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Fußball Botschafter: Preisträger Gert Engels im Porträt

In Japan eine neue Heimat gefunden

Fußball Botschafter: Preisträger Gert Engels im Porträt

Gibt aktuell Lukas Podolski Trainingsanweisungen: Gert Engels.

Gibt aktuell Lukas Podolski Trainingsanweisungen: Gert Engels. imago

Da kam dem heute 61-jährigen Engels selbst das entfernte Japan gelegen. "Auch wenn es weit weg und für uns in Europa relativ fremd war, hat mich das irgendwie gereizt", schildert der gebürtige Dürener, der von 1975 bis 1978 im Kader von Borussia Mönchengladbach stand, wo er 1976 und 1977 zwar Deutscher Meister wurde – allerdings ohne Einsatz blieb. Danach setzte der Mittelfeldspieler seine Karriere in Baesweiler und in Düren fort.

1990 ging's dann nach Japan. "Abenteuerlust gehört schon dazu", gesteht Engels den Schritt in eine neue, fremde Welt. Der Sprache näherte sich Engels durch die Arbeit mit Kindern, die Schrift kann der Dürener größtenteils lesen, aber "das Schreiben geht kaum". Seine japanischen Anfänge hatte Engels in der Präfektur Ibaraki, beim Prima Aseno FC, der später zu Mito HollyHock wurde. "Dort in der Provinz musste ich mich mit der Sprache beschäftigen, weil ich keinen Dolmetscher hatte", erinnert er sich, "zu der Zeit hatte ich immer ein Wörterbuch bei mir. Die ersten zwei Jahre waren schon spannend!"

1992 machte Gert Engels dann seinen Fußball-Lehrer in Deutschland. Mit Beginn der J-League 1993 wechselte der Deutsche dann in den Trainerstab der Yokohama Flügels. Die Vertreter des Klubs hatte er in Deutschland kennengelernt, weil sie damals in Deutschland nach Spielern gesucht hatten, letztlich wurden sie aber nicht fündig und verpflichteten Brasilianer. Aber der Kontakt war da, und der wurde gehalten. "Als sie mich kontaktierten, war ich Feuer und Flamme. Ich habe damals das erste Spiel in der neuen Liga miterlebt. Yokohama gegen Verdi Kawasaki, das waren zwei bekannte Traditionsmannschaften in Japan. Ich war vom ersten Tag der neuen Liga an dabei."

Cheftrainer in der J-League

Später folgten weitere J-League-Stationen bei JEF United Ichihara und Kyoto Purple Sanga. Dann aber schon als Cheftrainer. In Kyoto holte Engels 2002 gar den prestigeträchtigen Kaiserpokal. Es war auch das Jahr, in dem Japan gemeinsam mit Südkorea die Weltmeisterschaft ausrichtete – mit Engels als TV-Analyst, weil er inzwischen fast fließend Japanisch parlierte! Ab 2004 arbeitete Engels dann bei den Urawa Red Diamonds, zunächst als Co-Trainer unter Guido Buchwald und Holger Osieck, 2008 dann auch als Cheftrainer.

Nationaltrainer bei Mozambik

Eigentlich war Engels immer auf Japan fixiert. Auch weil die Familie sich dort wohlfühlte. Und dennoch zog es ihn 2011 in eine ganz andere Region, auch weil es in Japan gerade keine Angebote gab. Mosambik im Süden des afrikanischen Kontinents. "Es war die Nationalmannschaft, was ich zuvor nie gemacht hatte. Und das war schon spannend, weil die Organisation nicht so war, wie wir Deutschen und auch die Japaner es gewohnt sind. Aber dennoch eine tolle Sache, da kam ja auch das Land mit Sonne und Strand dazu. Ein interessantes Land."

Gert Engels als Nationaltrainer von Mosambik.

Gert Engels als Nationaltrainer von Mosambik. imago

Engels trainiert jetzt Podolski

Einen anderen Job trat Gert Engels dann erst gar nicht an. Den an der Fußball-Akademie in Palästina. Es war eine Sache des DFB, des DOSB und des Auswärtigen Amtes – schlussendlich scheiterte das Engagement am Veto Israels. Stattdessen gab's die "Rückkehr in die Heimat", wie Engels es formuliert, nach Japan. Als Assistenztrainer bei Vissel Kobe. Vissels Cheftrainer Takayuki Yoshida kannte Engels als Trainer aus der Takegawa Dai Ni High School in Akashi in der Nähe Kobes. Yoshida war dort Spieler. Der Kontakt zu ihm war nie abgerissen. Und inzwischen gibt Gert Engels einem gewissen Lukas Podolski Trainingsanweisungen. "Wie allen anderen auch", schmunzelt Engels, "ein schöner Zufall, dass man noch mal mit einem Weltmeister zusammenkommt und arbeiten darf. Zudem haben wir einen ähnlichen Dialekt."

Ein schöner Zufall, dass man noch mal mit einem Weltmeister zusammenkommt und arbeiten darf.

Gert Engels

Um aber sein Japanisch nicht zu verlernen, hat Gert Engels in seiner Dürener Fußballschule Soccerlife, die er 2009 gegründet hat, immer japanische Jungs dabei. Am Anfang nur zwei bis drei, später auch mehr, die bis zu drei Monate in Düren bleiben. Egal ob in Düren oder jetzt auch Kobe – Engels gibt die Dinge, die ihn in Deutschland geprägt haben, überall weiter. "Immer geht's darum, dass man im Ausland klarkommt, dass man miteinander kommunizieren kann, dass man Werte wie Disziplin vermittelt. Auch wenn die Japaner disziplinierter sind als wir. Aber dafür muss man ihnen Professionalismus und mentale Stärke beibringen", plaudert Engels, "während in Mosambik eben die Uhren anders gehen..."

Gert Engels sieht sich dennoch als "Sonderfall": Während andere Trainer Japan nach ihren Engagements wieder verlassen haben, bleibt Engels dem Land in Fernost immer verbunden. "Ich habe immer wieder gesagt: Tokio und Japan sind mir näher als Hamburg!", stellt Engels trocken fest.

Hardy Hasselbruch