2. Bundesliga

"Aufstieg? Vermessen!"

1860 München: kicker-Interview mit Manager Stefan Reuter

"Aufstieg? Vermessen!"

1860-Manager Stefan Reuter

Muss nun beweisen, dass er der richtige Mann am richtigen Ort ist: Manager Stefan Reuter. imago

kicker: Seit Januar sind Sie als "Löwen"-Manager im Amt, eine erste Bilanz wollten Sie erst nach der Saison ziehen. Wie fällt Sie nun aus, Herr Reuter?

Stefan Reuter (39): Sportlich lief es enttäuschend, wir haben eine schlechte Rückrunde gespielt.

kicker: Woran lag das?

Reuter: Wir befanden uns in einer Wahnsinns-Situation. Lange sprachen alle vom Aufstieg, auf einmal ging es um den Klassenerhalt. Vom Kopf her war es unheimlich schwierig, damit fertig zu werden.

kicker: Eine funktionierende Mannschaft sollte damit klarkommen.

Reuter: Zugegeben, bei uns fehlte eine vernünftige Hackordnung, es stand oft keine Einheit auf dem Platz.

kicker: Wenn sich das ändern soll, müssen Veränderungen im Kader her. Aufgrund der finanziellen Situation sind Ihnen aber die Hände gebunden. Eigentlich eine tolle Chance für einen jungen Manager, sich zu bewähren.

Reuter: Auf jeden Fall, die Aufgabe macht so oder so Spaß, weil der TSV München 1860 ein unheimlich reizvoller Verein ist. Das sehen Sie doch allein schon am enormen Zuschauerzuspruch.

kicker: Und der Umbruch in der Mannschaft? Wie soll dieser konkret gelingen?

Reuter: Mit Gregg Berhalter, Danny Schwarz und Markus Thorandt haben wir bislang immerhin drei Neuzugänge, die in ihren alten Klubs eine wichtige Rolle gespielt haben. Schwarz und Berhalter waren Kapitäne, sie sollen bei uns eine Führungsrolle übernehmen und erfolgsorientiert auftreten.

kicker: Wen holen Sie außerdem noch?

Reuter: Wir müssen schauen, was machbar ist. Die Zeit des unkalkulierbaren Risikos ist bei 1860 vorbei. Im Sturm und der Innenverteidigung sind wir zu dünn besetzt, weil wir die dort ausgelaufenen Verträge nicht verlängern konnten. Ansonsten ist die Jugend unsere Chance, wir müssen die Nachwuchsarbeit weiter intensivieren.

kicker: Wie weit wollen Sie diesen Weg gehen?

Reuter: Wir ziehen unseren Nachwuchs konsequent hoch. Nach derzeitigem Stand haben wir einen Kader von 23 Spielern, davon haben Ledgerwood, Johnson, Ziegenbein, Janker und Pentke vor kurzem noch bei den Amateuren gespielt.

kicker: Von einer kurzfristigen Rückkehr in die Erste Bundesliga können Sie sich damit also verabschieden?

Reuter: Es wäre vermessen, den Aufstieg als Ziel auszurufen. Wir stehen vor einem Konsolidierungsjahr, ein Platz im sicheren Mittelfeld ist realistisch. Wir müssen schauen, dass wir sportlich wie finanziell auf soliden Füßen stehen.

kicker: Zuletzt entstand der Eindruck, die Zeit der Querelen in der Vereinsführung und dem Umfeld ist vorbei. Wie kommts?

Reuter: Durch klare Strukturen. Wir haben einen Ausschuss gegründet, der eine neue Satzung ausarbeiten soll. Ziel ist eine starke Geschäftsführung mit einem Aufsichtsrat, der seinem Namen auch gerecht wird, indem er beaufsichtigt und Ratschläge erteilt.

kicker: Zur starken Geschäftsführung gehört neben Ihnen Stefan Ziffzer, der über die Finanzen wacht und den Verein sanieren soll.

Reuter: Mit ihm ist ein erfahrener Mann da, mit dem es Spaß macht zu diskutieren. Wir beide präsentieren den Verein nach außen.

kicker: Diskutieren Sie auch mit Trainer Walter Schachner gern, der in Teilen der Mannschaft nicht unumstritten ist?

Reuter: Ich bin überzeugt, dass Walter Schachner ganz anders beurteilt wird, wenn er die Möglichkeit hat, die gesamte Vorbereitung auf die neue Saison mit der Mannschaft zu absolvieren.

kicker: Und Sie als Manager? Bei Amtsantritt sagten Sie im kicker, 1860 München solle Ihr Lebenswerk werden. Gilt diese Aussage auch nach dem ersten, turbulenten Halbjahr noch?

Reuter: Auf alle Fälle, ich sehe hier gute Perspektiven.

kicker: Gab es auch negative Äußerungen von 1860-Fans, weil Sie früher beim FC Bayern gespielt haben?

Reuter: Nein, ich bin hier sensationell aufgenommen worden. Vielleicht auch, weil meine Zeit bei den Bayern 15 Jahre zurück liegt. Ich glaube, die Leute nehmen mir ab, dass ich mich hundertprozentig mit dieser Aufgabe identifiziere.

kicker: Das heißt, Sie sind mittlerweile ein "Blauer" mit Leib und Seele?

Reuter: Ja, ganz genau.

kicker: Was muss passieren, damit Sie in einem Jahr mit der Entwicklung des Vereins zufrieden sind?

Reuter: Die Fans sollen erkennen, dass sich die Mannschaft geschlossen präsentiert, einen absoluten Siegeswillen zeigt. Ganz klar, eine andere Mentalität muss her, dann ist es auch nicht so schlimm, wenn mal ein Spiel verloren wird.

Interview: Frank Linkesch