Bundesliga

Grundsatzurteil im Fall Heinz Müller: Befristete Profifußballer-Verträge rechtmäßig

Ex-Keeper Heinz Müller unterliegt im Rechtsstreit mit Mainz 05

Grundsatzurteil: Befristete Profifußballer-Verträge rechtmäßig

Erschien erneut vor Gericht: Heinz Müller, hier mit Anwalt Horst Kletke am Dienstag in Erfurt.

Erschien erneut vor Gericht: Heinz Müller, hier mit Anwalt Horst Kletke am Dienstag in Erfurt. picture alliance

Der 1. FSV Mainz 05 hat vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt gegen Heinz Müller gewonnen. Der frühere Bundesligatorwart hatte gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages und auf Prämiennachzahlung geklagt. In beiden Punkten wies das BAG die Argumente des heute 39-Jährigen zurück. Damit ist die Befristung von Arbeitsverträgen im Profisport wirksam und es wird keine "Rentenkicker" geben.

Alles begann mit einer Bundesliga-Partie von Mainz 05 beim FC Augsburg im November 2013. Heinz Müller, zuvor angeschlagen, signalisierte in der Halbzeit, dass er ausgewechselt werden müsse, weil die Verletzung wieder aufgebrochen war. Thomas Tuchel, damals FSV-Trainer, tobte laut Beweisaufnahme der ersten Instanz, des Arbeitsgerichtes (ArbG) Mainz: "Das ist eine fucking Schande." In der Winterpause degradierte Tuchel Müller dann in die U 23.

Bundesliga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Bayern München Bayern München
44
2
RB Leipzig RB Leipzig
31
3
FC Schalke 04 FC Schalke 04
30

Müllers Anwalt zitiert Tuchel

Dessen Anwalt Horst Kletke zielte darauf ab, dass sein Mandant damit um eine faire Chance beraubt worden sei, die Verlängerungsoption in seinem Vertrag wahrzunehmen. Bei 23 Bundesliga-Einsätzen hätte sich das Arbeitspapier automatisch um ein Jahr bis 2015 ausgedehnt. "Das ist nicht auf Augenhöhe", argumentierte Kletke, "weil es einseitig vom Klub bzw. dem Trainer gesteuert werden kann." Tuchel habe vor dem ArbG gesagt: "Das Tischtuch war zerschnitten." Und weiter, so Kletke: "Es gab keine Chance mehr für ihn." Also Müller.

Dem stellte Dr. Johan-Michel Menke, der Mainz 05 erfolgreich vertrat, entgegen, dass der Trainer einer professionellen Fußballmannschaft Entscheidungsfreiheit brauche. Und überhaupt sei, so der Jurist der Hamburger Kanzlei Heuking/Kühn/Lüer/Wojtek, "zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses für den Klub nicht absehbar, wie sich das Arbeitsverhältnis entwickelt".

Müller stand von 2009 an in Diensten der Rheinhessen. Später verlängerten sie seinen Dreijahresvertrag bis 2014 - versehen eben mit der genannten Option. Müller war es ursprünglich um die Prämien aus der Saison 2013/14 (261.000 Euro gegangen) gegangen sowie das optionale Vertragsjahr. Den Streitwert hatte das ArbG auf 429.000 Euro taxiert.

Geht diese Freiheit dahin, dass er auch sagen kann: 'Egal was du machst, bei mir spielst du nicht mehr?' Das ist keine faire Chance.

Heinz Müllers Anwalt Horst Kletke

Die erste Instanz schmetterte diese Klage zwar ab, stellte aber die Befristung von Profiverträgen generell in Frage. Hier kommt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ins Spiel, das wiederholte Befristungen nur dann zulässt, wenn sie durch einen Sachgrund, etwa die Eigenart der Arbeitsleistung, gerechtfertigt sind. Im Profifußball beispielsweise der körperliche Verschleiß oder die Planungen eines Trainers. Kletke will diese Freiheit des Trainers in seinen Entscheidungen gar nicht einschneiden, bemerkte aber: "Geht diese Freiheit dahin, dass er auch sagen kann: 'Egal was du machst, bei mir spielst du nicht mehr?' Das ist keine faire Chance."

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hatte dem ArbG widersprochen, so kam der Fall vor das BAG. Menke sprach von einer Gesamtabwägung in der Entscheidung des LAG. Ein Punkt: das hohe Gehalt. "Der Fußball ermöglicht es seinen Spielern, für das gesamte Leben vorzusorgen." Auch während der begrenzten Zeit einer Profikarriere. Dieser Argumentation schloss sich das BAG an.

"Grundsatzentscheidung nicht nur für Mainz 05, sondern für den gesamten Profisport"

Es erkannte die Besonderheiten im kommerzialisierten Spitzenfußball an, der Höchstleistungen der Spieler voraussetze, die dieser nur für eine begrenze Zeit erbringen könne, so das BAG. Die Vorsitzende Richterin Edith Gräfl erklärte in ihrer Urteilsbegründung: "Dies ist eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet." Auch in der Verbannung in die U 23 sah das Gericht keine treuwidrige Vereitlung der Erfüllung dieser Voraussetzung. Hätte es hier anders entschieden, wären auf Mainz 05 Kompensationszahlungen zugekommen.

FSV-Aufsichtsrat Dr. Volker Baas sprach von einer "Grundsatzentscheidung nicht nur für Mainz 05, sondern für den gesamten Profisport. Wir sind ein Ausbildungsverein, eine gewisse Fluktuation im Kader ist nötig, um Talenten eine Chance zu geben." Auch Menke gab sich erfreut: "Ein Klub stünde dann vor unlösbaren Problemen. Kündigungen sind arbeitsrechtlich kaum möglich und im Übrigen verbandsrechtlich untersagt."

Aber gilt das Urteil auch für die 3. Liga oder Regionalliga?

Kletke findet es "positiv, dass diese seit Jahren drängende Frage nun entschieden wurde, wenn auch nicht in unserem Sinne". Dem schloss sich Ulf Baranowsky an: "Positiv an dem heutigen Urteil ist, dass nun Rechtssicherheit besteht und dem deutschen Fußball kurzfristig außerplanmäßige Abschreibungen in Millionenhohe sowie internationale Wettbewerbsnachteile erspart bleiben." Allerdings kritisierte der Geschäftsführer der Spielergewerkschaft VdV: "Klubs und Verbände sind ein hohes Risiko eingegangen, indem sie nicht schon vor dem Urteil eine tarifvertragliche Lösung gesucht haben." Die DFL sprach von einer Entscheidung "im Sinn und im Interesse des Wettbewerbs, der Klubs, der Fans und auch der Spieler, gerade auch im Hinblick auf andere diesbezügliche Verfahren".

Das Urteil betrifft zunächst die rund 1000 Lizenzspieler der 1. und 2. Bundesliga und ist wohl auch auf andere, professionelle Mannschaftssportarten übertragbar. Ob es beispielsweise auch für die 3. Liga oder die Regionalliga gilt, bleibe abzuwarten, sagte Kletke. "Da muss man auf die ausführliche Urteilsbegründung warten." Für Müller, dem es ursprünglich gar nicht um einen Rentenvertrag gegangen war, sondern lediglich um Prämien und ein weiteres Vertragsjahr, bedeutet das BAG-Urteil auch: Er muss nun auch für die Kosten des langwierigen Rechtsstreits aufkommen.

Benni Hofmann

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