Stefan Kuntz hat als DFB-Trainer die U-21-Auswahl 2017 zum Gewinn der Europameisterschaft (1:0 gegen Spanien) geführt und ist 2019 nur knapp im Endspiel an Spanien gescheitert (1:2). Nun soll der Coach die neue Generation ohne Profis wie Lukas Klostermann, Jonathan Tah oder Nadiem Amiri titelreif und zugleich bereit für die A-Nationalmannschaft machen.
Doch hierzu hatte Kuntz bereits Ende November 2019 nach dem 2:3-Dämpfer gegen Belgien in der EM-Qualifikation lautstark Kritik geäußert - obwohl die Bilanz mit seiner neuen Auswahl (drei Siege, ein Remis, eine Niederlage) eigentlich passabel ist. Kuntz' damalige Meinung, geäußert im Interview auf "dfb.de": "Es ist mehr als nur eine rote Lampe am Brennen."
Warum? Ganz einfach, so Kuntz weiter: "Die Spielpraxis und die Höhe der Spielklassen sollte uns zu denken geben." Lediglich acht Spieler sind damals in der Bundesliga aktiv gewesen, davon seien nur zwei Akteure regelmäßig in der Startelf gewesen: "Ich muss sagen, dass dabei mit Luca Kilian und Ridle Baku in Paderborn und Mainz (inzwischen beide beim 1. FSV unter Vertrag; Anm.d.Red.) leider zwei Spieler ohne den wahnsinnigen Selbstvertrauen-Überschuss zu uns kommen. Alle anderen sitzen auf der Bank."
Zahlen, die Kuntz' Ansatz untermauern
Seine damalige Kritik erneuerte DFB-Coach Kuntz nun auch an diesem Montag bei einem Pressegespräch auf Nachfrage zu seiner Kritik aus 2019.
Die Statistiken vom Saisonende 2020, die die Bestandsaufnahme bezüglich der Spielpraxis untermauern, lieferte Kuntz im Nachgang gleich selbst. Und siehe da: Nimmt man beispielsweise den letzten Spieltag der vier europäischen Top-Ligen, der - auf die Bundesliga bezogen - noch zu einem der positiven Spieltage aus DFB-Sicht zählt, kann ganz klar eine Tendenz erkannt werden, die sich in den letzten Jahren abgezeichnet hat. Im Detail: Während in der Bundesliga 15 mögliche deutsche U-21-Spieler auf dem Feld standen (fünf in der Startaufstellung), waren es in der Premier League 34 Spieler (21), in der Seria A 31 Spieler (10) und in La Liga 25 (10).
Bei den ausländischen U-21-Spielern erreiche man zudem eine bessere Einsatzquote in Deutschlands Profibereich. Von diesen Akteuren kamen am 34. Spieltag 33 zum Einsatz (20 in der Startaufstellung). Das heißt im Umkehrschluss, dass die Bundesliga weiterhin eine gute Adresse für junge Spieler ist - nur, und so die Meinung von U-21-Trainer Kuntz, profitieren davon in dieser Zeit offenkundig eher die ausländischen Talente.
Tragende Rolle für Wirtz
Soll die U 18 überspringen und längere Zeit in der U 21 seinen Stempel aufdrücken: Bayer-Nachwuchstalent Florian Wirtz. imago images
Passend dazu möchte Kuntz auch Ausnahmetalent Florian Wirtz von Bayer 04 Leverkusen langfristig an die U 21 binden. Der erst 17-jährige offensive Mittlfeldmann (sieben Bundesliga-Einsätze) soll die U 18 direkt überspringen, wie der Coach bestätigte: "Wir haben im DFB diskutiert, was für die individuelle Förderung von Flo am besten wäre. Wir hatten die Ansicht, dass dies wohl die höchste U-Mannschaft wäre." Kuntz sei deswegen "nach Leverkusen gefahren und habe ihm von unseren Plänen erzählt. Ich habe auch Flos Eltern kennengelernt, damit die wissen, warum wir das gemacht haben oder warum die Idee so war."
Belgien liegt einen Punkt vor Deutschland
Seit dieser Woche bereitet sich die U 21 auf die Fortsetzung der EM-Qualifikation mit Spielen gegen die Republik Moldau (Donnerstag, 18.15 Uhr) und in Belgien (Dienstag, 16 Uhr) vor. Hierbei rangiert Deutschlands Nachwuchs in der Gruppe 9 hinter Tabellenführer Belgien (sieben Punkte) mit sechs Zählern auf Rang 2. Hier wird Bayer-Talent Wirtz übrigens noch fehlen, so Kuntz: "Er fängt heute erst mit dem ersten Training an und wäre zwei Wochen komplett außen vor gewesen." Sein Debüt in der deutschen U 21 sei aber nur "ein bisschen aufgeschoben".
