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Jürgen Klopps gefährliches Spiel mit "Buhmann" Dejan Lovren in Liverpool

Hat Liverpools Trainer seinen Verteidiger "gekillt"?

Klopps gefährliches Spiel mit "Buhmann" Lovren

Ein Wechsel mit mehreren Beigeschmäckern: Jürgen Klopp nimmt Dejan Lovren bei Liverpools 1:4 gegen Tottenham vom Platz.

Ein Wechsel mit mehreren Beigeschmäckern: Jürgen Klopp nimmt Dejan Lovren bei Liverpools 1:4 gegen Tottenham vom Platz. picture alliance (2)

Jemanden "unter den Bus werfen" heißt im Englischen das sprichwörtlich, was Jürgen Klopp am vergangenen Sonntag nach Ansicht vieler Beobachter mit Dejan Lovren (28) gemacht hat: Er habe ihn "den Wölfen zum Fraß vorgeworfen", wie man hierzulande sagt, ihn "gekillt", wie TV-Experte Peter Schmeichel kritisierte. Und alles nur, weil der Liverpool-Trainer dem chaotischen Auftritt seiner Elf bei Tottenham Hotspur (1:4) irgendwie beizukommen versucht hatte.

0:2 stand es in Wembley, Lovren hatte bei beiden Gegentoren neben sich gestanden : Erst schaute er einem Steilpass auf Harry Kane verträumt hinterher, dann unterlief er einen Abwurf von Torhüter Hugo Lloris an der Mittellinie. Und als er dann beinahe auch noch das 0:3 mitverschuldet hatte - Heung-Min Son traf die Latte -, wechselte Klopp Lovren schon in der 32. Minute aus.

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Pl. Verein Punkte
1
Manchester City Manchester City
28
2
Manchester United Manchester United
23
3
Tottenham Hotspur Tottenham Hotspur
20

Es war Lovrens Tiefpunkt in Liverpool, und das will etwas heißen

Eine sportlich nachvollziehbare Maßnahme nach einer halben Stunde, die der "Guardian" hinterher als die vielleicht "schlechteste eines international erfahrenen Spielers in der Premier League" brandmarkte. Lovren lief an Klopp vorbei und verkroch sich mit entgeistertem Blick in die letzte Reihe der Liverpool-Box. Ob er es da schon realisierte oder nicht: Es war der Tiefpunkt seiner gut dreijährigen Zeit in Anfield, und das will nun wirklich etwas heißen.

2013/14 hatte Lovren beim FC Southampton (unter dem heutigen Spurs-Trainer Mauricio Pochettino) eine derart überzeugende Premier-League-Debütsaison hingelegt, dass Liverpool im folgenden Sommer sofort für rund 25 Millionen Euro zuschlug. Und tatsächlich hatte der Kroate mit den 35 Länderspielen bald eine feste Funktion im Kader der Reds - nur war es nicht die des Abwehrchefs, sondern die des Sündenbocks, meistens jedenfalls.

18.000 Herzchen: Didi Hamanns Tweet zeigt Lovrens Standing

Schon Klopps Vorgänger Brendan Rodgers hatte Probleme, Liverpools defensive Unzulänglichkeiten in den Griff zu bekommen, Klopp scheitert daran bis heute. Und Lovren galt und gilt als Sinnbild dieses verzweifelten Kampfs: in den unerbittlichen englischen Medien, noch mehr aber fast bei den Liverpooler Fans. Keiner bekommt die Social-Media-Häme nach Niederlagen regelmäßig so massiv ab wie Lovren, der personifizierte "individuelle Fehler", die Lachnummer.

Als er vor einigen Wochen mal in die Gegenoffensive ging und einer kroatischen Zeitung offenbarte, dass er seit Wochen vor jedem Spiel fünf Schmerztabletten nehme und dazwischen vor lauter Qual überhaupt nicht trainieren könne, schrieb Didi Hamann: "Ich nehme acht, um ihm jede Woche zuschauen zu können." Er erntete fast 18.000 Twitter-Herzchen.

Er hat diesen Spieler gekillt. Er wird nun dafür in den Schlagzeilen stehen, und das ist wirklich unfair: Dort sollte der Trainer stehen.

TV-Experte Peter Schmeichel

"Dejan war nicht schlechter als Joel (Matip, d.Red.)", sagte Klopp am Sonntagabend mit Recht, "ich hätte jeden auswechseln können." Das stimmt, er tat es aber nicht: Er wechselte vor der neuen Premier-League-Rekordkulisse und weltweit Abermillionen TV-Zuschauern Zielscheibe Lovren aus. Dieser "wird dafür nun in den Schlagzeilen stehen, und das ist wirklich unfair", urteilte Schmeichel, der frühere Weltklasse-Torhüter. "Dort sollte der Trainer stehen." Andere störte weniger die bittere Auswechslung an sich - irgendetwas musste Klopp schließlich unternehmen und Lovren war ja wirklich schlecht -, sondern noch vielmehr das verbale Nachspiel.

Lovren sei nicht in der richtigen Verfassung gewesen, er übernehme dafür die Verantwortung: Etwas in der Richtung hätte Klopp hinterher sagen können. Stattdessen sagte er: "Mit mir auf dem Platz" wäre das erste Gegentor nicht gefallen, "sogar wenn ich Turnschuhe getragen hätte". Der achselzuckende Zusatz: "Ich glaube, er fühlt sich nicht so gut. Das ist okay, niemand sollte sich gerade gut fühlen." Nimmt man so einen "Buhmann" in Schutz? Baut man ihn so wieder auf?

Klopp kann auf Lovren nicht verzichten

Zumindest könnte sich Klopp, der mit Liverpool Neunter ist und am Samstag (16 Uhr) im direkten Duell von Sensationsaufsteiger Huddersfield und Trauzeuge David Wagner überholt werden könnte, damit ein weiteres Problem geschaffen haben - er betreibt ein gefährliches Spiel. Denn so oft Lovren mit der restlichen Defensive gerade auch patzt: Klopp braucht ihn. Der Kader, den er zu verantworten hat , bietet nicht mehr. Den deutlich langsameren Ex-Augsburger Ragnar Klavan setzte er in dieser Saison nur dreimal ein, den gelernten Innenverteidiger und englischen U-21-Nationalspieler Joe Gomez bringt er stets rechts hinten.

Gegen Tottenham kam für Lovren Offensivmann Alex Oxlade-Chamberlain. Und Liverpool kassierte noch zwei weitere Gegentore.

jpe