3. Liga

Fünf vor 12: 1. FC Kaiserslautern fehlen zwölf Millionen Euro

Jahreshauptversammlung offenbart Missstände

Fünf vor 12: FCK fehlen zwölf Millionen Euro

Samstag Ligaspiel, Sonntag JHV: Das dritte Adventswochenende hatte es für den 1. FC Kaiserslautern in sich.

Samstag Ligaspiel, Sonntag JHV: Das dritte Adventswochenende hatte es für den 1. FC Kaiserslautern in sich. imago

Michael Klatt, der Geschäftsführer Finanzen, ist um seinen Job beim viermaligen Deutschen Meister derzeit kaum zu beneiden. Schon im vergangenen Jahr kämpfte er bis zum Schluss, um die Lizenz für die aktuelle Saison zu sichern. Nun steht er vor einer Aufgabe weitaus größeren Ausmaßes. Wie der kicker bereits am Donnerstag berichtete, fehlen rund fünf Millionen Euro liquide Mittel, zudem steht im Sommer die Fan-Anleihe mit einem Volumen von 6,7 Millionen Euro zur Rückzahlung an. Macht zusammen knapp zwölf Millionen Euro die schnellstmöglich aufgebracht werden müssen. "Aufgeben wäre ein schlechter Rat. Wir müssen Ruhe bewahren und zusammenhalten. Das kann der Lösungsweg sein", gab sich Klatt kämpferisch.

Zwar würde ein Wiederaufstieg die existenzbedrohende Lage dank der deutlich höheren Einnahmen deeskalieren, doch angesichts der 13 Zähler Rückstand zu den Aufstiegsplätzen kann dies derzeit keine realistische Option sein. Weil aber auch das Einsammeln von Investorengeldern in der benötigten Höhe in der Kürze der Zeit kaum möglich ist, muss wohl eine Zwischenfinanzierung herhalten - auch, um nicht unter Druck einem dubiosen Investor zum Opfer zu fallen.

3. Liga - 19. Spieltag
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3. Liga - Tabelle
Pl. Verein Punkte
1
Karlsruher SC Karlsruher SC
38
2
VfL Osnabrück VfL Osnabrück
38
3
KFC Uerdingen 05 KFC Uerdingen 05
37
1. FC Kaiserslautern - Vereinsdaten
1. FC Kaiserslautern

Gründungsdatum

02.06.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

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Trainersteckbrief Hildmann
Hildmann

Hildmann Sascha

Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Beim Verbleib in der 3. Liga müssen weitere drastische Sparmaßnahmen getroffen werden.

FCK-Aufsichtsratsvorsitzender Patrick Banf

Als Ausgabewert der FCK-Aktie wurden 32 Euro pro Stück festgelegt. Sponsoren, die mehr als 100.000 Euro investieren wollen, können dies auch ab sofort tun. Wie dringend das Geld benötigt wird, wurde spätestens dann klar, als bekannt wurde, dass die Erstzeichner bis Februar 2019 einen Nachlass in Höhe von zehn Prozent erhalten. "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Beim Verbleib in der 3. Liga müssen weitere drastische Sparmaßnahmen getroffen werden", kündigte der Aufsichtsratsvorsitzende Patrick Banf an. "Der Verein hat über Jahre auf zu großem Fuß gelebt und sportlich auf die falschen Pferde gesetzt", ließ sich Banf auch eine Spitze gegen seine Vorgänger nicht nehmen.

Dabei kann die Aufnahme weiteren Fremdkapitals nur als Notlösung herhalten. Schon jetzt belasten Verbindlichkeiten in Höhe von fast 17 Millionen Euro die Bilanz zum Stichtag am 30. Juni 2018. Das Zweitliga-Abstiegsjahr wurde bei einem Umsatz von 36,11 Millionen Euro (minus sieben Prozent) mit einem Fehlbetrag von 931.000 Euro abgeschlossen. Für das laufende Geschäftsjahr wird in der Kapitalgesellschaft (GmbH & Co. KGaA), in der die Profiabteilung seit der Ausgliederung im September 2018 organisiert ist, mit einem weiteren Umsatzrückgang von 60 Prozent sowie einem Verlust von mehr als fünf Millionen Euro gerechnet. In einem weiteren Drittliga-Jahr würde angesichts des strukturellen Defizits ein ähnliches Minus erwirtschaftet werden. Insbesondere die teure WM-Arena macht den Verantwortlichen weiter zu schaffen, auch weil die Reparaturkosten für das nicht mehr taufrische Fritz-Walter-Stadion jährlich steigen.

Rainer Keßler: Kurioser Rücktritt vom Rücktritt

Eine Jahreshauptversammlung in Kaiserslautern würde ihrem berüchtigten Ruf aber nicht gerecht werden, wenn es nicht zumindest einen kleinen Eklat gegeben hätte. Dieses Jahr sorgte Rainer Keßler, Vorsitzender des Stammvereins, für die Posse des Sonntagmittags. Weil dem erst seit September im Amt stehenden Keßler, der sich selbst als Bindeglied zwischen dem Verein und der Kapitalgesellschaft sieht, von der Geschäftsführung der Einblick in Unterlagen zur Investorensuche verweigert wurde, wollte der Unternehmer von seinem Posten zurücktreten. Dabei handelten die Verantwortlichen der Kapitalgesellschaft nach ihrem guten Recht.

Offenbar ereilte ihn während der Versammlung aber einen Sinneswandel: Um den Verein "nicht im Stich zu lassen", nahm er Abstand davon, seinen Rücktritt zu vollziehen. Angesichts des aus seiner Sicht fehlenden Vertrauen zur Geschäftsführung aber wohl nur ein aufgeschobener Schritt. Die Frage, warum er den Rückzug vom geplanten Rücktritt überhaupt öffentlich machte, bleibt im Raum stehen. Die zuvor von Klatt, Banf und Martin Bader heraufbeschworene Einigkeit und Geschlossenheit verlor jedenfalls an Glaubwürdigkeit. Zumindest hätte er seine Kollegen im Aufsichtsrat und der Geschäftsführung über seinen neuen Plan informieren können. Diese gingen nämlich von seinem Rücktritt aus und waren sichtbar verdutzt angesichts des Rückziehers.

Bis auf diese Szene und die häufig wenig konstruktive Aussprache mit den Vereinsmitgliedern blieb es in der Fanhalle des Fritz-Walter-Stadions aber erstaunlich ruhig und reibungslos. Was durchaus auch an dem dichten Schneetreiben und der damit verbundenen erschwerten Anreise zusammenhing. Weniger als 500 der 18.088 Mitglieder waren anwesend.

Von der Qualität des Kaders sind wir absolut überzeugt. Die Rückrunde muss mit Feuer versehen sein.

Martin Bader

Diese verzichteten auch darauf, den zum Teil nicht mehr im Amt befindlichen Personen aus Vorstand und Aufsichtsrat des letzten Geschäftsjahres einen Denkzettel in Form einer Nichtentlastung mitzugeben. Das hat in den letzten Jahren auf der traditionell emotionalen Versammlung auch schon anders ausgesehen und größere Kontroversen hervorgerufen. So wurden die Vorstände Michael Klatt, Martin Bader, Thomas Gries (bis 01/2018) und Jürgen Kind (kommissarisch in 01/18) mit 81,7 Prozent der Stimmen entlastet. Weil im Dezember 2017 eine Aufsichtsratswahl anstand, mussten in diesem Gremium sogar zehn Personen für das Geschäftsjahr 2017/18 entlastet werden. Ob eine solche nicht differenzierte Abstimmung Sinn ergibt, steht auf einem anderen Blatt. Das Kontrollgremium wurde mit einer Zustimmung von 78,2 Prozent der Stimmen entlastet.

Nächste Woche: Rückrundenstart gegen TSV 1860 München

Auch wenn es wohl jedem anwesenden bewusst war, machte Sportchef Martin Bader deutlich, nicht mit der sportlichen Situation zufrieden zu sein. Der 50-Jährige verteidigte trotz der Kritik einiger Mitglieder erneut das lange Festhalten an Trainer Michael Frontzeck. Die Mannschaft und den neuen Trainer Sascha Hildmann nahm er in die Pflicht: "Von der Qualität des Kaders sind wir absolut überzeugt. Die Rückrunde muss mit Feuer versehen sein." Doch auch mit einem Sieg zum Rückrundenauftakt bei 1860 München am Samstag würde sich die Ausgangssituation vor der Winterpause nicht maßgeblich verbessern. Aber wie die Erwartungserhaltung, sind auch die Ziele in der Pfalz traditionell hoch.

Moritz Kreilinger