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"Ich bin weder Hellseher noch deutscher Botschafter"

Sevilla: Interview mit Ex-Stuttgarter Andreas Hinkel

"Ich bin weder Hellseher noch deutscher Botschafter"

Andreas Hinkel (FC Sevilla) gewinnt den Zweikampf gegen Boltons Diouf.

Sevillas Neuzugang Andreas Hinkel luchst im Test gegen Bolton Gegenspieler Diouf den Ball ab. dpa

kicker: Buenos días, Herr Hinkel. Was macht Ihr Spanisch?

Andreas Hinkel (24): Noch nicht so viel, obwohl ich in Stuttgart noch schnell einen Crashkurs machte. Täglich sechs Stunden. Aber ich bin ja erst einige Wochen hier, und da waren wir viel unterwegs, spielten sogar ein Turnier in Japan.

kicker: Also noch nicht an die berühmte Siesta gewöhnt?

Hinkel: Doch, die hielt ich ja auch schon immer in Deutschland, wenn es ging. Hier sind gleich drei Stunden Siesta eingeplant. Wegen der Hitze. Aber die schlafe ich nicht.

kicker: Wie trainiert man da?

Hinkel: Wegen der Hitze sind wir in der Saisonvorbereitung regelrecht nach Huelva und Marbella geflüchtet. Und jetzt trainieren wir um 10 Uhr und abends um halb acht.

kicker: Wie lief die Eingewöhnung?

Hinkel: Reibungslos, meine Freundin hat den Umzug gemanagt, wir haben mittlerweile ein Haus gefunden. Sevilla ist wunderschön, auch wenn ich noch nicht so viel davon sah.

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kicker: Mit dem Ex-Schalker Poulsen ist ein weiterer Bundesliga-Spieler im Kader, ein Vorteil?

Hinkel: Wichtig ist seine fußballerische Qualität, doch anfangs war es natürlich o.k., einen Kollegen zu haben, der auch Deutsch versteht. Aber das kann ich auch mit Co-Trainer Antonio Alvarez sprechen, der in Deutschland aufwuchs.

kicker: Wie klappt die Kommunikation mit den Mitspielern denn?

Hinkel: Die meisten Spanier können nicht so gut Englisch. Doch mit meinem Zimmerkollegen, Abwehrspieler Pablo Ruiz, geht es. Und auch die Anweisungen von Trainer Ramos sind schon zu verstehen. Auf dem Platz kommt es auf die Sprache nicht so sehr an.

kicker: Am Freitag geht es gegen Barca um den Supercup. Ein letzter Test oder die erste Titelchance?

Hinkel: Für uns geht es klar um den Titel, auch wenn wir natürlich der Außenseiter sind. Aber solche Spiele haben ihren eigenen Charakter.

kicker: Zumindest etwas Nervosität vor dem Start in neuem Umfeld?

Hinkel: Bis jetzt noch keine, ich freue mich vielmehr auf diesen neuen Lebensabschnitt mit neuen Stadien, neuem, sehr technischem Spiel und neuen Gegnern. kicker: Viele fürchten schon jetzt eine erneute Dominanz Barcas. Wo bleibt da der FC Sevilla?

Hinkel: Wir wollen in die Champions League und auch den UEFA-Cup verteidigen.

kicker: Das sind hohe Ziele.

Hinkel: Sollte man immer haben.

kicker: Mit Sevilla spielen Sie jetzt international, der VfB nicht. Schadenfreude oder Genugtuung, nachdem man Sie dort etwas leichten Herzens ziehen ließ?

Hinkel: Weder noch. Der VfB ist mein Klub, ich werde im Herzen immer ein Stuttgarter bleiben.

"Der VfB ist mein Klub, ich werde im Herzen immer ein Stuttgarter bleiben."

Andreas Hinkel über den VfB Stuttgart

kicker: Wie groß ist die Hoffnung, sich in einer starken Liga wieder für die Nationalelf zu empfehlen? Hinkel: Eins nach dem anderen. Bei Sevilla herrscht ein großer Konkurrenzkampf, ich muss hier erst mal meinen Platz finden.

kicker: Rechts hat Sevilla mit Dani Alves einen starken Mann. Sehen Sie sich als Herausforderer?

Hinkel: Zuletzt spielten wir beide. Ich hinten, er im Mittelfeld. Wir haben viele gute Spieler, aber eben auch viele Spiele. Da wird auf Dauer jeder gebraucht.

kicker: Seit Bernd Schuster hinterließ kein deutscher Feldspieler in Spanien mehr bleibenden Eindruck. Schafft dies Andreas Hinkel?

Hinkel: Ich bin weder Hellseher noch Botschafter. Aber ich will den deutschen Fußball gut vertreten.

Interview: Jörg Wolfrum