Bundesliga

Ein Luftikus lernt leiden

Aachen: Youngster Dum gehört schon zu den Stützen

Ein Luftikus lernt leiden

Sascha Dum hat schon begeistert.

Für spritzige Auftritte ist Sascha Dum immer gut - auf dem Platz und manchmal auch daneben. imago

Es war so eine Situation, in der ein Fußballprofi nicht unbedingt seinem Trainer über den Weg laufen will. Samstagnacht, kurz nach halb eins, stand Sascha Dum (20) in der Leverkusener City unvermittelt Klaus Augenthaler (49) gegenüber. Der damalige Bayer-Coach erinnert sich noch gut: "Nach einem Sieg habe ich den Sascha erwischt - mit zwei Mädels im Arm." Prompt verdonnerte "Auge" seinen Schützling zum Straftraining im Kraftraum: "Ich habe ja gesehen, dass er was für die Oberarme tun muss..." Der Ärger des Vorgesetzten war freilich mehr gespielt, liegt doch die Sympathie für Lausbuben-Geschichten à la Ludwig Thoma gerade einem Bilderbuch-Bayern wie Augenthaler im Blut: "Ja, der Sascha war so ein Luftikus", schmunzelt der Fußballlehrer mit unüberhörbarer Anerkennung, "aber im positiven Sinn."

Das Urteil würden sie auch in Aachen unterschreiben, wo Dum seit Januar diesen Jahres bis Sommer 2007 als Leihspieler unter Vertrag steht. "Er muss darauf achten, neben seiner Leichtigkeit, die er unbedingt behalten soll, in den richtigen Momenten auch die nötige Ernsthaftigkeit zu finden", fordert Alemannias Sportdirektor Jörg Schmadtke (42). "Wobei er da schon sehr große Fortschritte macht." Nun, "wenn der Chef das so sagt", entgegnet Dum, "dann gebe ich ihm recht." Wobei das ausdrücklich auch auf die erwähnten Fortschritte zu beziehen sei. Anders wäre Dums rasanter Start in die Saison objektiv auch kaum erklärbar.

Dass der damalige Trainer Dieter Hecking (42) beim 0:3 in Leverkusen noch auf den athletischen Blondschopf verzichtete, erwies sich letztlich nicht als Unglück für Dum. Danach stand er in allen fünf Partien in der Startelf, bereicherte sein Scorerkonto um zwei Tore und einen Assist und zählt nach kicker-Noten (2,90) zu den Top Ten der Feldspieler. Grund genug für U-21-Trainer Dieter Eilts (41), ihn für die Play-offs gegen England zu nominieren. Herausragende Qualität des 85-Kilo-Mannes: Die wuchtige Dynamik, gepaart mit guter Ballführung, dank der er über die linke Seite den Gegner förmlich aufrollen kann, um in den Strafraum einzudringen oder von der Grundlinie zu flanken. "Unglaublich, wie man mit so einem Laufstil so beschleunigen kann", ulkt Schmadtke. "Geerbt" hat Dum die Schnelligkeit von Papa Manfred (45). Live im Stadion sah der Ex-Zweitliga-Profi (198 Spiele für Saarbrücken, Solingen und Freiburg) seinen Sprößling übrigens erst einmal, bei dessen Erstliga-Premiere im März 2005: Leverkusen spielte 3:3 gegen Hertha, Dum junior gegen Marcelinho - und war so hippelig, dass er zur Pause rausmusste. Seitdem ist Manfred Dum zu nervös, dem Sohn bei der Arbeit zuzuschauen, während dieser sich "nicht mehr so nen Kopf macht".

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Dass Dum sich nicht schon bei Bayer durchgesetzt hat, führt er selbst vor allem auf zweierlei zurück: Der Linksverteidiger-Job in Leverkusen habe ihm weniger gelegen als die Mittelfeldrolle in Aachen. Und: "Ich hatte zu viele Flausen im Kopf, war nicht professionell genug." Doch am Tivoli lernte der Luftikus zu leiden. "Richtig gequält" habe er sich im Sommer, schon vorm Trainingsstart gemeinsam mit Kumpel Jan Schlaudraff (23) im Urlaub auf Mallorca und bei Schlaudraffs Großeltern. "Gegenseitig in den Arsch getreten" habe sich das Duo, um mit drei Einheiten pro Tag die Basis zu legen, "zusammen eine gute Saison zu spielen". Was bisher bestens gelang. Wenn Dum und Schlaudraff "im Training ab und zu noch herumblödeln", weiß Coach Michael Frontzeck (42) das einzuschätzen. Böse Absichten lassen sich einem wie Dum eh nie unterstellen. Auch nicht in jener Nacht in Leverkusen: "Eine Freundin hatte Geburtstag, wir waren im Kino in der Spätvorstellung", sagt er "die beiden Mädels habe ich nur noch sicher zum Auto gebracht." Bezogen auf die Tücken des Profi-Geschäfts urteilt Schmadtke übrigens: "Manchmal ist der Sascha einfach noch ein bisschen zu nett."

Thiemo Müller