was zu essen und dann zu Hause zu sein und einen Film zu gucken. Die meisten haben ein bestimmtes Bild im Kopf von Basketballern. Weil sie auf dem Court so viel Energie haben, muss das auch gleich so im Privatleben sein. Bei mir ist es aber gar nicht so, ich bin privat das absolute Gegenteil.

Frage: Wenn man sich umhört und Menschen nach Ihren Charaktereigenschaften fragt, hört man des öfteren, Sie seien unter anderem selbstkritisch. Nach einigen Niederlagen sagten Sie, Sie wollen nach den Ursachen dafür in Ihnen selbst suchen. Haben sie schon immer so Dinge verarbeitet oder kam das mit der Zeit und Erfahrung aus den verschiedenen Klubs?

Slaughter: Eine Basketball-Saison ist hart, da sind harte Spiele, die man manchmal verliert. Ein Profi sollte in der Lage sein erstens, sich selbst gut zu kennen und zweitens, mit sich selbst auch ins Gericht gehen zu können. Nur so findet man heraus, wie man besser werden kann. Es gibt ja nicht nur im Basketball harte Situationen, sondern auch im Leben und auch da muss man nach Niederlagen wieder aufstehen können. Es ist nicht leicht, aber man lernt das ganz gut, wenn man sich selbst genauer analysiert.

Doublegewinner 2012 in Bamberg - doch Slaughter folgte den Lockrufen aus Madrid.

Doublegewinner 2012 in Bamberg - doch Slaughter folgte den Lockrufen aus Madrid. imago

Frage: Es gibt ein trauriges Kapitel in Ihrem Leben, über dass Sie sehr selten sprechen. Sie haben im Alter von neun Jahren ihren älteren Bruder Jemall verloren, er wurde erschossen. Wie geht es Ihnen heutzutage damit und welche Erinnerungen haben Sie an Jemall?

Slaughter: Er ist mein großer Bruder, es war sehr schwer, als er von uns ging. Ich erinnere mich sehr gut, wie ich ihm beim Basketball spielen zugeguckt habe, wie wir zu Hause waren und auch, dass ich ihm immer überall hin gefolgt bin. Ich hab immer zu ihm aufgeschaut, ich wollte sein wie er. Ich hab ihn jetzt zwar nicht mehr, um ihm nachzulaufen, wohin auch auch immer er geht, aber jetzt ist meine Aufgabe die, ihn stolz zu machen auf seinen kleinen Bruder. Ich will beenden, was er nicht mehr konnte. Er hat Basketball geliebt, mit dem Baskeball spielen halte ich ihn auf eine Art am Leben.

Frage: Stimmt es, dass Sie die Trikot Nummer 44 für Jemall tragen?

Slaughter: Ja, das stimmt, das war immer seine Nummer. Basketball war eigentlich nie der Sport, den ich machen wollte. Aber dieses Jersey überzustreifen mit der Nummer 44 war ein gutes Gefühl. Und so nahm alles seinen Lauf.

Frage: Sie waren sehr jung, als Sie den tragischen Verlust verschmerzen mussten. Inwiefern hat das Ihr Leben beeinflusst?

Slaughter: Ich glaube, dass ich dadurch alles leidenschaftlicher anpacke und auch sehr schätze, was ich habe. Die Vergänglichkeit aller Dinge wurde mir früh klar, alles kann so schnell weg sein, das ist ein Fakt. Auf dem Court gebe ich deswegen auch immer 100 Prozent. Eines Tages bin ich kein Basketballer mehr und was bleibt dann? Nein, ich will immer sagen können, dass ich alles genossen und die Zeit genial genutzt habe. Ich nehme nichts für selbstverständlich, weil es das einfach nicht ist.

Frage: Sie und Ihre Familie sind durch den Verlust von Jemall sicherlich noch weiter zusammengerückt. Wie ist das für sie, dass Marcus immer so weit weg von zu Hause spielt?

Slaughter: Ganz ehrlich, ich hab schon gar kein Heimweh mehr. Wir besuchen uns oft gegenseitig, multimedial gibt es viele Möglichkeiten und wenn Flugzeuge und Internet ausfallen gibt es immer noch das Telefon ...

Frage: Letzte Frage: Sie sind sehr aktiv bei Twitter und lassen die Welt an Ihrem Leben teilhaben. Gibt es eigentlich etwas, was Sie niemals twittern würden?

Slaughter: Also an dieser Stelle für alle, die mir noch nicht auf twitter folgen: SLAUGHTER44, ihr könnt mir folgen! Aus Politik und Lästereien halte ich mich aber raus, würde ich niemals twittern.

Aufgezeichnet von Danijela Sasic (Euroleague Basketball)