Bundesliga

Freiburger Profis: Leichte Beute - und Streichs Bestätigung

Streich will Abläufe nicht ändern - "Eher Aufmunterung" von den Fans

Freiburger Profis: Leichte Beute - und bittere Bestätigung des Trainers

Auch musste das 0:6 erstmal sacken lassen: SC-Trainer Christian Streich.

Auch musste das 0:6 erstmal sacken lassen: SC-Trainer Christian Streich. IMAGO/Eibner

"Am besten sage ich nichts, dann sage ich nichts Falsches." Zu Beginn der Pressekonferenz  hatte Streich kurz versucht, über den Freiburger Betriebsunfall in Wolfsburg den Deckmantel des Schweigens legen. Dann kam der SC-Coach aber nicht umhin, einige Offensichtlichkeiten klar anzusprechen.

Vor dem 1:0 hatte er "eine total schlechte Staffelung" gesehen - gleich sieben SC-Spielern waren bei einem langen Ball jenseits der Mittellinie zu sorglos nach vorne orientiert - und vor dem 2:0 "wieder ein ganz schlechtes Verhalten von uns".

Zusammenfassend für den verkorksten Samstagnachmittag in der Autostadt stand diese Erkenntnis: "Wir waren so schlecht im Zweikampfverhalten, dann verlierst du gegen so eine Mannschaft auch mal 0:6, wobei uns das noch nie passiert ist."

Grundtugenden haben gefehlt

Mit 0:5 hatte Freiburg unter Streich schon viermal auswärts verloren, zweimal bei den Bayern, je einmal in Mainz und in Dortmund. Beim 0:7 in München am fünften Spieltag 2011/12 - die höchste SC-Bundesliga-Klatsche - war Streich noch Co-Trainer von Marcus Sorg gewesen.

Die höchste Niederlage in seiner elfjähren Cheftrainerzeit passierte nun, weil die SC-Profis jene Grundtugenden vermissen ließen, für die sie seit Jahren gelobt und von Gegnern inzwischen teilweise gefürchtet werden. Griffiges Zweikampfverhalten, schlaue Raumaufteilung, klare Abläufe in Aufbau- und Angriffsspiel, taktische Disziplin sowie konsequente Kollegenhilfe - fast alles davon war in Wolfsburg nur in Spurenelementen vorhanden.

In einem solchen Fall ist selbst ein Team, das zuvor 30 Punkte in 15 Spielen sammelte, leichte Beute für einen formstarken, effizienten Gegner.

Auch die Maßnahmen und Ideen von Streich und seinem Trainerstab liefen beim VfL ins Leere. Trotz des 0:3 ließ der 57-Jährige seine Elf zum Start der zweiten Hälfte unverändert: "Unser Gefühl hat gesagt, lass‘ sie erstmal noch so weiterspielen. Aber auch das war vollständig falsch, wie alles, was wir gemacht haben offensichtlich, einschließlich mir", sparte Streich nicht mit Selbstkritik.

Wir brauchten mal zwei, drei Minuten für uns.

Christian Streich

Auch das verpasste Treffen von Großteilen der mitgereisten Fans und der Mannschaft nahm der Trainer auf seine Kappe. "Ich habe den Jungs gesagt, sie sollen alle sofort in die Kabine kommen, wir brauchten mal zwei, drei Minuten für uns."

Zufriedene Gesichter sehen anders aus: Christian Günter (Mi.), Matthias Ginter (re.) und weitere Freiburger.

Zufriedene Gesichter sehen anders aus: Christian Günter (Mi.), Matthias Ginter (re.) und weitere Freiburger. IMAGO/MIS

Danach gingen die SC-Profis, um sich zu bedanken, geschlossen zum Block, den viele Anhänger wegen des zeitig abfahrenden Zuges in die Heimat aber schon verlassen hatten. "Das war eher Aufmunterung, als noch weiter draufzuhauen", berichtet Kapitän Christian Günter von den bemerkenswerten Reaktionen der verbliebenen Fans.

Für den sonst so verlässlichen, beim VfL aber besonders indisponierten Günter und seine Kollegen ist nun schnelle Wiedergutmachung angesagt. Am Mittwochabend geht es zwar gegen Frankfurt, das nächste Top-Team. Die SC-Profis müssen aber zumindest leistungsmäßig zeigen, dass der Auftritt in Wolfsburg nur ein einmaliger, heftiger Ausrutscher war.

"Wenn du in Wolfsburg verlierst - so darfst du natürlich nicht verlieren - aber angenommen, du würdest auch gegen Frankfurt verlieren, dann wäre das relativ normal", baute Streich schon einmal vor. Bestärkt durch die bitteren, frischen Argumente, die die Klatsche lieferte, sah sich Streich in seinen Warnungen vor dem VfL und seinen Mahnungen, den bisherigen Höhenflug seines Teams bescheiden einzuordnen, bestätigt. Die wurden ihm zuletzt teilweise als Koketterie oder nerviges Understatement ausgelegt.

"Ich habe die ganze Zeit gesagt, schaut, dass ihr alle mal den Ball flach haltet", sagte er bei Sky zu den vielen berechtigten Komplimenten für Platz zwei: "Jetzt wissen wir alle wieder Bescheid." In kleiner Runde legte er nach: "Wir müssen wissen, wo wir herkommen. Es lief alles dermaßen für uns, viele knappe Spiele haben wir nicht verloren oder doch noch gewonnen. Wer alles hinter uns war, das war der vollständige Wahnsinn."

Der SC darf sich nun aber auch nicht kleiner machen, als er ist. Bei allem Respekt vor den großen Frankfurter Qualitäten, muss es inzwischen der Anspruch sein, im eigenen Stadion der Eintracht Paroli bieten zu können.

Von den gewohnten Vorbereitungsabläufen will Streich trotz des 0:6 nicht abweichen: "Video machen, mit den Jungs sprechen und dann kicken." Die Leistung sollte Streich tunlichst nicht erneut die sonst ausgeprägte Lust am Sprechen verhageln.

Carsten Schröter-Lorenz

Bilder zur Partie VfL Wolfsburg - SC Freiburg