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NFL: Kyle Shanahan (49ers) und die Lehren eines denkwürdigen Debakels

Der Trainer der 49ers vor seinem zweiten Super Bowl

Kyle Shanahan und die Lehren eines denkwürdigen Debakels

Lässig in der Kabine, jubelnd mit Vater Mike: Kyle Shanahan ist zurück im Super Bowl.

Lässig in der Kabine, jubelnd mit Vater Mike: Kyle Shanahan ist zurück im Super Bowl. Getty Images

Irgendwann wird auch dieses Thema wieder langweilig, idealer schon am Ende dieser Woche oder zum Anfang der kommenden. Bis dahin muss Kyle Shanahan die Fragen ertragen, was am 5. Februar 2017 passiert ist mit seiner Offense. Was jeder weiß: Sie brach ein, so wie das gesamte Team der Atlanta Falcons im Super Bowl LI gegen die New England Patriots.

Der NFC-Champion hatte damals, in Houston, eine 28:3-Führung aus der Hand gegeben und Tom Brady zu endgültiger Unsterblichkeit verholfen. "Dieses Spiel wird mich immer begleiten", betont Kyle Shanahan in dieser Woche deshalb wieder und wieder und wieder. Sein einziger Ausweg: den Schaden korrigieren.

Zum zweiten Mal steht der 40-Jährige am Sonntag im Super Bowl, zum ersten Mal als Head Coach. Mit den San Francisco 49ers muss Shanahan seine bisher größte Prüfung bestehen und irgendwie ein Mittel finden, Patrick Mahomes und die Offense der Kansas City Chiefs zu stoppen.

Nach zwei Jahren Anlauf hat Shanahan jetzt sein Team zusammen

Zwei Jahre hat der Sohn von Trainer-Ikone Mike Shanahan, dreifacher Super-Bowl-Champion, jetzt Anlaufzeit erhalten und die 49ers nach seinen Vorstellungen formen können - jetzt auch ohne Verletzungssorgen. Nach dem Kreuzbandriss von Quarterback Jimmy Garoppolo zu Beginn der vergangenen Spielzeit war früh klar gewesen, dass San Francisco nach einer schwierigen Debüt-Saison von Shanahan (6:10) auch 2018 kein Mitspracherecht in Richtung Play-offs haben würde (4:12).

Jetzt, mit Garoppolo, mit Rookie Nick Bosa und so vielen weiteren, hat Shanahan nochmal untermauert, dass das Coaching-Talent in der Familie vererbt wurde. Schon als Kind hatte Shanahan an der Seite seines Vaters Super-Bowl-Luft schnuppern dürfen, wurde später über erste Assistenz-Stationen in Tampa und Houston langsam rangeführt und machte sich spätestens in Atlanta einen Namen.

Es gab definitiv Teile in diesem Super Bowl, die ich gerne zurückhaben würde.

Kyle Shanahan

Bei den Falcons avancierte Quarterback Matt Ryan mit 38 Touchdown-Pässen unter Offensive Coordinator Shanahan zum MVP, unter Shanahan räumte Atlanta die gesamte NFC aus dem Weg und hatte schon anderthalb Hände an der Vince-Lombardi-Trophäe. Aber eben nur anderthalb. "Die Tage danach waren wirklich hart", gab Shanahan zu. Einen 25-Punkte-Vorsprung hatte zuvor noch niemand verspielt. "Es gab definitiv Teile in diesem Super Bowl, die ich gerne zurückhaben würde."

Jetzt bekommt er einfach einen neuen Super Bowl, den 54., diesmal in Miami. Nur einen Tag nach der Pleite gegen die Patriots hatten die 49ers Shanahan als neuen Head Coach vorgestellt, das andere "Mastermind" neben dem nochmal sechs Jahre jüngeren Sean McVay bei den Los Angeles Rams.

25 Jahre mussten die Niners auf einen Titel im wichtigsten und größten Spiel im US-Sport warten, jetzt hat sie Shanahan zurückgeführt - und das mit einem familienbekannten System.

Kyle Shanahan: Schon der Vater stach durch das Laufspiel heraus

Zwischen 1995 und 2008 war Vater Mike der Head Coach in Denver und gewann mit den Broncos zwei Super Bowls. Auch wenn sein Quarterback in dieser Zeit John Elway hieß, war es doch das Laufspiel, dass Shanahan auszeichnete. Gleich sechs verschiedenen Running Backs verhalf er in den Titeljahren 1997 und 1998 zu mindestens 1000 Rushing-Yards.

Der Super Bowl: Teure Klunker und verrückte Zahlenspiele

Ein Scheme, das Sohn Kyle in San Francisco stolz fortführte. San Francisco hat keinen Elite-Back wie Dallas (Zeke Elliott) oder Tennessee (Derrick Henry), San Francisco hat ein herausragend gutes System. Ob Raheem Mostert wie im NFC-Championship-Game gegen Green Bay explodiert (220 Rushing-Yards, vier Touchdowns) oder Tevin Coleman, Matt Breida und Jeff Wilson Jr. die Läufe unter sich aufteilten: Durch das Outside- und Inside-Zone-Scheme klappt fast alles.

So kam es auch, dass Quarterback Garoppolo gegen die Packers nur magere acht Passversuche unternahm und laut eigener Aussage "beim Aufwärmen mehr Bälle" werfen musste. Shanahan, der neben Super-Bowl-Kontrahent Andy Reid (61) wohl beste Playdesigner der Liga, quittierte es trocken: "Wenn etwas funktioniert, bleibst du dabei."

Kansas City kann den Lauf nicht verteidigen - aber was macht Shanahan gegen Mahomes?

Obwohl es ein überaus einzigartiges Championship-Game in Santa Clara war, hatte Shanahan bis zur Schlusssekunde kaum eine Miene verzogen. Er hat seine Lehren aus dem Debakel gegen die Patriots gezogen. Damals hätte er wohl nur ein oder zwei Läufe gebraucht, um das entscheidende Field Goal zum Sieg zu schießen. Stattdessen war Ryan bei einem Passversuch zu Boden gebracht worden - der Rest ist bekannt...

Jetzt erhält Shanahan die Chance, den Schatten der Vergangenheit verblassen zu lassen. Gegen die für gewöhnlich instabile Laufverteidigung der Chiefs könnte es sein nächstes Meisterwerk werden. Allein: Dann steht da noch Patrick Mahomes.

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mkr