Bundesliga

Michael Meeske und der VfL Wolfsburg: Unruhe zur Unzeit beim 1. FC Nürnberg

Warum das Abwanderungsszenario ein Problem für Nürnberg ist

Meeske und Wolfsburg: Unruhe zur Unzeit beim FCN

Wolfsburg lässt nicht locker: Verlässt Michael Meeske den 1. FC Nürnberg? Und, wenn ja, wann?

Wolfsburg lässt nicht locker: Verlässt Michael Meeske den 1. FC Nürnberg? Und, wenn ja, wann? imago

Dass der Kader des 1. FC Nürnberg noch nicht komplett ist, bereitet keinem der Verantwortlichen Kopfzerbrechen - wie auch, denn dieses Geduldbewahren gehört zur festgelegten Transferstrategie. Dass nun jedoch auch die Führungsebene selbst ein Transfer-Thema bekommen könnte, trifft den Traditionsverein zu Unzeiten.

Der VfL Wolfsburg lässt bei Finanzvorstand Michael Meeske nicht locker (der kicker berichtete am 2. Juli), nachdem der Bundesligist im Frühjahr den bereits ausgehandelten, unterschriftsreifen Vertrag unverrichteter Dinge wieder wegräumen musste. Damals sagte Meeske, dass er sich zwar geehrt fühle, aber die Entwicklung beim FCN noch lange nicht abgeschlossen sei und er nicht inmitten dieses Prozesses gehen könne. Und heute? "Es gilt unverändert, was ich damals gesagt hatte."

Der Club steht vor richtungsweisenden Weichenstellungen

Nach kicker-Informationen hat der 46-Jährige den Wölfen jedoch seine prinzipielle Bereitschaft signalisiert, für sie zu arbeiten. Bleibt die Frage: Wann? Der VfL würde die Dienste des 46-Jährigen gerne sofort in Anspruch nehmen, denn deren Geschäftsführer Wolfgang Hotze, gerade 66 Jahre alt geworden, wollte sich schon längst in den verdienten Ruhestand verabschieden. Die "Bild" spekuliert damit, dass Meeske ab dem 1. Juli 2019 für die Niedersachsen arbeiten könnte. Der VfL müsste dann mit einer kommissarischen Lösung die Zeit überbrücken - oder Hotze macht doch ein Jahr weiter.

Für den FCN hingegen stellt das Abwanderungsszenario Meeskes generell ein Problem dar. Der Traditionsverein steht nämlich vor wahrhaft richtungsweisenden, weil seine weitere Zukunft maßgebend beeinflussenden Weichenstellungen: Das beginnt mit der angestrebten Ausgliederung der Profis und setzt sich mit dem frühestens 2021 möglichen wie angedachten Verkauf des Trainingsgeländes fort. Und bei beiden Projekten ist Meeske der Motor.

Meeske hat den FCN saniert - doch die Ausgliederung stockt

Doch der Reihe nach: Im September 2015 kam Meeske vom FC St. Pauli - auf Betreiben des damaligen Vorstandes Martin Bader, der Meeske gerne als seinen Finanzexperten an seiner Seite gesehen hätte. Es kam bekanntlich anders: Meeske wurde nicht Baders Partner, sondern der Mann, der dessen Scherbenhaufen zu kitten hatte. Eine Aufgabe, die er mit Hilfe von Sportvorstand Andreas Bornemann mit Bravour löste. Den damals von der Insolvenz bedrohten FCN hat er so weit saniert, dass er für die kommende Saison die Lizenz erstmals wieder ohne Bedingungen erhalten hat. Gar nicht zu reden davon, dass der Club wieder ein ruhiges, seriöses Gebilde darstellt.

Weniger erfolgreich verläuft indes bislang sein Projekt Ausgliederung: Ursprünglich hätte es bereits im Herbst 2017 über die Bühne gehen sollen - und zwar nach dem Motto, erst die Profis ausgliedern und dann Partner finden, die Anteile kaufen wollen. Stattdessen kam es zu einer Vollbremsung, die der Club damals als "Spurwechsel" bezeichnete: Nun sollen erst die Partner unter Dach und Fach gebracht und dann erst die Ausgliederung umgesetzt werden.

Würde Meeskes Abschied Ja-Stimmen bei der Ausgliederung kosten?

Letzteres ist nur möglich, wenn 75 Prozent der Mitglieder zustimmen. Keine geringe Hürde, angesichts des Widerstandes gegen ein Auflösen des e.V. Allerdings auch keine unüberwindbare, wie sich Meeske aufgrund von monatelangen Gesprächen sicher war und ist. Um den Mitgliedern ihr Ja leicht zu machen, strebt er einen Pool mit mehreren Partnern an, in dem in erster Linie deutsche, vor allem regional ansässige Unternehmen zu finden sind.

Fraglos eine gute Strategie, die aber anscheinend nicht so leicht umsetzbar ist. Beim Neujahresempfang 2018 führte Meeske aus, dass er die Ausgliederung noch in diesem Frühjahr zur Abstimmung bringen wollte, dann war die Rede vom Spätherbst. Mittlerweile ist klar, dass in diesem Jahr gar nichts mehr daraus wird.

Nun könnte man daraus folgenden Fahrplan ableiten: Meeske finalisiert im nächsten Jahr die Ausgliederung, um sich dann im Sommer ruhigen Gewissens nach Wolfsburg verabschieden zu können. Klingt plausibel, hat aber den einen oder anderen Haken. Die Mitglieder bringen die Ausgliederung zu Recht mit Meeske in Verbindung - in dem Wissen, dass der Vater des Projektes in ein paar Monaten geht, könnte dem einen oder anderen ein Ja schwerfallen.

Auch Partner aus der Wirtschaft könnte ins Zweifeln kommen

Das gleiche gilt wiederum auch für potenzielle Partner aus der Wirtschaft. Man nehme nur einmal den Hauptsponsor Nürnberger Versicherung. Deren Vorstandsvorsitzender, Dr. Armin Zitzmann, begründet das Engagement seines Unternehmens beim Club auch mit dem Vertrauen in die handelnden Personen. Allen voran meint er damit Meeske, das Gesicht des nunmehr soliden finanziellen Kurses und den Mann, der die zuvor nur spärlich gepflegten Verbindungen zur regionalen Wirtschaft mit großem Einsatz wiederbelebte. So gesehen könnte nun der eine oder andere potenzielle Partner sehr wohl ins Zweifeln kommen, wenn ihr Ansprechpartner Meeske auf gepackten Koffern sitzt.

Und auch den FCN selbst könnte ein ungutes Gefühl beschleichen, dass ein Mann solch fundamentale Vereinsangelegenheiten steuert, sich wenige Monate später aber zu einem Ligakonkurrenten verabschiedet.

Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Michael Grethlein gibt sich gegenüber "nordbayern.de" äußerst entspannt und betont, dass er von dem Wolfsburger Interesse nur aus der Presse erfahren habe und bei ihm "keine Anfrage vorliegt". Alles klar!? Nun ja, das ist eben das, was man branchenüblich in solchen Fällen gerne mal sagt. Das Wolfsburger Interesse an Meeske jedenfalls ist verbrieft.

Chris Biechele

Schweißtreibender Start: Der Club legt los!