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Fußball Botschafter: Kandidat Theo Bücker im Portrait

In der arabischen Welt hin- und hergependelt

Fußball Botschafter: Kandidat Theo Bücker im Portrait

"Für mich ist Fußball alles, auch heute noch": Theo Bücker.

"Für mich ist Fußball alles, auch heute noch": Theo Bücker. imago

Sein Schlüsselerlebnis, Deutschland den Rücken zu kehren, hatte Trainer Theo Bücker (69), als er in der Saison 1999/2000 beim SV Meppen im Emsland arbeitete. "Die Stadt, der Verein - alles gut", erinnert sich Bücker, "aber die Spieler hatten damals in der Liga nicht die professionelle Einstellung. Ich wollte immer gewinnen. Und im Winter waren die Trainingsplätze morastig und tief. Da hatte man nach fünf Minuten nasse, kalte Füße. Das war kein Vergnügen für mich."

Die Konsequenz: zurück in die Wärme Arabiens! Dort, wo es keinen Schnee, keinen Matsch und keine Nässe gibt, die kalte Füße verursachen. Den Weg dorthin hatte einst kein Geringerer als der große Trainer Dettmar Cramer geebnet. "Er war mein Ziehvater", schildert Bücker nicht ohne Stolz, "unter ihm habe ich in meiner Profizeit bei Al Ittihad in Saudi-Arabien quasi eine dreijährige Schulung erhalten. Er war für mich der beste Fußball-Lehrer überhaupt. Leider mussten dann 1981 alle Ausländer gehen, weil die Saudis damals die WM-Qualifikation für die WM in Spanien verpasst hatten." Bücker ging zurück zu Schalke 04, nachdem er zuvor über Jahre bei Borussia Dortmund und beim MSV Duisburg in der Bundesliga gespielt hatte.

Er war für mich der beste Fußball-Lehrer überhaupt.

Theo Bücker über Dettmar Cramer

Aber 1985 nahm er dann wieder seinen ersten Trainerjob in Saudi-Arabien an, bei Al Qadsia in Dammam. Von 1986 bis 1992 war er wieder bei seinem Ex-Klub Al Ittihad. Dann folgten auf Vermittlung eines ägyptischen Freundes drei Jahre in Alexandria, ebenfalls bei Al Ittihad. Von dort aus zog er für drei Jahre nach Kuwait weiter, zu Al-Kazma. Im Prinzip hatte Bücker diese ganze Entwicklung Cramer zu verdanken, der den ehemals torgefährlichen wie laufstarken Mittelfeldspieler zweimal für den FC Bayern verpflichten wollte. Als dies aus unterschiedlichen Gründen nicht klappte, erinnerte sich Cramer an den Mittelfeldspieler, als er in Saudi-Arabien anheuerte. "Pass auf, hatte Cramer damals gesagt", so erinnert sich Bücker, "ich mache aus dir jetzt einen richtigen Trainer. Dass ich dann aber doch noch als Spieler bei Al Ittihad gebraucht wurde, hing damit zusammen, dass ich auch bei 50 Grad läuferisch nie ermüdete."

Nationaltrainer beim Libanon

Nach dem Abstecher ins emsländische Meppen aber ging’s dann flugs wieder in die Wärme. Bis 2001 zu Al Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es folgte der Libanon – als Nationaltrainer! "Leider nur für ein Jahr", bedauert Bücker, "weil der Verband wegen Unregelmäßigkeiten aus der FIFA ausgeschlossen wurde." Weiter ging’s nach Ägypten. Ismaily. Und, und, und.

Theo Bücker pendelte in der arabischen Welt. Hin und her. Zwischen Saudi-Arabien und Ägypten, zwischen dem Libanon und Libyen, zwischen den Emiraten und Kuwait - der deutsche Trainer war in der arabischen Fußballwelt immer ein sehr gefragter Mann. Nur gut, dass Bückers Frau den Lebenslauf des Trainers ab und zu auf Stand bringt, wenn wieder mal neue Anfragen kommen. Der aktuelle endet derzeit im Jahr 2014 - er bedarf wieder einmal einer Aktualisierung. Das rastlose Trainerleben fordert seinen Tribut...

Bücker auch in Doppelfunktion tätig

Theo Bücker als Trainer des Libanon.

Theo Bücker als Trainer des Libanon. imago

Selbst in Doppelfunktion war Bücker tätig. Vereinstrainer beim Topklub Al Ahed und gleichzeitig Nationaltrainer im Libanon. "Kein Problem, weil einige Funktionäre des Klubs auch im Verband tätig waren. Doch das Kapitel war dann wieder beendet, als ein paar Idioten Spiele der Nationalmannschaft verkauft hatten - dabei waren wir auf einem aussichtsreichen Weg, uns für die WM 2014 in Brasilien zu qualifizieren. Da habe ich schnell das Stoppschild gesetzt: Nicht mit mir!", erinnert sich Bücker an weniger schöne Momente seiner Karriere – andere Länder, andere Sitten...

Und dennoch: "Es gibt in der arabischen Welt niemanden, der hier länger im Fußball gearbeitet hat als ich", versichert Theo Bücker mit berechtigtem Stolz, "inzwischen lebe ich ja länger hier als in Deutschland. Inzwischen kenne ich mich hier besser aus, als in der eigenen Westentasche. Ich habe ja hier überall trainiert - nur Katar fehlt noch in der langen Liste. Aber das hat auch seinen Grund: Die arbeiten mit allen Tricks, und es ist sehr schwer, an die Kohle zu kommen."

Es gibt in der arabischen Welt niemand, der hier länger im Fußball gearbeitet hat, als ich.

Theo Bücker.

Seine Beweggründe für ein permanentes Leben in Arabien? "In erster Linie bin ich ein besessener Fußballer", sagt er, "für mich ist Fußball alles, auch heute noch. Für mich war es eine große Herausforderung, als ich erstmals nach Saudi-Arabien ging. Die Herausforderung, bei der katastrophalen Hitze den täglichen Gewichtsverlust auszugleichen. Aber ich bin ja nicht von dieser Welt. Ich esse kein Fleisch, trinke keine Milch, ich bin ein überzeugter Makrobiotiker. Da auch meine viel, viel jüngere Frau Marathon läuft, machen wir jeden Abend Läufe von sechs bis zehn Kilometern." Kein Wunder, das Theo Bücker im Vergleich zu seiner aktiven Karriere keine Gewichtsunterschiede kennt. "Bestenfalls kleine Differenzen von 200 oder 300 Gramm", grinst er.

Bücker fühlt sich in Beirut wohl

Beirut jedenfalls will Bücker nie wieder verlassen. "An mindestens 330 Tagen im Jahr scheint hier die Sonne, blauer Himmel und Wärme", sagt Bücker, "es gibt überhaupt keinen Grund, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Wir haben hier ein tolles Haus auf den Klippen mit Blick auf 40 Kilometer Strand rechts und links - was soll ich da im Sauerland?"

Als Botschafter des deutschen Fußballs fühlt Bücker sich aber immer noch. "Ich habe hier ja eine Akademie mit 1200 Kindern. Unser Partnerklub ist Olympique Lyon, aber wenn mir hier einer erzählen will, dass das Jonglieren mit dem Ball ein wichtiges Auswahlkriterium sei, dann pfeife ich ihn zurück. Das geht in Deutschland anders. Und warum sind denn Bayern München und die deutsche Nationalmannschaft so erfolgreich? Deutsche Gründlichkeit und Disziplin zählen unheimlich viel und werden auch anerkannt!"

Hardy Hasselbruch