Bundesliga

Kommentar: Ein Phantomtor aus der Steinzeit

Von kicker-Chefredakteur Jean-Julien Beer

Kommentar: Ein Phantomtor aus der Steinzeit

kicker-Chefredakteur Jean-Julien Beer

kicker-Chefredakteur Jean-Julien Beer kicker

Wir haben es in diesem Jahr schon zu oft erlebt, dass klare Treffer nicht gegeben wurden, weil das Schiedsrichtergespann den Ball nicht hinter der Linie sah oder sehen konnte. Ist denn ein zu Unrecht gepfiffenes Tor wie jetzt in Sinsheim anders zu beurteilen als ein klarer Treffer, der nicht gegeben wurde? Hier aber blieben die Rufe nach einer Wiederholung in allen Fällen aus.

Abgesehen davon, dass es juristisch relevant werden könnte, dass Hoffenheim als Gastgeber kein einwandfreies Tornetz zur Verfügung gestellt hat und damit gegen die Regeln verstieß - das Grundübel dieser hochkomplexen Situation ist ganz woanders zu suchen. Millionen Fußballfans wussten nach wenigen Sekunden, was passiert war. Nur die Person, die binnen Sekunden alles entscheiden musste, erfuhr nichts: Schiedsrichter Felix Brych.

Der simpelste Videobeweis hätte hier - wie in anderen Sportarten - sofort geholfen, übrigens auch eine Torlinien-Technologie, gegen deren Einführung sich ebendiese Bundesliga bisher sperrte, die jetzt mal wieder die Folgen beklagt.

Der Fußball ist technologisch und wissenschaftlich inzwischen bis ins Detail professionalisiert. Aber die wichtigste Frage - Tor oder nicht Tor - wird immer noch so entschieden, wie es auch unsere Vorfahren in der Steinzeit hätten machen können. Die Premier League führt eine Technologie ein, bei der WM 2014 werden wir auch - endlich! - eine erleben.

Unsere deutschen Vereins- und Verbandsvertreter hingegen beschäftigen sich nach Hoffenheims Einspruch in den nächsten Tagen feinjuristisch mit der Frage, wie mit einem Tor umzugehen ist, bei dem der Ball von hinten durchs kaputte Netz gehuscht ist, ohne jemals in vollem Umfang die Linie zwischen den Pfosten überschritten zu haben. Und dies in dem Wissen, dass die zuständige FIFA völlig eigenständig darüber entscheiden wird. Da kann man nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, meine Herren!