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Hyundai Genesis: Die All-inclusive-Limousine

Mit 315 PS und nobler Ausstattung

Hyundai Genesis: Die All-inclusive-Limousine

Hyundai Genesis: Das neue Flaggschiff des koreanischen Herstellers rollt zum Komplettpreis von 65.000 Euro an.

Hyundai Genesis: Das neue Flaggschiff des koreanischen Herstellers rollt zum Komplettpreis von 65.000 Euro an. Werk

Derzeit erlangt der Name Hyundai wieder einen besonders hohen Bekanntschaftsgrad. Die Koreaner fungieren als Hauptsponsor der Fußball-WM, haben im Rahmen des Spektakels über tausend Fahrzeuge in Betrieb, der Firmenname prangt werbewirksam an den Fanmeilen. Auf knapp 50 Prozent, so schätzt Hyundai-Deutschland-Chef Markus Schrick, steigt während der WM die Markenbekanntheit des Unternehmens.

Im Hoheitsgebiet von Audi, Mercedes und BMW

Nicht die schlechtesten Voraussetzungen also, um nun den jüngsten Spross der Marke an den Start zu schicken. Der Genesis ist luxuriös, wo ein i30 pragmatisch ist, und repräsentativ, wo der SUV iX35 mit rustikalem Charme agiert. Man wisse natürlich, sagt Markus Schrick, dass man sich in Deutschland in der Höhle der Löwen – sprich, im nativen Hoheitsgebiet von Audi, Mercedes und BMW - befindet. Insofern wachsen die Verkaufserwartungen an den Genesis nicht in den Himmel. Im unteren dreistelligen Bereich werde man sich aufhalten, prognostiziert Schrick. Beim Genesis geht es aber um was anderes als um einen plötzlichen Kahlschlag unter der Konkurrenz. Er ist ein Statement, ein "schaut-her-wir-können-auch-sowas", Ausrufezeichen. Der große Koreaner ist eine fast fünf Meter lange, repräsentative und reputierlich mit Leder, gebürstetem Aluminium sowie offenporigem Echtholz eingerichtete Limousine, für die das obligatorische Hyundai-Logo wohl zu simpel war – auf der Motorhaube thront ein beidseitig beflügeltes Emblem, das dem Betrachter seltsam bekannt vorkommt. Richtig: Bei Aston Martin gibt es ganz was Ähnliches zu sehen.

Alles drin, was die Asservatenkammer hergibt

Hyundai Genesis Heckansicht

Kraftvoll: Die fast fünf Meter lange Limousine nutzt einen 315 PS starken 3,7-l-V6-Motor. Damit ist sie bis zu 240 km/h schnell.

65.000 Euro ruft Hyundai für den Genesis auf. Ambitioniert, könnte man sagen, und feststellen, dass man für solches Geld auch eine ganz manierlich ausgestattete Mercedes E-Klasse bekommt. Der Reiz des Genesis aber liegt darin, dass ihm Hyundai schon alles einpackt, was die Asservatenkammer hergibt. Heißt: Eine Aufpreisliste gibt es nicht. Kleiner Auszug aus der ellenlangen Liste der serienmäßigen Ausstattungsdetails: Allradantrieb. Achtgangautomatik. Elektrische Fahrwerkregelung mit adaptiven Dämpfern. Navigationssystem (allerdings DVD-basiert). Einparkautomat. Großes Panorama-Glasschiebedach. Lederausstattung. Head-up-Display (dafür hat Mercedes übrigens bis zum letzten Jahr gebraucht). Smart-Key-System. Sitzheizung und Sitzkühlung. Was leider fehlt, sind Start-Stopp-System und vor allem eine Anbindung an die Wunderwelt des World-Wide-Web. Anderswo in dieser Fahrzeugklasse ist das längst Standard, und nicht nur da - selbst kleine Kompakte wie der VW Polo erlauben das Surfen im Internet.

Der Kofferraum öffnet wie auf Hypnose

Dafür aber bietet der Genesis Besonderheiten, die man sonst nicht findet. Den CO2-Sensor beispielsweise, der im Bedarfsfall über die Klimaanlage eine Hallo-Wach-Dosis belebender Frischluft ins Cockpit pusten lässt. Oder den Öffnungsmechanismus des Kofferraums: Verharrt man mindestens drei Sekunden vor der Klappe und hat dabei den Schlüssel bei sich, so öffnet sich das 493-l-Gepäckabteil wie auf Hypnose hin.

Hyundai Genesis Cockpit

Reputierlich eingerichtet: Auch Automatik, Lederausstattung und DVD-Navi gehören zum Serienumfang. Werk

Fahrtechnisch lässt es sich gut leben mit dem Genesis. Dank der 315 PS seines 3,8-l-V6 cruist der elegante Koreaner souverän dahin, es mangelt ihm weder an Kraft noch an Durchzugsvermögen, die Achtgangautomatik schaltet mit sanfter Passgenauigkeit, und das Fahrwerk bietet jenen Komfort, der einer Businesslimousine würdig ist. Als ob das nicht Tugenden genug wären, will Hyundai sein Flaggschiff aber ausgerechnet als "Sport"-Limousine klassifiziert wissen. Warum, bleibt rätselhaft. Denn wirklich sportliches Fahrverhalten fühlt sich anders an, um so mehr, als die Elektronik den Vortrieb des V6 bei 240 km/h für beendet erklärt. Nicht, dass man damit der Raserei das Wort reden möchte: Aber das Wettbewerbsumfeld legt da eben noch seine 10 km/h drauf.

Kein Diesel in Sicht

Der Normverbrauch liegt schon nach Werksangaben bei 11,6 l/100 km, das lässt nichts Gutes für die Praxis erahnen. Ein Diesel müsst' halt her. Das, so heißt es bei Hyundai, lohne sich aber der niedrigen europäischen Stückzahlen wegen nicht. Schade eigentlich. Denn so dürfte die All-inclusive-Limousine nicht über den Status eines Statements hinauskommen.

Ulla Ellmer