Bundesliga

Die kuriose Saison des MSV Duisburg 1977/78: Eine Saison, fünf Trainer

Die kuriose Saison des MSV Duisburg 1977/78

Fünf Trainer in einer Saison: Die Geschichte von Schalkes einzigem Vorgänger

Da deutete noch nichts auf eine turbulente Saison hin: MSV-Trainer Otto Knefler mit seinen Neuzugängen im Juli 1977.

Da deutete noch nichts auf eine turbulente Saison hin: MSV-Trainer Otto Knefler mit seinen Neuzugängen im Juli 1977. imago images

Man nannte ihn den "Eisernen Otto", doch das war selbst für ihn zu viel. Otto Knefler musste sich im Sommer 1977 zweimal am Magen operieren lassen und setzte damit unfreiwillig eine Bundesliga-Saison in Gang, die einzigartig war - bis Schalke knapp 44 Jahre später Trainer Christian Gross entließ.

Bislang hatte nur der MSV Duisburg eine Bundesliga-Saison erlebt, in der fünf unterschiedliche Trainer am Werk waren, der fünfte bereits am letzten Spieltag der Hinrunde. Und doch war damals, 1977/78, ungefähr alles anders als 2020/21 auf Schalke.

Schon am ersten Spieltag saß nicht Cheftrainer Knefler, sondern sein Assistent Rolf Schafstall auf der Bank des Vorjahresneunten. Knefler hatte einen Magendurchbruch erlitten, es hieß, "irgendwann im Monat August" werde er zurückkehren. Die Prognose stellte sich als zu optimistisch heraus.

Interimstrainer Schafstall beginnt furios - und verabschiedet sich sofort

Schafstall legte zwar mit einem furiosen 5:2-Heimsieg gegen den Hamburger SV um Neuzugang Kevin Keegan los, war jedoch schon am zweiten Spieltag nicht mehr da. Überraschend zog er zum badischen Fußballverband weiter - noch überraschender wurde er im Oktober neuer Trainer beim Karlsruher SC.

Also heuerte der MSV Herbert Burdenski, der Vater von Werder-Urgestein Dieter Burdenski, als nächsten Vertreter von Knefler an, der am elften Spieltag schließlich nach zwei überstandenen Operationen mit einem 4:3 gegen St. Pauli sein Comeback gab. Ruhe sollte jedoch vorerst nicht einkehren.

Cheftrainer Knefler kehrt zu früh zurück - und dann gar nicht mehr

Nach nur sechs Einsätzen musste sich Knefler Ende November erneut aus gesundheitlichen Gründen abmelden. "Mir fehlten einfach die Kräfte", sagte der damals 54-Jährige, dem nach eigenen Angaben "der halbe Magen" entfernt worden war. Wieder mussten die Duisburger improvisieren.

Diesmal installierten sie für ein Spiel Jugendtrainer Friedhelm Wenzlaff, der bei seiner Bundesliga-Premiere am 16. Spieltag prompt ein 5:0 gegen den 1. FC Saarbrücken feierte und zum Hinrundenabschluss an Carl-Heinz Rühl übergab - den fünften MSV-Trainer der Saison.

Der 38-jährige Ex-Profi der Zebras kam von PAOK Saloniki und sollte erst einmal das Duisburger Trainer-Durcheinander beruhigen. "Das Präsidium stellte keine besonderen Erwartungen an Rühl", notierte der kicker damals, während Rühl ankündigte, etwaige Sonderprämien mit Knefler teilen zu wollen.

Für den MSV endet die Saison glücklich, für Knefler bitter

Und tatsächlich: Mit offensivem Fußball führte Rühl den MSV noch vom zehnten auf den sechsten Platz und damit in den UEFA-Cup; Bernard Dietz erzielte am letzten Spieltag den Treffer zum entscheidenden 1:0-Sieg gegen Schalke. Ein Happy End nach einer turbulenten Saison - nur nicht für Knefler.

Obwohl der eigentliche Cheftrainer grünes Licht von der medizinischen Abteilung erhalten und seine Rückkehr zur neuen Saison nur noch als Formsache gegolten hatte, bootete ihn das Präsidium völlig unerwartet aus. "Man konnte den Eindruck haben, als hätte ich mich beim MSV Duisburg angebiedert und sei gescheitert. Das ist aber nicht der Fall", sagte Knefler. Die Zebras holten lieber Schafstall zurück, seinen einstigen Co-Trainer.

Knefler nahm bei Eintracht Frankfurt einen neuen Anlauf und musste ihn nach einem halben Jahr wieder abbrechen: Nach einem schweren Autounfall im Herbst 1978 kehrte der "Eiserne Otto" zwar noch einmal auf den Trainingsplatz zurück, aber nicht lange. Die gesundheitlichen Probleme waren zu groß und wurden noch größer. 1982 erlitt Knefler einen Schlaganfall und starb 1986 im Alter von 63 Jahren.

Jörn Petersen

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