Europa League

Leverkusens Drama, 1.Akt: Wo bist du, schöner Bayer-Fußball? Himmel, hilf!

Ein Offenbarungseid in drei Akten

Leverkusens Drama, 1.Akt: Wo bist du, schöner Bayer-Fußball? Himmel, hilf!

Tragische Figur zu Beginn: Lukas Hradecky.

Tragische Figur zu Beginn: Lukas Hradecky. IMAGO/Revierfoto

Das Drama kommt ohne großes Vorgeplänkel aus und entscheidet sich erstmal direkt für die Kategorie Tragödie. Einen nicht optimal getimten, aber doch besser verwertbaren Rückpass von Jonathan Tah nimmt Lukas Hradecky trotz des heranstürmenden Breel Embolo links im Fünfmeterraum mit dem Fuß hoch riskant vor das eigene Tor mit statt den Ball zu schlagen oder wieder nach links vom Tor weg zu spielen.

Embolo rempelt den Keeper eher von hinten als seitlich, der gerade einen Meter vor der eigenen Torlinie den Ball wegschlagen möchte. Hradeckys Versuch missglückt, dafür kickt der Finne den Ball unkontrolliert ins eigene Tor. Der wohl angebrachte Pfiff des sonst eher kleinlichen Schiedsrichters Orel Grinfeeld bleibt aus, der Treffer zählt. Kopfschütteln im Publikum ob aller beteiligter Protagonisten.

Doch dieser Ouvertüre die Hauptverantwortung für Bayers Niederlage zu geben, wäre ein nicht minder großer Fehler. Denn die Vorstellung der Elf von Xabi Alonso in der ersten halben Stunde kommt einem spielerischen Offenbarungseid gleich. Gegen Monacos aufmerksame Defensive ist nicht ansatzweise eine Spielidee, geschweige denn irgendein auch nur im Ansatz ersichtlicher Automatismus erkennbar.

Dass sich die Sechser Exequiel Palacios und Andrich beim Fehlpässe spielen gegenseitig übertreffen, ist in erster Linie fehlender Bewegung und Wachheit der Offensivabteilung zu verdanken. Der Matchplan von Xabi Alonso bleibt verborgen. Der hilflose Auftritt wirft reihenweise Fragen auf. Obwohl er irgendwie sogar angekündigt wurde.

Die Besetzung des Ensembles wirft Fragen auf

Denn schon als die Programmhefte verteilt werden, stellen sich bei der Besetzung des Ensembles erste Frage. Neben Palacios und Andrich steht mit Nadiem Amiri ein Spieler zu viel in der Startelf, der am besten in der Doppelsechs aufgehoben ist. Als sich der Vorhang öffnet, agiert Amiri formell als Rechtsaußen in einer defensiv mit Viererkette verteidigenden Mannschaft und zieht bei Leverkusener Ballbesitz auf die Halbposition, um den faktisch als Rechtsaußen stürmenden Rechtsverteidiger Jeremie Frimpong Platz zu machen.

Gegen den Ball ergibt sich so häufig die Situation, dass Amiri deutlich höher positioniert ist als Angreifer Moussa Diaby, der dann links im Mittelfeld eine Linie weiter hinten steht.

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Xabi Alonso reagiert auf sein missglücktes Experiment. Er habe das Gefühl gehabt, dass Diaby "isoliert" gewesen sei, erklärte der Spanier später und korrigiert seine Formation: Fortan spielt Amiri links im Mittelfeld und Diaby als Rechtsaußen, von wo aus er die einzigen beiden gefährlichen Aktionen von Bayer vor der Pause initiiert.

Da Ideengeber Florian Wirtz von Monacos kompromissloser Doppelsechs mit Fofana und Camara aufgefressen wird, fehlt bis dahin jegliche Inspiration. Ein echter Mittelstürmer tut es ohnehin seit Wochen. Die Partie verstärkt eine eigentlich alte Gewissheit: Dass nämlich Adam Hlozek kein Mittelstürmer ist, der gegen eine stehende Abwehr irgendeinen Impact auf das Angriffsspiel der Werksklubs hat. Dies sollte spätestens nach diesem 45-minütigen Akt außerhalb jeder Diskussion stehen. Dem jungen Tschechen tut Xabi Alonso keinen Gefallen, ihn mit dieser Rolle zu beauftragen, wenn der Gegner nicht zum Kontern einlädt.

Hlozeks Tarnkappen-Auftritt muss für Sadar Azmoun als gelernter zentralen Angreifer wie eine schallende Ohrfeige wirken. Doch der Iraner schmort auch gegen Monaco 90 Minuten auf der Ersatzbank. Was muss eigentlich passieren, dass Azmoun, dem der Trainer ("Ich bin mit ihm zufrieden") nichts vorwirft, eine Chance erhält? "Wir werden es sehen", sagt Xabi Alonso lapidar, "es ist meine Entscheidung." Allerdings keine gute.

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Die trifft bis dahin auch Edmond Tapsoba nicht. Der so spielstarke Innenverteidiger erlaubt sich böse Fehlpässe, verliert Zweikämpfe, testet früh verwarnt die Toleranz von Grinfeeld, was eine Ampelkarte betrifft. Sein Auftritt vor der Pause ist ähnlich unglaublich wie der des Werksklubs. Himmel, hilf!

Vorhang! Auf den Rängen stellt sich erneut die verzweifelte die Frage: Wo bist Du nur, schöner Bayer-Fussball? Zur Halbzeit werden in den VIP-Logen Anti-Depressiva in flüssiger und fester Form gereicht.

Weiter zum 2. Akt ...

Stephan von Nocks

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