2. Bundesliga

Trend beim Hamburger SV bereitet nach Niederlage gegen Bochum Sorge

Seit drei Partien sieglos

Mehr als nur ein Ausrutscher: Der Trend beim HSV bereitet Sorge

Eiskalt verwandelt: Robert Zulj trifft gegen HSV-Keeper Sven Ulreich.

Eiskalt verwandelt: Robert Zulj trifft gegen HSV-Keeper Sven Ulreich. imago images

Die Analyse der desillusionierenden Pleite liest sich wie eine einzige Mängelliste. Daniel Thioune beklagte bei seinem HSV nach dem 1:3 gegen Bochum "das Positionsspiel, das Balltempo, fehlende Gier." Doch es gilt auch seinen Anteil zu analysieren. Und eine Antwort auf diese Frage zu finden: Steht im Vordergrund, dass der HSV am Sonntag sein erstes Spiel verloren hat? Oder, dass er bereits seit drei Partien sieglos ist? Es gibt durchaus Argumente für die zweite Lesart.

Die Form einzelner Spieler bereitet Sorgen

Die Art und Weise, wie hoffnungslos unterlegen und über weite Strecken desolat sich der Spitzenreiter gegen Bochum präsentiert hat, kam überraschend, der Rückschlag an sich indes hatte sich angebahnt. Schon im Derby gegen St. Pauli (2:2) waren Probleme im Mittelfeld aufgetreten, beim 1:1 in Kiel erinnerte der HSV nicht nur wegen des Last-Minute-Gegentreffers an die vergangene Spielzeit - er präsentierte sich auch lange ideenlos und mit der Führung im Rücken passiv. Zumindest nach außen hin haben die Verantwortlichen Vergleiche mit der vergangenen Saison für überzogen gewertet, tatsächlich aber treten aktuell noch weitere Parallelen auf: Jeremy Dudziak etwa, im Vorjahr intern zwar als hochveranlagt, aber zu schnell zufrieden eingestuft, ist nach seinem herausragenden Start in die Spielzeit schon wieder in alte Muster verfallen, präsentiert sich nachlässig und halbherzig; Aaron Hunt zeigte zunächst eine starke Reaktion auf die Degradierung durch Thioune zum Start, zuletzt aber wurden seine athletischen Defizite wieder schonungslos offengelegt. Dazu kommen große Probleme Einzelner: Klaus Gjasula wirkt völlig verunsichert und selbst als Joker aktuell eher wie Belastung für seine Kollegen; Tim Leibold ist mit der Kapitänsbinde völlig aus dem Tritt geraten, agiert defensiv nachlässig und offensiv unpräzise; andere potenzielle Leistungsträger wie David Kinsombi oder zumindest Alternativen wie Lukas Hinterseer haben sich mit Minusleistungen völlig aus dem Blickfeld manövriert.

Thioune konnte zuletzt taktisch keine Hilfestellungen geben

Zu diesem gefährlichen Gemisch aus Formtiefs und grundsätzlichen Defiziten kommt, dass Thioune zuletzt taktisch keine Hilfestellungen geben konnte. Schon gegen St. Pauli und Kiel wurde das Spiel seiner Elf mit jedem Spielerwechsel instabiler, gegen Bochum wählte er zunächst mit einem 3-4-1-2 nicht das passende System zum Gegner und lag dann unmittelbar nach dem Ausgleich mit einem Vierfach-Wechsel daneben. "Wir hatten lange Zeit nach vorne nicht stattgefunden, ich hatte den Eindruck, dass die Spieler, die auf dem Platz waren, nicht dafür gesorgt haben, dass wir das Spiel noch drehen können. Aber im Nachhinein war es nicht optimal. Ich trage die Verantwortung dafür."

Thioune muss damit leben, dass acht verschiedene Aufstellungen in acht Partien im Erfolgsfall als Variabilität ausgelegt werden. Im Misserfolgsfall kommen sie auf den Prüfstand. Erst Recht, wenn mit Youngster Stephan Ambrosius eine absolute Positiv-Erscheinung überraschend auf der Bank landet, obwohl Toni Leistner über ähnliche Qualitäten verfügt und ähnliche Defizite aufweist. Und wenn der Versuch mit Flügelstürmer Bakery Jatta als verkapptem Außenverteidiger so krachend fehlschlägt wie gegen den VfL.

Thioune beschönigt den Vortrag vom Sonntag nicht, er will aber auch keinen Trend ableiten aus den jüngsten drei Partien, die in Hamburg naturgemäß Erinnerungen daran wach werden lassen, dass Abstürze in diesem Verein mittlerweile zur Satzung gehörig scheinen. "Wir müssen uns von dem lösen, was in der Vergangenheit war." Er muss vor allem vermeiden, dass sich Geschichte wiederholt.

Sebastian Wolff