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Kommentar: Jürgen Klopp hat Recht - gleichzeitig irrt er

Kommentar

Klopp hat Recht - gleichzeitig irrt er

Klare Ansagen nicht nur auf dem Platz: Jürgen Klopp.

Klare Ansagen nicht nur auf dem Platz: Jürgen Klopp. imago images

Je enger der Terminplan des FC Liverpool wird, umso mehr geht es auch bei Jürgen Klopp Schlag auf Schlag: Zuletzt kritisierte er schon mehrmals pro Woche die englischen TV-Anstalten für die Spielansetzungen in der Premier League und legte sich deswegen auch direkt mit Fieldreportern an.

Natürlich "nervt" das, und natürlich schwächt Klopp seine Argumentation, wenn er das Thema in der Regel dann vehement anbringt, wenn seine eigene Mannschaft betroffen ist. Da kommen Egoismus-Vorwürfe nicht von ungefähr. Und doch ändert all das nichts daran, dass Klopp in der Sache Recht hat.

Die Pay-TV-Sender wählen die Anstoßzeiten ohne Rücksicht auf Regenerationszeiten

Weil sie gemäß des aktuellen TV-Vertrags die Möglichkeit dazu haben, schieben die Pay-TV-Sender "BT Sport" und "Sky Sports", vereinfacht gesagt, die attraktivsten Spiele auf die lukrativsten Anstoßzeiten - ohne jede Rücksicht auf etwaige Regenerationszeiten der beteiligten Teams.

Neben der folgenschweren Tatsache, dass die Premier League aus unerklärlichen Gründen als einzige Topliga in Europa zu drei Auswechslungen zurückgekehrt ist, ist das ein Grund für die vielen Verletzungen, mit denen nicht nur Klopp Woche für Woche zu kämpfen hat.

Der Hinweis auf die Millionengehälter greift in diesen Zeiten zu kurz

Liverpool musste in dieser Saison schon zweimal am Samstagmittag ran, obwohl die Spieler noch am Mittwochabend in Nationalmannschaft oder Champions League gefordert waren; im Dezember wird es noch einmal zu einer solchen Situation kommen. Klopp hält das in Corona-Zeiten für nicht weniger als ein "Verbrechen", die Saison ist ohnehin viel enger getaktet als sonst.

"BT Sport", das die Rechte an den Spielen am Samstagmittag hält, verweist darauf, dass die Bosse der Premier-League-Klubs allen Anstoßzeiten zugestimmt hätten. Das ist ein scheinheiliges Argument - in den Verträgen war eine Pandemie schließlich nicht berücksichtigt. Und der Einwand, dass es in erster Linie jene Verträge sind, die den Premier-League-Akteuren - auch Klopp - Millionengehälter garantieren, greift gerade ebenfalls zu kurz.

Auf Solidarität zu hoffen, wird nicht funktionieren

Und doch irrt Klopp, wenn er von "BT Sport" erwartet, einfach andere Spiele um 12.30 Uhr englischer Zeit anzusetzen (zumal er das schon getan hatte, als Corona noch eine Biermarke war). Auch die TV-Sender haben nach der Fußball-Unterbrechung im Frühjahr wirtschaftlich nichts zu verschenken und nicht zuletzt auch gegenüber ihren Abonnenten eine Verpflichtung.

Wenn Klopp und die anderen Trainer der englischen Topklubs, die sich auch schon, aber seltener und leiser echauffierten, wirklich etwas ändern wollen, müssten sie schon einen Gegenvorschlag unterbreiten, der die TV-Unternehmen in irgendeiner Form für etwaige finanzielle Ausfälle entschädigt. Auf Solidarität zu hoffen, wird gerade in Englands erster Liga nicht funktionieren - ganz egal, mit wie vielen TV-Reportern sich Klopp in den nächsten Wochen noch anlegt.

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Jörn Petersen

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