Regionalliga

Fossi im Interview: "Wir wollen unbedingt in die 3. Liga - und zwar jetzt"

Oldenburgs Trainer vor den Aufstiegsspielen

Fossi im Interview: "Wir wollen unbedingt in die 3. Liga - und zwar jetzt"

Kritisiert die Aufstiegsregelung von der Regionalliga in die 3. Liga: Dario Fossi.

Kritisiert die Aufstiegsregelung von der Regionalliga in die 3. Liga: Dario Fossi. IMAGO/Nordphoto

Herr Fossi, in den kommenden 180 Minuten geht es für den VfB Oldenburg um den Aufstieg in die 3. Liga. Überwiegt bei Ihnen aktuell die Vorfreude oder der Druck?

Es ist ein Mix aus beidem. Natürlich freue ich mich auch auf das Spiel. Es ist eine besondere Konstellation, weil zwei Meister aufeinandertreffen. Auch die Anspannung wächst langsam, aber das ist vor jedem Spiel so. Angespannter als sonst bin ich nicht.

Haben Sie diesen Eindruck auch von Ihrer Mannschaft?

Sie ist nicht anders als zuvor. Vor der Meisterschaft habe ich der Mannschaft gesagt, dass ich nie das Gefühl hatte, wir seien richtig nervös. Die Anspannung war immer da, ja, aber es war auch immer eine gewisse Lockerheit dabei. Wir wussten bei jedem Spiel: Wenn wir abrufen, was wir können, haben wir immer eine Chance, am Ende zu gewinnen.

Vor vier Jahren haben Sie mit dem VfL Oldenburg die Aufstiegsrunde zur Regionalliga erfolgreich bestritten. Hilft Ihnen diese Erfahrung in diesen Tagen?

Meine Zeit beim VfL hat mir über die gesamte Saison schon geholfen. Sehr vieles von dem, was ich dort erlebt habe, habe ich meiner Mannschaft erzählt. Natürlich war vieles kleiner, aber der Rahmen für den Klub war trotzdem sehr groß. Wenn ich sehe, wie meine Jungs aktuell reagieren, sehe ich sehr, sehr viele Parallelen zur damaligen Zeit. Deshalb gehe ich mit viel Selbstbewusstsein in die Relegation.

Wie bereiten Sie die Mannschaft auf die Kulisse im ausverkauften Sportforum vor? Beim Auswärtsspiel an der Lohmühle in Lübeck zeigte sie sich anfangs beeindruckt.

Bei Lübeck hatte ich das Gefühl, dass die Jungs eher im Rückspiel vor 4000 Zuschauern im Marschwegstadion beeindruckt waren. Da haben wir eine Halbzeit gebraucht. Bereits beim Spiel gegen Weiche Flensburg hatten wir uns daran aber gewöhnt. Aber klar, wir werden die Spieler darauf vorbereiten. Die Zuschauer dort sind anders, als man es kennt. Nach dem Spiel sehen wir dann, ob es geholfen hat (lacht).

Aufstiegsspiele

Der BFC verfügt über mehr Erfahrung im Kader. Ist er daher für Sie der Favorit?

Seien wir ehrlich: Natürlich ist der BFC da im Vorteil. Da sind sie besser und deshalb auch der Favorit. Aber wir waren auch in der Liga nie der Favorit, sondern haben uns durch unsere Mentalität und den Charakter nach oben gearbeitet. Wir gehen jetzt auch diese beiden Spiele so an, dass wir sie gewinnen wollen.

Mit Max Wegner und Nico Knystock wurden nach Verletzungen zwei Leistungsträger zuletzt noch geschont. Werden sie in Berlin in der Startelf stehen, obwohl ihnen ein wenig die Spielpraxis fehlt?

Bei Max sind wir uns relativ sicher, dass er spielen kann. Bei Nico müssen wir noch abwarten und dann nach dem Gefühl, das wir bekommen, entscheiden, was für uns am besten ist. Beide standen meistens in der Startelf und wären daher für das Spiel in Berlin prädestiniert. Aber die Jungs, die einspringen, machen es auch gut. Es könnte also schlimmer für mich kommen.

Ist die Dreierkette für Sie eine Option? Gegen Holstein Kiel II haben Sie zuletzt während des Spiels einmal mehr umgestellt.

Wir sind nicht blauäugig und unterschätzen keinen Gegner. Trotzdem muss es immer passen. Gegen Kiel hat es nicht funktioniert, deshalb haben wir auf die Dreierkette umgestellt. Wir können beides, auch wenn wir meist im 4-3-3 gespielt haben.

Wir werden Christian Beck nicht in Manndeckung nehmen.

Dario Fossi

Christian Beck hat für den BFC 23 Tore in der vergangenen Saison erzielt. Wie wollen Sie den Berliner Mittelstürmer ausschalten?

Bei ihm sind zwei Punkte wichtig. Das eine ist, dass er die Flanken nicht bekommen darf. Das ist schwierig, weil der BFC aus fast allen Lagen flankt. Wir müssen also versuchen, so wenig Flanken wie möglich reinzubekommen. Das andere ist, dass du ihn in neun von zehn Duellen super verteidigt haben kannst, aber du auch das zehnte so bestreiten musst, dass du es gewinnst, weil er sonst da ist. Er hat den Instinkt und die Qualität, die Bälle einfach reinzumachen. Aber wir werden ihn nicht in Manndeckung nehmen. Wir haben die ganze Saison gut verteidigt, jetzt müssen wir ihn auch bearbeiten.

Der BFC muss sich mit Wegner, Rafael Brand, Ayodele Adetula und Marten Schmidt gleich auf mehrere torgefährliche Spieler einstellen. Ein Vorteil für den VfB?

Ich finde schon, dass es als Trainer gegen uns schwierig ist. Wenn du sagst "Passt mal auf Brand auf, der hat Tempo und einen guten linken Fuß hat", läuft auf der anderen Seite eben Ayodele ein, der zehn Dinger reingemacht hat. Oder mit Marten rückt ein Achter nach, der auch fast zehn Tore geschossen hat. Oder es spielt eben ein Affam (Affamefuna Ideafigo, Anm. d. Red.), der in wenigen Minuten auch sechs Treffer erzielt hat. Bei uns sind es nicht nur Flanken, sondern es ist viel mehr. Das macht uns stark.

Sehen Sie es als Vorteil, im Rückspiel Heimrecht zu haben? Oder ist das nur eine klassische Phrase von Sportreportern?

Das ist schon gut, weil du dich irgendwie etwas sicherer fühlst. Aber Kaiserslautern hat sich auch in Dresden und Hertha BSC in Hamburg durchgesetzt. Ein riesiger Vorteil ist es meiner Auffassung nach daher nicht.

Dynamo-Trainer Christian Benbennek hat sich zuletzt öffentlich darüber beklagt, dass sein Team vor dem ersten Spiel zwei Wochen Pause hat und das Rückspiel in Oldenburg stattfindet. Wie haben Sie das aufgenommen?

Ach, ich beklage mich ja auch gerne (lacht). Ich habe mich auch darüber geärgert, dass wir in der Meisterrunde viermal in Serie auswärts gespielt haben. Aber dann habe ich mir gesagt: "Dario, nimm es doch einfach so, wie es ist." Man kann sich in solche Dinge richtig reinmanövrieren, aber ich habe gelernt, nicht so zu denken. Es müssen eh beide Spiele gespielt werden, und beide Teams sind auf einem ähnlichen Niveau.

Es ist unbegreiflich, dass die Regionalliga Südwest und die Regionalliga West den Luxus haben, jedes Jahr aufsteigen zu dürfen. Das ist ein Unding.

Dario Fossi

Sie wiederum haben sich zuletzt darüber aufgeregt, noch zwei Aufstiegsspiele austragen zu müssen und nicht direkt aufsteigen zu dürfen. Fänden Sie es fairer, wenn fünf Teams aus der 3. Liga absteigen?

Ja, und das würde ich auch weiterhin befürworten, falls wir aufsteigen sollten. Ich verstehe nicht, dass es fünf Meister gibt und dann gesagt wird: "Sorry, ihr dürft aber nicht alle aufsteigen." Und das, weil aus einer Liga mit 20 Mannschaften nicht fünf absteigen dürfen. Das ist für mich unbegreiflich. Und unbegreiflich ist es auch, dass die Regionalliga Südwest und die Regionalliga West den Luxus haben, jedes Jahr aufsteigen zu dürfen. Das ist ein Unding. Jetzt kann gesagt werden: "Aber Dario, du wusstest doch vorher Bescheid." Natürlich wusste ich Bescheid, aber ich muss das massiv kritisieren, weil das total der falsche Weg ist. Warum hat der Meister aus dem Westen das Privileg, direkt aufsteigen zu dürfen? Das ist genauso eine Regionalliga wie im Norden. Dann müssten die direkten Aufstiegsplätze zwischen den Ligen immer im Wechsel vergeben werden.

Hintergrund

Wird die Fairness Ihrer Auffassung nach hier mit Füßen getreten?

Es geht einfach nicht, dass zwei Regionalligen direkt aufsteigen und die anderen drei sich den Topf teilen müssen. Das ist für Menschen aus der Ferne vermutlich nicht nachvollziehbar, aber jeder sollte mal wie wir jetzt Meister sein und es gar nicht richtig genießen und feiern können, weil wir bisher nicht aufgestiegen sind. Das ist ein ganz anderer Schnack als die Relegation eines Tabellendritten gegen einen Tabellensechzehnten. Der BFC und wir sind beide Meister geworden und haben dafür hart gearbeitet. Dafür wollen auch beide belohnt werden. Bei einem heißt es am Ende aber: "Ach, naja, ihr wart aber doch auch toll."

Adetula "will mindestens in die 3. Liga"

Ayodele Adetula

Ambitioniert: Ayodele Adetula. IMAGO/Claus Bergmann

Was würde es für den VfB bedeuten, falls es schiefgeht? Bei einigen Leistungsträgern wie Adetula oder auch Schmidt laufen die Verträge aus.

Wir machen unsere Hausaufgaben und haben mit allen Jungs gesprochen. Falls wir es nicht schaffen sollten, glaube ich nicht, dass wir in der nächsten Saison ein komplett anderes Gesicht hätten. Ein paar haben noch keinen Vertrag. Das liegt nicht an uns, sondern an ihnen, weil sie Ambitionen nach oben haben.

Adetula wird in der Regionalliga kaum zu halten sein.

Ayodele und ich kommunizieren sehr offen und ehrlich. Er weiß, was er am VfB und auch an mir hat, weil ich ihm in den letzten Jahren nie leere Versprechungen gemacht habe. Der Junge ist sehr ambitioniert und will mindestens in die 3. Liga. Das Problem ist aktuell eher ein anderes.

Die fehlende Planungssicherheit?

Genau. Steigen wir auf, wollen die Jungs alle mitgehen. Es sei denn, es kommt ein Zweit- oder Drittligist, der so gut ist, dass sie dort einfach hingehen müssen. Beim BFC oder bei uns werden die besten Spieler aber gehen, falls sie keine laufenden Verträge haben. Du kannst lange also momentan gar nicht richtig planen. Trotzdem erwartet ja jeder, dass du als Meister nächstes Jahr wieder oben angreifen musst. Aber wie gesagt: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und hätten auch in der Regionalliga eine starke Mannschaft. Aber wir wollen unbedingt in die 3. Liga. Und zwar jetzt.

Interview: Karsten Lübben