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Historischer Sieg für 'Neeb' beim KeSPA Cup

Koreas große Schmach

Historischer Sieg für 'Neeb' beim KeSPA Cup

Ein Bild, das eSport-Geschichte schreibt: Alex 'Neeb' Sunderhaft und die KeSPA Cup-Trophäe.

Ein Bild, das eSport-Geschichte schreibt: Alex 'Neeb' Sunderhaft und die KeSPA Cup-Trophäe. Fomos/Kenzi

Nein, nicht der draufgängerische und provokante Greg 'IdrA' Fields, nicht der exzentrische Franzose Ilyes 'Stephano' Satouri oder die hochbegabte Skandalnudel Johan 'NaNiwa' Lucchesi, sondern der so unscheinbare Alex 'Neeb' Sunderhaft bringt die Ehre der Foreigner, wie Nicht-Koreaner im Szene-Jargon genannt werden, zurück.

Schüchtern und verlegen steht Sunderhaft nach dem Endspiel auf der Bühne. So recht begreifen können die Zuschauer in dem Moment nicht, was da gerade auf ihren Bildschirmen zu Hause oder vor Ort auf der Bühne passierte – er wahrscheinlich selbst nicht. Sein schelmisches Lächeln konnte sich der Protoss-Spieler jedoch nicht verkneifen, hat er doch gerade die Besten der Besten besiegt. Zum Beispiel in der Gruppenphase, als er den dreifachen Global StarCraft-Sieger Joo 'Zest' Sung Wook schlug und im Halbfinale dessen KT-Rolster-Kollegen Kim 'Stats' Dae Yeob, der für viele Experten die beste Einheitenkontrolle im Protoss-gegen-Protoss-Matchup (PvP) weltweit besitzt.

Sein Finalgegner, der Major League Gaming-Sieger von 2014, Cho 'Trap' Sung Ho, ging mit einem überraschenden Sieg über Jun 'TY' Tae Yang mit breiter Brust ins Endspiel. Doch auch er hatte keine Antwort auf die außergewöhnliche Einheitenkontrolle Sunderhafts, der mit seiner Stalker-Disruptor-Komposition nahezu unbezwingbar wirkte. Eine Einheiten-Konstellation, die das höchste Maß an Multitasking und Feinarbeit abverlangt, insbesondere wenn die gegnerische Seite den gleichen Spielstil wählt. Der Endstand von 4:0 wirkte surreal, für Zuschauer kaum zu fassen. Besonders als der New Yorker in der sonst typischen Koreanermanier seine Trophäe hochhielt und zärtlich küsste.

Unterstützung von überall

Während den Matches fieberten Profis, Fans, Teams, Journalisten und auch Leute via Twitter mit, die StarCraft vor langer Zeit schon verließen. Denn sie wussten genau, was für ein Stellenwert ein solcher Sieg hat. „Das war inspirierend“, kommentierte der deutsche SC II-Profi Dario 'TLO' Wünsch. „'Neeb' ist so verdammt gut, dass es nicht mehr lustig ist. Das beste PvP auf der Welt“, schrieb der DreamHack Leipzig-Champion Théo 'PtitDrogo' Freydière. Unzählige solcher Nachrichten wanderten durch die sozialen Netzwerke.

Der frischgebackene Champion wirkte hingegen gefasst: „Ich bin überrascht, dass mein erster Turnier-Sieg gleich ein koreanischer ist“, gab sich der amerikanische Hoffnungsträger gewohnt wortkarg, zeigte sich aber dann doch noch angriffslustig: „Ich kann bei den WCS Grand Finals auf der BlizzCon jeden koreanischen Spieler besiegen.“

Vor 16 Jahren gewann das letzte Mal ein Foreigner einen großen Titel in Korea. Da war 'Neeb' gerade einmal zwei Jahre jung und Guillaume 'Grrrr...' Patry, der sich übrigens auch das Finale am Sonntag ansah, an der Stelle, die Sunderhaft nun einnimmt. Die Geschehnisse am Wochenende werden für Koreaner als große Schmach in die Geschichte eingehen, für die Foreigner jedoch als größte historische Errungenschaft.

Lars Becker