Bundesliga

Massimo und das pikante "Projekt Portugal"

Auch Fortuna warb um das VfB-Talent

Massimo und das pikante "Projekt Portugal"

Roberto Massimo wurde vom VfB in Portugals 2. Liga ausgeliehen.

Roberto Massimo wurde vom VfB in Portugals 2. Liga ausgeliehen. IMAGO/Sportfoto Rudel

Denn der Flügelspieler steht bei Rogon unter Vertrag, und zu der Firma aus dem Mannheimer Umland und Massimos neuem Arbeitgeber, Academico de Viseu FC, gibt es eine spezielle Geschichte: Die Aktiengesellschaft hinter dem Verein aus der 100.000-Einwohner-Stadt gehört seit rund einem Jahr mehrheitlich der deutschen Hobra GmbH. Hinter dieser wiederum der Geldgeber der TSG Hoffenheim, Dietmar Hopp, und der frühere SAP-Manager Mariano Maroto Lopez stecken.

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Unmittelbar nach dem Hobra-Einstieg wechselten mehrere Rogon-Talente leihweise zu dem portugiesischen Zweitligisten, nun kamen mit Soufiane Messeguem (Erzgebirge Aue), Gautier Ott (Hoffenheim II) und eben Massimo weitere hinzu. Pikant ist die Sache vor allem deshalb, weil die Hobra über ein Firmenkonstrukt 2020 einen Klub in Brasilien übernommen hatte: den Barra Futebol Clube in Balneario Camboriu im Bundesstaat Santa Catarina. Dieser Verein war erst 2013 gegründet worden von Personen aus dem Umfeld von Rogon. Der Agentur-Mitgründer Roger Wittmann und Hopp sind befreundet. Nicht minder pikant: Die Transferhistorie des Barra FC erweckt den Eindruck, dass der Klub zuvor jahrelang als Umgehungsmodell für die von der FIFA 2015 verbotene TPO-Praxis missbraucht wurde, die Kritiker als modernen Menschenhandel bezeichnen. Die Geschäfte der Hobra erwecken den Eindruck, dass der Hoffenheim-Mäzen über die Schiene Barra-Viseu eine Art "Mini-Red-Bull" erschaffen möchte.

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Mit Massimo wagt nun erstmals ein Bundesliga-Spieler den Schritt ins "Projekt Portugal", sportlich betrachtet ist das ein Rückschritt. Denn Viseu stieg vergangene Saison beinahe ab. Zwar hätte der 21-Jährige in Stuttgart einen schweren Stand gehabt, Spielpraxis tut dem bisweilen noch fahrigen Talent zweifelsfrei gut. Theoretisch hätte er sie aber auch in der 2. Liga Deutschlands haben können, was zwei Vorteile gehabt hätte: Massimo kennt Land und eben Liga aus Bielefelder Zeiten.

Kein direktes Treffen mit Fortuna Düsseldorf

Fortuna Düsseldorf soll nach kicker-Informationen bei Rogon schon vor Wochen Interesse hinterlegt haben, im Prinzip seit sich der Weggang von Khaled Narey zu PAOK Thessaloniki abzeichnete. Zu einem konkreten Gespräch zwischen den Rheinländern und Massimo aber kam es nie. Irgendwann erfolgte agenturseitig die Absage mit dem Hinweis, Massimo habe sich anders entschieden. Erstaunlich zumindest, dass es nie zu einem direkten Treffen kam.

In Stuttgart, wo Massimos Vertrag noch bis 2024 datiert ist, können sie mit dem Leihgeschäft gut leben. "Das Projekt in Viseu ist nicht unambitioniert", sagte jüngst Sportdirektor Sven Mislintat und erinnerte in diesem Zusammenhang an "einen jungen Torhüter des VfB, der zu Funchal ging, und danach eine Weltkarriere gemacht hat". Gemeint ist damit Diego Benaglio. "Das hat damals auch keiner verstanden. Aber er wollte einfach kicken", so Mislintat weiter.

Mislintat: "Das ist letztlich seine eigene Entscheidung"

Der Vergleich des Sportchefs aber hinkt, denn Nacional Funchal war 2005, als Benaglio kam, etablierter Erstligist in Portugal und qualifizierte sich in der ersten Saison des Schweizers dort als Tabellen-Fünfter für das internationale Geschäft. Für Mislintat ist es mit Blick auf Massimo "legitim, dass er sich sagt: Ich habe ein saugutes Gefühl mit Viseu, will dort kicken, will 30 Spiele machen. Wenn er dort 30 Spiele absolviert, ist es mir genau so recht, wie wenn er sie in Düsseldorf macht. Das ist aber letztlich seine eigene Entscheidung."

Steigerung des Selbstbewusstseins?

Die auch Pellegrino Matarazzo nachvollziehen kann: "Das ist ein Verein, der in die 1. Liga aufsteigen möchte. Wenn er (Massimo, d. Red.) in einer Aufstiegsmannschaft spielt, kann das sicher auch etwas bewirken, was seinen Charakter und seine Persönlichkeit angeht." Allgemein gesprochen erklärt der VfB-Trainer: "Vielleicht ist es für Spieler X wichtig, in eine Situation zu kommen, in der er seine Stärken auf jeden Fall auf den Platz bringen kann. In der er ein gewisses Standing im Team hat, um sein Selbstbewusstsein zu steigern."

Das erlaubt Deutungsspielraum in zwei Richtungen: Die Liga ist schwächer als zum Beispiel das deutsche Unterhaus, was offenkundig ist und die Frage aufwirft, ob die Leihe den Profi wirklich weiterbringt. Oder: Eine auf bestimmten Gewissheiten begründete Sicherheit, auch wirklich spielen zu können, was angesichts der Rogon-Verbindungen mit Viseu-Hauptgesellschafter Hobra pikant wäre, wie so vieles in dieser Geschichte.

Benni Hofmann/George Moissidis

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