Frauen

Lina Magull im Interview: "Ich war nicht mehr glücklich"

Olympiasiegerin von 2016 erklärt Entscheidung, München zu verlassen

Magull im Interview: "Ich war nicht mehr glücklich"

Hat sich für eine neue Herausforderung in Italien entschieden: Lina Magull.

Hat sich für eine neue Herausforderung in Italien entschieden: Lina Magull. Inter via Getty Images

Nationalspielerin Lina Magull hat nach fünfeinhalb Jahren den FC Bayern verlassen und sich im Januar Inter Mailand angeschlossen. Der Wechsel war eine Überraschung: Im Frauenfußball ist der Klub aus Norditalien keine große Adresse.

Frau Magull, wie geht es Ihnen in Mailand?

Mir geht es gut. Klar ist es eine große Umstellung. Der Wechsel ging ja auch ziemlich schnell über die Bühne. Aber ich lebe mich Tag für Tag besser ein und freunde mich mit allem immer mehr an.

Anfreunden klingt nicht nach Liebe auf den ersten Blick.

Nun, es war eine Entscheidung in einer sehr kurzen Zeit. Diese Entscheidung fiel mir nicht leicht, weil ich weiß, was ich an München und am FC Bayern hatte. Das hat mir schon alles viel bedeutet, vor allem auch meine Mitspielerinnen. Ich habe mir abseits des Fußballs ein soziales Umfeld und ein Netzwerk aufgebaut. Aber ich war nicht mehr glücklich mit meiner sportlichen Situation, deshalb habe ich mir Gedanken gemacht, ob der Zeitpunkt gekommen ist, um etwas Neues zu wagen.

Es war einfach auch sehr wichtig, dass ich wieder mehr spielen kann und meine Spielfreude zurückgewinne, die mir verloren gegangen war.

Lina Magull

Und da fiel Ihre Entscheidung für einen Wechsel?

Ja, ich musste einfach akzeptieren, dass ich im Verein nicht mehr die Rolle hatte, die ich in den Jahren zuvor hatte. Dann habe ich mich nach langer Überlegung dazu entschieden, ein Abenteuer einzugehen und in einem anderen Land neue Erfahrungen zu sammeln, eine neue Sprache zu lernen und wieder regelmäßig Fußball zu spielen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es der richtige Schritt für mich ist, auch wenn der Abschied aus München nicht leichtfiel.

Warum fiel die Wahl auf Italien?

Das Angebot war da. Inter wollte gerne, dass ich ein Teil des Projekts werde. Die italienische Liga ist eine interessante und aufstrebende Liga in Europa. Es war einfach auch sehr wichtig, dass ich wieder mehr spielen kann und meine Spielfreude zurückgewinne, die mir verloren gegangen war.

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Und die haben Sie jetzt wieder?

Ja, das hat gut funktioniert. Dafür bin ich auch sehr dankbar, dass ich hier das Vertrauen bekomme. Klar, Inter hat noch nicht den Kader mit Champions-League-Format, und das ist auch gewissermaßen eine Herausforderung. Aber ich kann solche Aufgaben gut annehmen, und es ist durchaus Potenzial in der Mannschaft. Es ist eine andere Art von Fußball, was spannend ist. Hier ist es noch nicht so weit ausgeprägt wie in Deutschland. Aber es ergeben sich viele Möglichkeiten, um die Weiterentwicklung mitzugestalten. Es ist ein Prozess, zu dem ich gerne meinen Teil beitragen möchte. Ich komme ja mit viel Erfahrung aus der Bundesliga und möchte gleichzeitig neue Erfahrungen sammeln.

Aber Sie fühlen sich insgesamt trotzdem wohl?

Ja, ich wurde sehr herzlich vom Verein und meinen Mitspielerinnen aufgenommen. Ich war natürlich auch etwas ängstlich, Deutschland und mein gewohntes Umfeld zu verlassen. Ich war gerne in meiner Komfortzone. Jetzt hat es sich nach der richtigen Entscheidung angefühlt.

Sie haben ja schon gesagt: Das Jahr 2023 ist nicht gut für Sie gelaufen. Warum nicht?

Na ja, es war das letzte halbe Jahr. Ich bin ja mit Bayern trotzdem Meister geworden und habe gute Spiele gemacht. Aber die WM ist für alle und für mich persönlich nicht gut gelaufen. Und der Start in die Saison auch nicht.

Ich fühle mich auch jetzt immer noch als ein Teil des Teams.

Lina Magull

Horst Hrubesch hat für die nun anstehenden Nations-League-Spiele auf Sie verzichtet. Enttäuscht?

Ja, natürlich bin ich enttäuscht. Mit meinem Wechsel möchte ich mich mit guten Leistungen weiter für die Nationalmannschaft empfehlen, weil ich immer noch sehr motiviert bin, für die Nationalelf zu spielen, und überzeugt davon bin, dass meine Qualitäten der Mannschaft helfen können. Es ist für mich eine Ehre, mein Land zu vertreten. Es ist für mich das Größte, ein Teil davon zu sein. Ich hoffe, dass ich zeitnah wieder fester Bestandteil der Nationalmannschaft sein werde. Ich fühle mich auch jetzt immer noch als ein Teil des Teams.

Kam die Nicht-Nominierung überraschend?

Ich bin nach der Winterpause gut im neuen Verein gestartet und hatte gehofft, aufgrund meiner Leistungen für die Nationalmannschaft jetzt schon wieder berücksichtigt zu werden. Deshalb bin ich schon etwas enttäuscht, aber es motiviert mich zusätzlich.

Glauben Sie, dass die deutsche Elf die Olympia-Qualifikation schaffen wird?

Ja. Ich glaube fest daran. Horst Hrubesch macht eine gute Arbeit. Es war wichtig, ihn wieder ins Boot zu holen. Er hat einen klaren Plan, klare Vorstellungen. Und die Spielerinnen haben wieder Selbstbewusstsein.

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Sind die Olympischen Spiele ein Traum von Ihnen? Es wäre schon Ihre zweite Teilnahme.

Gerade für uns Fußballerinnen hat Olympia eine besondere Bedeutung. Ich war ja schon 2016 beim Titelgewinn in Brasilien dabei. Das war eine tolle Erfahrung und eines der schönsten Erlebnisse meiner Laufbahn. Ich würde sehr gerne noch mal bei Olympia spielen.

Noch mal zurück zu den Bayern: Hatten Sie das Gefühl, dass Sie nach Ihrer Muskelverletzung im Oktober noch eine richtige Chance in München bekommen haben?

Es hat sich weniger danach angefühlt. Aber natürlich hätte ich die Situation auch so annehmen können, habe mich aber eben anders entschieden.

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Wann ist denn die Entscheidung, zu wechseln, bei Ihnen gereift?

Erst in der Winterpause. Ich konnte darüber nachdenken, wie es mir in den vergangenen Monaten ging und was ich noch möchte in meiner Karriere. Und als das Angebot aus Mailand kam, habe ich mich relativ schnell dazu entschieden, Ja zu sagen.

Haben Sie die Stadt schon kennenlernen können?

Ein paarmal bin ich reingefahren in die City und habe mir einiges angeguckt. Dort ist es wirklich sehr schön.

Inter Mailand ist ein großer Name - aber eben nicht im Frauenfußball. Champions League ist dort auch im nächsten Jahr wohl nicht möglich. Hat das nur eine untergeordnete Rolle gespielt für Sie?

Klar spiele ich gerne in der Champions League, und die Möglichkeit besteht ja noch. Aktuell haben wir leider noch einen zu großen Abstand, aber ich hoffe, wir können diesen wieder verringern. Der Fokus liegt jetzt darauf, sich insgesamt als Mannschaft weiterzuentwickeln. Das kurzfristige Ziel ist es, den Abstand zu den Top 3 AS Rom, Juventus und Fiorentina zu verringern. Ich hoffe, dass das mit Inter in Zukunft auch möglich ist.

Wie sieht es mit der Infrastruktur bei Inter aus?

Das Trainingsgelände ist hier mit der Jugend-Akademie verbunden. Es ist kein hochmoderner Trakt, aber es hat seinen italienischen Charme und alles, was man braucht. Es ist noch verbesserungswürdig, aber das hatte auch nicht die höchste Priorität für meine Entscheidung. Es ist eben alles noch in der Entwicklung, das braucht seine Zeit.

Lina Magull

Lina Magull bei ihrer Vorstellung in Mailand. Inter via Getty Images

Ein bisschen Pioniergeist müssen Sie schon mitbringen, oder?

Ja, auf jeden Fall (lacht).

Sie haben für zweieinhalb Jahre unterschrieben. Welche Ziele haben Sie mit Inter in dieser Zeit?

Ich hoffe, dass wir mal einen Champions-League-Platz erreichen können und um Titel mitspielen können. Im Pokal sind wir letzte Woche unglücklich ausgeschieden.

Können Sie sich eine Rückkehr in die Bundesliga vorstellen?

Auf jeden Fall. Ich habe die Liga über viele Jahre genießen können und bin froh darüber und auch stolz darauf, dass sich alles so positiv entwickelt hat. Ich sage niemals nie und ich mag es ja, in Deutschland zu leben und zu spielen.

Dieses Interview erschien erstmals in der Montagsausgabe des kicker am 19. Februar.

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