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Wasserdampf aus dem Auspuff

Brennstoffzelle: Wer hat die Nase vorn?

Wasserdampf aus dem Auspuff

Wasserdampf: VW antwortet Toyota.

Wasserdampf: VW antwortet Toyota. c/o Werk

Die Autoshow von Los Angeles ist eigentlich eine Verkaufsmesse. Heißt: Es stehen nicht unbedingt Aufsehen erregende Weltpremieren im Vordergrund. Vielmehr soll das Publikum kommen, sehen, sich informieren – und schließlich zugreifen.

Auf der diesjährigen L.A.-Schau (21. bis 30. November) aber ist es zu einem interessanten Duell zweier Autogiganten gekommen: Toyota und VW bewerben sich um die Vorherrschaft in einer Technologie, die strenggenommen noch lange nicht spruchreif ist: Parallel zur batterieelektrischen Form der Elektromobilität markiert die Brennstoffzelle einen anderen, zweiten Weg. Getankt wird Wasserstoff, der in der "Fuel Cell" mit Sauerstoff reagiert, wodurch Strom produziert wird. Abgase fallen nicht an, aus dem Tank quillt ausschließlich Wasserdampf. Schon das klingt gut. Aber es kommt noch besser: Die Reichweite von Brennstoffzellen-Automobilen erreicht um die 500 km; statt stundenlang an der Steckdose zu hängen, sind sie in wenigen Minuten vollgetankt. Sprich: Fast alles ist so, wie wir es vom jahrzehntelangen Umgang mit dem Verbrennungsmotor gewöhnt sind.

Erstaunlicher Marketingcoup

Toyota Mirai: Zukunftsträchtige Technik, verpackt in futuristische Formen.

Toyota Mirai: Zukunftsträchtige Technik, verpackt in futuristische Formen. c/o Werk

Rückblick: Mit seiner Pionierrolle beim Hybridantrieb hat Toyota vor wenigen Jahren einen der erstaunlichsten Marketingcoups der jüngeren Automobilgeschichte gelandet. Noch heute versieht die öffentliche Meinung den japanischen Hersteller beharrlich mit einer "grünen" Gloriole – und negiert dabei die Tatsache, dass Toyota nicht zu knapp auch durstige Pickups wie Tacoma oder Tundra bzw. SUVs wie den Land Cruiser oder den Sequoia auf den Markt wirft. VW hingegen hat den Vorwurf nie ganz verwunden, die zukunftsträchtige Technik verschlafen zu haben. Wolfsburg wurde also aktiv, und siehe da: Längst ist man mit Modellen wie e-Golf, e-up! oder den Plug-in-hybridisierten GTE-Versionen von Golf und Passat an Toyota vorbeigezogen. Während der Prius Plug-in nur eine elektrische Reichweite von 25 km schafft, bekommt der Golf GTE deren 50 hin.

So weit, so gut und ausgefochten? Nicht ganz. Denn unversehens hat sich ein anderer Wettbewerb aufgetan. Zur Tokyo Motor Show 2013 zeigte VW stolz den ultrasparsamen Diesel-Hybrid Twin-up! vor. Doch just da meldete sich Toyota-Chef Akio Toyoda zu Wort und verkündete, dass sich sein Unternehmen hinkünftig nicht mehr auf batterieelektrische Mobilität fokussieren würde, sondern stattdessen auf die Brennstoffzelle. Und schon hatte Toyota seinem deutschen Konkurrenten erneut die Schau gestohlen und das Medieninteresse ganz auf seiner Seite.

Einer gegen Drei

Tanken von Wasserstoff: Der Vorgang nimmt nur ein paar Minuten in Anspruch.

Tanken von Wasserstoff: Der Vorgang nimmt nur ein paar Minuten in Anspruch. c/o Werk

Das ließ die Wolfsburger nicht ruhen. Als Toyota nun auf der L.A.-Messe mit großem Ballyhoo das serienreife Fuel-Cell-Fahrzeug Mirai vorstellte, standen die Gegenentwürfe von Volkswagen schon parat. Und das gleich dreifach: Am VW-Stand präsentierte sich der 136 PS starke Golf Hy-Motion, der den Wasserstoff in vier unterflur installierten Tanks abspeichert, eine Reichweite von 500 km erzielt und in drei Minuten wieder aufgetankt ist. Der Golf ist somit das einzige Auto, das sich sowohl mit Benzin, Diesel, Erdgas, Strom, als Plug-in-Hybrid und obendrein mit Erdgas betreiben lässt. Vor dem Convention-Center zog der ebenfalls 136 PS starke Passat HyMotion testweise seine Bahnen. Und Audi brachte den A7 h-tron in Stellung. Er leistet 231 PS, ist 180 km/h schnell und wird von je einem Motor pro Achse angetrieben – quattro also, wenn man so will. Vor allem aber ist der h-tron ein Brennstoffzellen-Hybride. Das bedeutet, dass er sich über eine Distanz von 50 Kilometern hinweg auch batterieelektrisch betreiben lässt. Die vom Lithium-Ionen-Akku beim Bremsen abgespeicherte Rekuperationsenergie wird zur Unterstützung von Beschleunigungsvorgängen (Boost) wieder freigesetzt. Ansonsten benehmen sich die lautlosen "Fuel-Cells" im Fahrbetrieb nicht anders als ein ganz normales Auto, was in diesem Falle als Kompliment zu werten ist.

Atemberaubender Preis

Während es sich bei der dreifachen VW-Phalanx noch um Studien handelt, ist der Toyota Mirai schon serienfertig. Ab dem 15. Dezember wird er in Japan verkauft, Deutschland und Europa folgen nächstes Jahr. Die Strategie, neue Technik auch in neue Formen zu gießen, hat schon beim Hybriden Prius funktioniert. Man darf gespannt sein, ob sich das mit den wüst abgefahrenen Formen des Mirai wiederholen lässt. Von den unspektakulär eingekleideten VW-Wasserstofflern unterscheidet sich der 4,89 m lange Japaner jedenfalls fundamental. An Leistung bietet er 154 PS auf, die Reichweite gibt Toyota mit 500 km an.

VW Golf Hy-Motion: Leistet 136 PS, erzielt eine Reichweite von 500 km und ist in drei Minuten aufgetankt.

VW Golf Hy-Motion: Leistet 136 PS, erzielt eine Reichweite von 500 km und ist in drei Minuten aufgetankt. c/o Werk

Der Preis wirkt freilich so ernüchternd wie eine kalte Dusche. Als "Kalkulationsgrundlage" nennt Toyota atemberaubende 78.450 Euro. In den USA sieht das schon besser aus. Dort werden 57.700 Dollar aufgerufen, rechnen Kunden dann noch die generösen Subventionen heraus, bleiben ihnen umgerechnet nur etwa 36.000 Euro als Rechnungsbetrag.

Bessere Chancen in Kalifornien

Und noch aus einem anderen Grund dürfte der Mirai – wenn überhaupt – eher in den USA punkten. In Kalifornien, wo die Abgasvorschriften streng sind und die Experimentierfreude rund um alternative Antriebstechniken groß, arbeitet man an einer flächendeckenden Versorgung mit rund 100 Wasserstofftankstellen. Zum Vergleich: In Deutschland stehen keine 20 zur Verfügung. Bis Ende 2015 sollen daraus zwar 50 werden. Aber auch das kann bestenfalls als Tropfen auf dem heißen Stein durchgehen. Die Erfahrungen in Sachen Erdgas taugen jedenfalls nicht als Ermutigung: Deutschlandweit gibt es etwa 1000 CNG-Tankstellen. Doch obwohl Erdgas billiger als Sprit kommt und noch dazu umweltfreundlicher, ist es als automobile Antriebsform nie richtig in die Gänge gekommen.

Audi A7 h-tron: 231 PS reichen für 180 km/h Spitze. Zudem wird Allradantrieb aufgeboten.

Audi A7 h-tron: 231 PS reichen für 180 km/h Spitze. Zudem wird Allradantrieb aufgeboten. c/o Werk

Weiterer Aspekt: Die Herstellung von Wasserstoff ist extrem energieintensiv. Brennstoffzellenautos fahren also lokal emissionsfrei, wie es so schön heißt – eine blütenweiße Ökobilanz weisen sie aber nur dann auf, wenn ihr "Futter" unter Verwendung regenerativer Energiequellen produziert worden ist. Auch Lagerung und Transport von Wasserstoff stellen ein noch nicht komplett gelöstes Problem dar. Und schließlich ist die Herstellung von Brennstoffzellen im Augenblick sehr teuer, weil in ihnen kostbares Platin verbaut wird.

Keine Euphorie in Wolfsburg

Die Probleme sieht man auch bei Volkswagen ziemlich klar und gibt sich - anders als die optimistischen Japaner - nüchtern abwartend, von Euphorie keine Spur. Audi h-tron, Passat- und Golf HyMotion sind letztlich nicht mehr als eine Demonstration technischer Kompetenz. Übersetzt lautet die Botschaft: Was Toyota kann, kriegen wir schon lange hin. Sollten die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur aber dereinst stimmen, sagt VW-Sprecher Peter Thul, dann könne man "sofort mit verschiedenen Modellen in verschiedenen Baureihen durchstarten".

Toyota und Volkswagen sind freilich nicht die einzigen, die am Wasserstoffantrieb arbeiten. Mercedes oder BMW beschäftigen sich bereits seit Jahren damit. Und Hyundai hat bereits sein erstes Wasserstoffmodell in die Serienfertigung gegeben – eine Kleinserie des SUVs ix35.

ule