Ancelotti und die Rotationsmaschine
Seine Hoffenheimer Mannschaft hatte es Julian Nagelsmann beim 3:1-Sieg in Berlin offensichtlich angetan, denn der jüngste Trainer der Bundesliga (29 Jahre) verzichtete auf jegliche Wechsel.
Auf der anderen Seite brachte Bayerns Coach Carlo Ancelotti die Rotationsmaschine in Schwung: Aus der Startelf beim 6:0 gegen Augsburg blieben lediglich Keeper Ulreich, Hummels, Coman und Lewandowski übrig. Müller (Knöchelverletzung) stand nicht zur Verfügung, Thiago wurde geschont.
Die vielen Umstellungen taten dem Rekordmeister nicht gut. Von der ersten Minute an erlaubten sich die Gäste etliche leichte Ballverluste, die den überfallartig umschaltenden Kraichgauern kräftig in die Karten spielten. Die TSG erwischte eine unsortierte FCB-Abwehr schon nach zwei Minuten auf dem falschen Fuß, als Demirbay auf den diagonal einlaufenden Kramaric durchsteckte, dessen Schuss Rafinha aber in höchster Not blockte. Nur sechs Minuten später profitierte Kramaric beinahe von Renato Sanches' Fehlpass, sein Drehschuss aus 17 Metern zischte hauchzart vorbei (8.). Amiri komplettierte dann den Großchancen-Hattrick in den Anfangsminuten, der Deutsch-Syrer scheiterte freistehend an Ulreichs Parade (9.).
Kramaric mit Wucht, Ulreich unglücklich
Nach den drei Warnschüssen kehrte etwas Ruhe ein, weil die Münchnern darauf bedacht waren, den schnellen Tempogegenstößen durch ein besseres taktisches Gleichgewicht aus Offensive und Defensive entgegenzuwirken. Bayern beruhigte das Geschehen, wählte vorzugsweise sichere Querpässe und entschärfte das Tempo - entwickelte aber auch keine Durchschlagskraft. Obwohl sich die Münchner mit zunehmender Dauer stabilisierten, gerieten sie in der 21. Minute in Rückstand - bedingt durch eigene Fehler: Hummels "klärte" einen Flankenball direkt in die Mitte. Kramaric hielt aus 18 Metern wuchtig drauf, Ulreich griff daneben - 1:0.
Mit dem Treffer im Rücken ließen sich die Hausherren etwas zurückfallen, überließen den Ancelotti-Schützlinge das Geschehen und präsentierten ihr ausgeklügeltes Defensivkonzept. Zuber etwa bot Robben, der den Tabellenführer erstmals in der Bundesliga als Kapitän auf das Feld führte, stets das Zentrum an. Dort postierte die TSG in der Regel Rudy, der dann erfolgreich eingriff. Mit Engagement, Biss und Cleverness nahm Hoffenheim nicht nur den Niederländer, sondern die gesamte Münchner Offensivabteilung aus dem Spiel.
Und selbst blieben die Hausherren frech und mutig. Kramaric, Amiri und Wagner kombinierten sich auf der linken Seite sehenswert durch, am Ende marschierte Demirbay von links in den Strafraum und zog frei vor Ulreich ab. Der Ex-Stuttgarter bewahrte den FCB durch eine Glanztat vor dem 0:2 (41.). Kurz vor dem Pausenpfiff drehten die Bayern den Spieß um und fuhren selbst einen Konter: Coman überrannte Süle und bediente Lewandowski, der aus fünf Metern nur den Querbalken traf (45.).
Bundesliga, 27. Spieltag
Bayern fängt sich, trifft aber nicht
Nach Wiederanpfiff fanden die Münchner zurück zur eigenen Stärke. Bayern spielte strukturierter, dominanter und zielstrebiger. Daraus resultierte eine Reihe von Torchancen: Nach Robben-Vorlage narrte Lewandowski an der Strafraumkante zwei Gegenspieler, schloss ab und zwang Baumann zu einer starken Parade (55.). Auch Alaba per Freistoß (57.) und Coman (60.) brachten die Kugel nicht im gegnerischen Tor unter.
Hoffenheim spielte ein riskantes Spiel, igelte sich tief hinten ein und beschäftigte die zuvor wacklige FCB-Defensive fast überhaupt nicht mehr. Mit einer Ausnahme: Zuber bediente Kramaric per Flanke von links, der Torschütze zum 1:0 geriet beim Abschluss allerdings in Rücklage und drosch die Kugel aus guter Position weit über den Querbalken (67.).
Für die Schlussphase setzte Ancelotti neue Reize, brachte Ribery (72.) und Bernat (75.). Und Bayern blieb pausenlos am Drücker, fand zunächst aber keine Lücke in der TSG-Defensive. In der Nachspielzeit boten sich Hummels und Lewandowski sogar noch zwei Großchancen, doch beide brachten die Kugel nicht mehr im Tor unter. Im 18. Anlauf reichte es für die TSG zum ersten Sieg gegen den Rekordmeister.
Hoffenheim spielt am kommenden Samstag (15.30 Uhr) beim HSV. Bayern empfängt am selben Tag (18.30 Uhr) Borussia Dortmund.