Bundesliga

Fußball-Fans würden Coming Out von aktiven Profis unterstützen

"Sexuelle und geschlechtliche Orientierung ist egal"

Fußball-Fans würden Coming Out von aktiven Profis unterstützen

Viele Fans würden bei einem Coming Out hinter den Spielern stehen.

Viele Fans würden bei einem Coming Out hinter den Spielern stehen. imago images/ActionPictures

Ein Zusammenschluss aktiver Fußballfans hat sich in einem offenen Brief an Profifußballer gewandt. Zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit erklären die Anhänger als Bündnis "AnEurerSeite", dass ihnen "die sexuelle und geschlechtliche Orientierung von aktiven Profifußballern egal" sei und wollen damit zum Ausdruck bringen, dass ein Profi bei einem Coming Out die Unterstützung des Großteils der deutschen Kurve hätte. Zugleich sei es ihnen "überhaupt nicht egal, dass im Männerfußball offenbar immer noch kein Klima vorherrscht, das es Profifußballern aktuell ermöglicht, ihre geschlechtliche und/oder sexuelle Orientierung offen zu leben".

Der Brief sei aber ausdrücklich keine Aufforderung zum Coming Out. "Das wäre anmaßend und stimmt nicht mit unserem Anliegen überein. Wir setzen uns auf den Rängen für einen Fußball für Alle ein und sehen es in unserer Verantwortung, dies auch für den Platz zu tun." Dario Minden von der Fanorganisation Unsere Kurve ergänzt: „Wir wollen durch den offenen Brief niemand zu einem Coming Out drängen. Wir wissen, dass ein Coming Out eine weitreichende und vor allem persönliche Entscheidung ist, vor der wir höchsten Respekt haben. Auch davor, dass aktuell eine solche Entscheidung leider nicht in jeder Lebenslage die beste Entscheidung darstellt.”

Auch im Fußball soll niemand wegen seiner geschlechtlichen oder sexuellen Identität Angst vor Ausgrenzung haben müssen.

Dario Minden von der Fanorganisation Unsere Kurve

Es sei den organisierten Anhängern aber wichtig zu zeigen, "wie zahlreich die Fans sind, die sich für einen Fußball für Alle einsetzen. Auch im Fußball soll niemand wegen seiner geschlechtlichen oder sexuellen Identität Angst vor Ausgrenzung haben müssen. Das ist unsere gemeinsame Botschaft." Sven Kistner als Sprecher des Fanclub-Dachverbands der Queer Football Fanclubs (QFF) sagt: „Wir zeigen mit dem offenen Brief, dass wir als Fans jede Person, die sich zu einem Coming Out entscheidet, in unseren Stadien unterstützen werden. Dabei spielt es für uns keine Rolle, welches Trikot die Spielerinnen und Spieler tragen.”

Die breite Unterstützung kommt auch anlässlich eines vor einigen Monaten angedeuteten Gruppen-Coming-outs deutscher Profi-Fußballer am Freitag, auch wenn der Initiator inzwischen deutlich vorsichtiger klingt.

Der offene Brief im Wortlaut:

„Liebe Profifußballer,

einige von Euch lieben Männer. Ihr wisst das, wir wissen das. Nur in die Öffentlichkeit treten, das wollte oder konnte bislang noch kein aktiver Spieler im deutschen Profifußball der Männer. Immer wieder wird öffentlich über ein solches Coming Out spekuliert. Und darüber, wie Fußballfans reagieren würden. Wir wissen nicht, wann es zu einem Coming Out kommt. Das letzte, was wir wollen, ist diesbezüglich Druck aufbauen. Was wir aber wissen ist, dass viele Fußballfans weiter sind, als es immer wieder in der Öffentlichkeit dargestellt wird.

Deshalb haben wir allen Fußballern, die über ein Coming-Out nachdenken, das Folgende zu sagen:

Erstens: Es ist uns egal, …

wen Ihr liebt, mit wem Ihr eine Familie gründen wollt oder mit wem Ihr die Nächte verbringt. Das sind die lästigen Themen der Klatschpresse. In einer idealen Welt schert sich kein Mensch darum.

Zweitens: Es ist uns nicht egal, …

mit welchen Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten Ihr leben müsst. Es ist uns nicht egal, wie viele Menschen unter innerer Isolation und psychischer Belastung zu leiden haben, weil in der Profi-Männerfußball-Blase immer noch das tabuisiert wird, was in anderen Lebensbereichen längst Normalität ist. Nämlich, dass viele Menschen einfach schwul, lesbisch, trans, inter, bi- oder asexuell, kurz: queer sind.

Um diese Normalität endlich auch im gesamten Fußball Realität werden zu lassen, braucht es Mut - und Zeit. Ihr allein entscheidet über das Wann und Wo Eurer Coming Outs. Aber wenn es so weit ist, sind wir da. Wir werden Euren Mut anerkennen und Euch unterstützen. Wir können Euch leider nicht versprechen, dass alle homofeindlichen und diskriminierenden Äußerungen schlagartig aus den Stadien verschwinden. Aber wir versprechen Euch: Wir werden weder jetzt noch dann schweigen. Denn uns alle eint ein starkes Band: die Liebe zum Fußball.

Wir stehen an Eurer Seite.“

Patrick Kleinmann