3. Liga

1. FC Kaiserslautern: Die große Chance des Neuanfangs

Gläubiger ergreifen Initiative - Bewegung an der Investorenfront

FCK: Die große Chance des Neuanfangs

Ein Traditionsklub mit der großen Chance des Neuanfangs: Der 1. FC Kaiserslautern hofft auf bessere Zeiten.

Ein Traditionsklub mit der großen Chance des Neuanfangs: Der 1. FC Kaiserslautern hofft auf bessere Zeiten. imago images

Um den heißen Brei muss man nicht herumreden: Die finanziellen Altlasten drohen den 1. FC Kaiserslautern in wenigen Wochen zu erdrücken, die Liquidität geht allmählich gegen Null. Nach Ablauf des Geschäftsjahres wartet zudem ein zu füllendes Millionenloch auf den FCK. Die Zeit drängt also. Im Grunde genommen gibt es nur noch zwei Szenarien: einen Schuldenschnitt oder ein Insolvenzverfahren. Und genau in die Frage, welche Option zum Zug kommt, ist nun neue Bewegung gekommen. Mit Dirk Eichelbaum, Fachanwalt für Insolvenzrecht, haben sich die Pfälzer zudem einen Experten in Sanierungsfragen ins Boot geholt. Der Jurist ist als Generalbevollmächtigter in die Gespräche mit den Gläubigern involviert.

Eben diese Gespräche haben nach Informationen des kicker unlängst eine Wendung erfahren. Denn einem Schuldenschnitt haben sich drei der größten Gläubiger, der Stuttgarter Finanzdienstleister Quattrex, der Sportvermarkter Lagadere und der Luxemburgische Darlehensgeber Flavio Becca bisher verwehrt. Doch diese Haltung wackelt unter dem offensichtlich größer werdenden Druck. Gibt es von deren Seite nämlich kein Entgegenkommen, bleibt dem FCK nichts anderes übrig als der Gang zum Insolvenzgericht. In einem dann angestrebten Insolvenzplanverfahren in Eigenregie wäre für das Trio so gut wie nichts zu holen. Der aufgrund der Corona-Krise vom DFB bis 30. Juni ausgesetzte Punktabzug bei Eröffnung eines solchen Verfahrens spielt dem Klub dabei in die Karten. Das alles scheint nun auch den Kapitalgebern in dieser Deutlichkeit zu dämmern. Jedenfalls sind die drei Gruppierungen nach kicker-Informationen nun von sich aus wieder an den FCK herangetreten. Intensive Verhandlungen stehen auf dem Plan. Wo das hinführt, werden die nächsten Tage zeigen. Dann müssen Nägel mit Köpfen her.

So weitermachen? Dafür ist es zu spät, viel zu spät

Auch bei der zweiten Option, dem vom FCK angestrebten Schuldenschnitt, werden die Beteiligten einen Großteil ihres Investments verlieren. Doch lieber nimmt man am Ende etwas, als gänzlich mit leeren Händen dazustehen, müsste man annehmen. Und wer glaubt, dem Verein wäre möglicherweise mit weiteren Krediten oder einer Stundung anstehender Rückzahlungen geholfen, der liegt falsch. Genau dieses Handeln hat den einstigen Bundesligisten nämlich erst in die jetzige Lage manövriert. So weitermachen? Dafür ist es zu spät, viel zu spät. Auch und vor allem wegen diverser "Knebelverträge", die dem Klub die nötige Luft zum Atmen rauben. Quattrex beispielsweise erhält für seine Darlehen in Höhe von fast zehn Millionen Euro jährlich rund acht Prozent Zinsen plus erfolgsabhängige Beteiligungen.

Der Schuldenberg ist auch durch die Corona-Krise inzwischen auf über 20 Millionen Euro gewachsen, das operative Defizit liegt in der 3. Liga bei mehr als fünf Millionen Euro. Von in diesem Sommer anstehenden Tilgungen in Millionenhöhe ganz zu schweigen. Zudem müssen die Lauterer jährlich alleine 1 bis 1,5 Millionen Euro für Zinsbelastungen aufbringen. Summen, die für einen Drittligisten schlicht und ergreifend nicht zu stemmen sind. Alles in allem ist ein Schuldenschnitt also die unabdingbare Voraussetzung für die Zukunft auf dem Betzenberg - einvernehmlich oder eben per Insolvenz.

Das Potenzial des FCK wird weiter geschätzt

All diese Zahlen wirken dramatisch, doch in jeder Krise liegt auch eine große Chance. Dieser Satz mag abgegriffen klingen, trifft in diesem Fall jedoch tatsächlich zu. Noch immer, trotz eines inzwischen über 20 Jahre andauernden Niedergangs, ist der FCK in Fußball-Deutschland eine Institution. Auch das ist keine Verherrlichung der einst großen Vergangenheit, sondern stellt die Realität dar. Denn was sich schon vor Monaten andeutete, wird immer konkreter. Nach kicker-Informationen zeigen mehrere Investoren ernsthaftes Interesse am viermaligen deutschen Meister - nur eben nicht unter den aktuell noch und seit Jahren gegebenen Bedingungen. Die Altlasten, bestehend aus Schuldenberg verbunden mit der erdrückenden Zinslast, müssen weg. Danach ist der Klub nicht mehr nur für die treuen Fans attraktiv, sondern auch für potenzielle Geldgeber. Am Ende des Tages könnten auch Teile der aktuellen Groß-Gläubiger die Zukunft der Roten Teufel auf wirtschaftlicher Ebene mitgestalten, denn die Kreditgeber sind durchaus als heterogene Menge mit unterschiedlichen Interessen zu betrachten. Das Potenzial in Kaiserslautern wird auch dort nicht verkannt.

Zwei Jahre nach der Ausgliederung der Profiabteilung in einer Kapitalgesellschaft könnte dem mit der überwältigenden Mehrheit von über 92 Prozent der Mitglieder erteilte Auftrag der Investorensuche endlich Rechnung getragen werden. Nichts benötigt der Fritz-Walter-Klub seitdem dringender, als einen verlässlichen strategischen Partner für die Zukunft. Wäre der Kampf ums finanzielle Überleben ein Fußballspiel, die Nachspielzeit wäre jetzt angebrochen. Zwar liegen die Roten Teufel noch im Hintertreffen, doch sie sind in der Offensive. Und auf dem Betzenberg wurde schon so manche Partie in den Schlussminuten gedreht...

Moritz Kreilinger

(Fast) vergessene deutsche Meister