Wintersport

Hirscher tritt ab und hinterlässt eine Riesenlücke

Neureuther: "Wir verlieren einen ganz Großen des Sports"

Hirscher tritt ab und hinterlässt eine Riesenlücke

Wird seine großartige Karriere beenden: Marcel Hirscher.

Wird seine großartige Karriere beenden: Marcel Hirscher. imago images

Zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr, live im ORF und bei Servus TV, wird Hirscher das bekanntgeben, was nach der Ankündigung des Termins längst kein Geheimnis mehr ist. Vor über einem Monat hatte der 30-jährige Österreicher schon einen Medientag am 6. August abgesagt und damit die Spekulationen über ein Karriereende angeheizt.

Nach Größen wie Felix Neureuther, Aksel Lund Svindal oder Lindsey Vonn verliert der alpine Skisport seinen erfolgreichsten Star. In zwölf Jahren Weltcup gewann Hirscher unfassbare acht Mal die Gesamtwertung, fuhr mit gnadenloser Beständigkeit 67 Siege ein. Dazu kommen fünfmal Einzel-Gold bei der WM und zwei Olympiasiege. Mit den Triumphen 2018 in Pyeongchang legte Österreichs Jahrhundertskifahrer den Ruf des Unvollendeten ab.

In den folgenden Monaten aber verschoben sich Hirschers Prioritäten. Erst heiratete der Salzburger seine langjährige Freundin Laura, dann kam der erste Sohn des Paares zur Welt. "Das wahre Abenteuer startet genau jetzt", hatte der fünfmalige österreichische "Sportler des Jahres" (Rekord) damals geschrieben. Die Geburt habe ihm gezeigt, "dass Blau und Rot nicht das Wichtigste ist", sagte Hirscher später in Anspielung auf die Slalom-Stangen.

Neureuther "hätte damit nicht gerechnet"

Marcel Hirscher und Felix Neureuther

Kitzbühel Slalom 2013: Felix Neureuther (r.) landete hinter Sieger Marcel Hirscher. Getty Images

So ging es auch seinem einstigen Dauerrivalen und Freund Felix Neureuther ("Der Felix ist für mich wie ein großer Bruder"). Der 35-Jährige beendete seine Karriere im März, im Oktober 2017 war er Vater von Tochter Matilda geworden, Ehefrau Miriam erwartet im Winter das zweite Kind. "Ich habe bis zuletzt gehofft, dass der Marcel weitermacht", sagte Neureuther dem Spiegel, "mich überrascht das, ich hätte damit nicht gerechnet. In jedem Fall extrem bitter, damit verlieren wir einen ganz Großen des Sports."

Neureuther wird künftig den Experten geben, Svindal und Vonn widmen sich verschiedenen geschäftlichen Projekten. Und Hirscher? Dem Slalom-Spezialisten mit Motorenliebe wird mit Sicherheit nicht langweilig werden. Hirscher gehörte zu den Spitzensportlern, die ihre Meinung immer kundtaten. Die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2022 an Peking etwa kritisierte er scharf. Seine Meinung und Expertise dürften auch weiterhin gefragt sein - in welcher Funktion auch immer.

Wer kann Perfektionist Hirscher ersetzen?

Klar ist, dass Hirscher eine Riesenlücke hinterlässt im ÖSV-Team. Die Österreicher verlieren ihre Galionsfigur. "Jetzt muss sich ein anderer zum Leader entwickeln. Feller, Matt, Schwarz, Kriechmayr, Franz - es gibt genug Fahrer, die das draufhaben", sagte Andreas Puelacher, der sportliche Leiter der ÖSV-Herren, in der Tiroler Tageszeitung. Doch all den Kandidaten fehlt neben dem Star-Faktor vor allem die Konstanz. Puelacher: "Das ist der Knackpunkt an der Sache: Die Läufer müssen ihre Leistung konstant runterbringen."

Hirscher war eben ein ehrgeiziger Perfektionist. Aufgewachsen auf der Stuhlalm in den Salzburger Alpen, arbeitete er stets akribisch mit Papa Ferdl, der im Sommer Hüttenwirt und im Winter Skilehrer war. Wegen seines extrem engen Fahrstils seien seine Knie mit 14 sowieso hinüber, prophezeiten Kritiker. Doch die Hirschers ließen diese einfach reden. Mit 30 Jahren hat er alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Als einer der erfolgreichster Skirennläufer der Welt tritt Hirscher nun ab.

cfl/sid