Bundesliga

Klasse und Explosion der Emotionen: Topspiel bringt Spaß am Fußball zurück

Kommentar zum Topspiel

Klasse und Explosion der Emotionen: Topspiel bringt Spaß am Fußball zurück

Dortmunds Anthony Modeste nach seinem 2:2-Ausgleich gegen die Bayern.

Dortmunds Anthony Modeste nach seinem 2:2-Ausgleich gegen die Bayern. picture alliance / Eibner-Pressefoto

Es gibt Momente, da würde man als Protagonist gerne auf die imaginäre Pausentaste drücken, um sie in seiner Gesamtheit wahrzunehmen, sich jedes Detail anzusehen, sie vollends auszukosten. Wenn man Fußballprofi ist, hat man das Glück, dass jeder einzelne Schritt, den man auf dem Rasen macht, von zig Kameras aufgezeichnet wird. Und so wird Anthony Modeste in den nächsten Tagen noch reichlich Gelegenheit haben, sich die Szenen, die sich nach seinem Treffer zum 2:2-Ausgleich des BVB gegen den FC Bayern in der 95. Minute abspielten, wieder und wieder anzusehen.

Der Stürmer, der zunächst eine kaum auszulassende Großchance verstolperte und dann doch noch zum Helden wurde, wird dann nicht nur seinen gelösten Blick sehen. Sondern auch die unbändige Freude seiner Mitspieler. Die ganz privaten Emotionen seines Trainers, der um seinen kürzlich verstorbenen Vater trauerte. Und die ekstatischen Reaktionen der BVB-Fans im Stadion, die in ihrem Jubel ihre Becher durch die Luft schmissen und sich ihren Tribünennachbarn um den Hals warfen. So intensiv und so lebendig wie in den Sekunden nach dem Last-Minute-Treffer Modestes hatte sich die Atmosphäre im Signal-Iduna-Park nicht einmal beim 1:0-Derbysieg über den FC Schalke 04 vor drei Wochen angefühlt. Es war eine regelrechte Explosion der Emotionen.

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kicker-News vom 01.10.2023, 00:00 Uhr
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Für Dortmund fühlte sich dieser auf den letzten Drücker erkämpfte und erspielte Punkte gegen den Rekordmeister an wie ein Sieg. Für den FC Bayern dagegen wie eine Niederlage, wie die Reaktion von Oliver Kahn zeigte, die gänzlich gegensätzlich war zu der der vielen Tausend Dortmunder Zuschauer um ihn herum. Frustriert rutschte der Boss der Münchner seinen Sitz herunter, bevor er seinen Zorn herausbrüllte und mit seinen großen Torwarthänden die Glasscheibe vor sich packte, als wolle er sich am liebsten aus der Verankerung reißen. Kalt ließ diese turbulente Schlussphase, die Dortmunds Aufholjagd perfekt machte, niemanden.

Große Emotionen und fußballerische Klasse

Falls jemand zuletzt den Spaß am Fußball verloren hatte, und Gründe gab es dafür ja durchaus einige - Geisterspiele während der Corona-Pandemie, Superleague-Pläne der Großklubs, die bevorstehende WM in Katar -, dann hat derjenige am Samstagabend hoffentlich zugeschaut. Im Stadion oder vor dem Fernseher. Denn die Partie der deutschen Topmannschaften bot neben großen Emotionen auch fußballerische Klasse: Lange Zeit vor allem taktischer Natur, weil der BVB von Terzic sehr gut eingestellt worden war und die Münchner gut vom eigenen Tor fernhielt, ehe ein Distanzschuss des starken Leon Goretzka den Bann aus Sicht des FC Bayern löste und der Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann mehr Gestaltungsraum bescherte. Dann kam zur Taktik immer stärker auch physische Wucht hinzu - etwa durch den jungen Yossoufa Moukoko, der den Anschlusstreffer erzwang, oder durch Nico Schlotterbeck, der in allerletzter Minute seine Kräfte mobilisierte, um den entscheidenden Ball von der Torauslinie zu kratzen.

Es war beste Fußball-Unterhaltung, die diesmal nicht vom Schiedsrichter gestört wurde. Auch wenn sich die Bayern nach dem Spiel über die unglückliche Szene zwischen Jude Bellingham und Alphonso Davies ärgerten, die aus ihrer Sicht einen Platzverweis des Dortmunder hätte nachziehen müssen: Deniz Aytekin hatte eine gute Partie abgeliefert und durch seine souveräne Körpersprache der Partie einen guten Dienst erwiesen. Weil er sich selbst nicht zum Hauptprotagonisten aufschwang, sondern den Spielern die Bühne überließ. Auch das war beste Werbung für den Sport, den so viele Menschen wegen Abenden wie diesen so sehr lieben.

Bilder zur Partie Borussia Dortmund - Bayern München