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Joaquin, der Evergreen: Ein Gedankenspiel zum Abschied

Wird die La-Liga-Legende noch Rekordspieler? Und Präsident?

Joaquin, der Evergreen: Tränen und ein Gedankenspiel zum Abschied

Er ist Betis und Betis ist er: Joaquin in seinen eigenen Worten.

Er ist Betis und Betis ist er: Joaquin in seinen eigenen Worten. Getty Images

Nein, nicht nur bei Betis erweist man Joaquin die Ehre. Am Donnerstagvormittag, noch vor dessen tränenreicher Verabschiedung vom Profifußball, schickte erst die Fiorentina einen Tweet mit einem seiner Tore für die Italiener raus. "Danke für alles und viel Glück bei deinem nächsten Abenteuer", hieß es vom Klub, für den er von 2013 bis 2015 gekickt hatte. Kurz darauf meldete sich auch der inzwischen in den Tiefen der Zweiten Liga versunkene FC Malaga via Twitter zu Wort. Ein paar Jubelfotos, ein paar anerkennende Worte. "Du hast unsere Geschichte geprägt und wir deine", hieß es. "Hier in Malaga ist auch dein Zuhause."

Aber Joaquins echtes Zuhause, das ist das Benito Villamarin, die Heimspielstätte von Real Betis in Sevilla. Als der 41-jährige Evergreen der Grün-Weißen am Mittwoch sein Karriereende zu Saisonende bekanntgab, dürfte so manchem Fan das Herz in die Hose gerutscht sein. 23 Profijahre hat er auf dem Buckel, 615 Ligaspiele (76 Tore) in Spanien abgespult. 13 Jahre davon spielte er für Betis. Nur Keeper Andoni Zubizarreta (622 Spiele) hat mehr Spiele in La Liga absolviert. Noch. Sie werden alles tun in Sevilla, dass er den langjährigen Barcelona-Keeper einholt. Oder gar überholt. Neun Spieltage sind ja noch zu absolvieren.

Die Fans schlossen ihn überall ins Herz

Joaquins Beliebtheit rührt aber nicht nur daher, dass man diese Fußball-Opas irgendwie ja automatisch ins Herz schließt. Sondern dass er ein echter Witzbold ist. Im Fernsehen versuchte er mal, Hennen zu hypnotisieren. Auf seiner Station in Italien tat er einfach so, als würde er die Sprache können, seine Interviews in Italo-Spanisch entwickelten Kultcharakter. Klar, dass auch die Fans vom Stiefel ihn schnell ins Herz geschlossen hatten. Wenn irgendwo einer einen Witz erzählte oder jemandem ein Streich gespielt wurde, war Joaquin meist nicht weit. 

Doch nach Spaßen war ihm erst einmal nicht zumute am Donnerstag. Vielmehr flossen die Tränen beim Flügelstürmer, der im feinen Zwirn und im Schatten der gewonnenen Copa del Rey 2022 vor das Mikrofon trat. "Es ist ein Moment gekommen, von dem ich hoffte, dass er niemals kommen würde", sagte Joaquin. Die Entscheidung, die Karriere zu beenden, sei einfach sein "Gefühl" gewesen. "Mein Kopf hat mich in den Ruhestand geschickt, aber nicht, weil mir langweilig war. Mein Körper sagt mir jeden Morgen, dass es an der Zeit ist."

Joaquin zählt die Tage

Wie schwer ihm der Abschied fällt, zeigt allein die Tatsache, dass er ausgerechnet hat, wie lange er noch Profi ist: einen Monat und zwölf Tage. "Hoffentlich hänge ich am Ende der Saison meine Schuhe an den Nagel und Betis spielt in der Champions League", hofft Joaquin für sein Team, das aktuell auf Rang fünf steht. Das wäre eine willkommene Ablenkung. "Ich habe Angst davor, den Fußball zu sehr zu vermissen, den Geruch des Rasens, der Kabine." In "fünf oder sechs Monaten Urlaub", die sich die Vereinsikone nach der Saison nehmen will, wird sie das wohl oder übel herausfinden.

Einerlei. Seinen Traum hat sich Joaquin längst übererfüllt: einmal in La Liga zu spielen. "Es ist Teil meiner Geschichte geworden, etwas, das mehr als die Hälfte meines Lebens ausmacht. Ich kann mir dieses Leben ohne mein Betis nicht vorstellen. Es ist mein Leben und mein Leben ist Betis, so fühle ich mich und so zeigen sie es mir." Und er zeigte es ihnen. Das will er auch weiterhin tun.

Für Joaquin wird es weitergehen bei den Verdiblancos. Eine Stiftung zur Bekämpfung von Krebs bei Kindern wird seinen Namen tragen. Sogar das Gedankenspiel, "eines Tages Betis-Präsident zu werden", hat der Künstler am Donnerstag eingeräumt. Ganz vorsichtig zumindest. Doch sogar wenn er nie wieder dort auftauchen sollte, wovon beim besten Willen nicht auszugehen ist, werden die Fans im Benito Villamarin noch lange seinen Namen singen.

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