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Michael Krüger: "Man denkt ja nicht an Afrika"

Nominierung zum Deutschen Fußball-Botschafter 2017

Michael Krüger: "Man denkt ja nicht an Afrika"

Immer wieder Afrika: Michael Krüger.

Immer wieder Afrika: Michael Krüger. imago

Kairo statt Wolfsburg, wo Krüger damals einen unterschriftsreifen Vertrag als Co von Willi Reimann vorliegen hatte. Aber Krüger trat die Reise in die Hauptstadt von Ägypten an. Wollte sich dort unweit der Pyramiden alles anhören. "Es war dann ein Bauchgefühl und etwas Überrumpelung", schmunzelt der einstige Linksaußen des Zweitligisten Arminia Hannover. Den geplanten Heimweg trat er damals erst gar nicht wieder an, "die Mannschaft ist für 14 Uhr zum Training bestellt, hatte man ihm gesagt, nachdem wir uns um 11 Uhr geeinigt hatten".

Afrika eben. Aber er war erfolgreich am Nil. Holte den Afrika-Cup der Pokalsieger mit den Arab Constructors, wurde später ägyptischer Pokalsieger mit El Masry in Port Said. Zwischendurch gab's noch mal eben einen Abstecher in die Türkei, als ihn der Ruf von Horst Hrubesch ereilte, ihm bei Samsunspor zu helfen. Zuvor schon hatte Krüger bei Peter Neururer auf Schalke und unter Erich Rutemöller bei Hansa Rostock in der Bundesliga assistiert.

Krüger: "Ich habe mich durchgebissen"

So wurde der in Poggenhagen am Steinhuder Meer beheimatete Trainer zum Pendler zwischen den Welten. Deutschland - Afrika. 2008 kam erneut der Ruf aus Afrika. Aus dem Sudan von Al Merreikh, einem von zwei dominanten Klubs aus der Metropole Khartum/Omdurman. Eigentlich war Krüger beim 1. FC Saarbrücken mit dem x-ten Neuaufbau beim Traditionsklub beschäftigt. Ein ägyptischer Berater hatte die Brücke gebaut, und Krüger packte das Fernweh, die Abenteuerlust.

"Das hat mich halt gereizt, weil ich mit Al Merreikh auch international spielen konnte", erinnert sich Krüger, "aber die ersten 14 Tage dort waren schon brutal. Ohne die Erfahrung aus Ägypten wäre ich sicher nach einer Woche wieder nach Hause geflogen. Ich hatte nur die Hälfte der Mannschaft beim Training, die andere war in Ghana bei der Afrikameisterschaft. Ich habe mich dann durchgebissen. Wir wurden Meister und Pokalsieger, das Endspiel im Confederations Cup haben wir nur um einen Punkt verpasst."

Niederlagen im Derby? "Dann lebte man gefährlich"

Dies Kribbeln, der Reiz des Besonderen oder Anderen trieb ihn dann auch eine Etappe weiter auf seiner Afrika-Tour. Nach einem kurzen "Boxenstop" bei Alemannia Aachen ging's wieder in den Sudan. Erneut hatte Al-Merreikh um seine Dienste gebuhlt. Und Krüger fuhr erneut Erfolge ein. Er wurde Pokalsieger und qualifizierte sein Team für die afrikanische Champions League. "Erfolge ja, aber die Zeit im Sudan hat mich auch aufgefressen. Da waren Titel angesagt und wenn man zweimal hintereinander im Derby gegen Al Hilal verlor, dann lebte man gefährlich", erinnert sich Krüger.

Das war dann später in Äthiopien anders. Ruhiger. Im Land der Marathonläufer gibt's eben auch Fußball. "Wir müssen kein Meister werden sagte mir der Präsident, das waren wir oft genug. Pokalsieger auch. Aber wir müssen mit St. George mal in die Gruppenphase der afrikanischen Wettbewerbe kommen, entweder Champions League oder Confederation Cup. Das hat noch kein Klub aus Äthiopien geschafft. Ich hab's dann gepackt!", berichtet Krüger nicht ohne Stolz in den Augen.

Aus all seinen Stationen hat Krüger sehr viel Erfahrungen mitgenommen. "Du brauchst Geduld, musst genau beobachten, analysieren, kanalisieren. Man muss flexibel sein, sich total auf Land, Leute und Kulturen total einlassen. Im Ausland, egal wo, erwarten sie die deutschen Tugenden. Das hat auch funktioniert, aber man muss es anders machen als hier", hat Michael Krüger auf seinen Stationen als Klubtrainer in Afrika festgestellt. Er weiß auch, in welche Nationen er nie hingehen würde. Aber das - ganz Diplomat - behält er lieber für sich.

Krüger: "Titel werden in Deutschland nicht gewürdigt"

Was ihn stört, ist die Tatsache, dass die Afrikaner zwar immer Rat und Tat wollen, "aber, wenn man weg ist, verfallen sie wieder in ihren alten Trott". Aber böse macht ihn das nicht. Vielmehr ist bei ihm die Herzlichkeit hängen geblieben, mit der er überall empfangen wurde. Freunde blieben ihm bis heute. Die Sprache war für ihn nie eine Barriere. Er hatte immer einen Deal mit den Spielern, die ihm die Sprache beibrachten. Wenigstens die wichtigsten Kommandos.

"Es waren tolle Erfahrungen, die ich auf meinen Stationen gesammelt habe", sagt Krüger, "ich habe die Dinge danach auch entspannter gesehen. Das habe ich dann auch auf meinen Stationen hier in Deutschland gemerkt". Dennoch gibt's etwas, was ihn ärgert: "Ich habe insgesamt sieben Titel geholt, aber das wird in Deutschland überhaupt nicht anerkannt oder gewürdigt." Umso mehr freut er sich über die Nominierung zum Deutschen Fußball-Botschafter 2017.

kon