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Fahrzeugbrand: Wie gefährlich sind Elektroautos?

Kein erhöhtes Risiko - Wasserbad und Löschlanze - Notruf richtig absetzen

Fahrzeugbrand: Wie gefährlich sind Elektroautos?

Abgefackelt: Im Oktober 2017 musste die Feuerwehr Landeck einen in Brand geratenen Tesla löschen.

Abgefackelt: Im Oktober 2017 musste die Feuerwehr Landeck einen in Brand geratenen Tesla löschen. ampnet/Feuerwehr Landeck

Am gestrigen Donnerstag war es wieder einmal so weit: Ein Elektroauto ist in Brand geraten. Der VW e-Crafter - ein Transporter - hatte Feuer gefangen, als er an einer Schnellladestation im niederbayerischen Passau Strom zapfte. Die Brandursache selbst ist noch ungeklärt.

Schlagzeilen machte der Vorfall aber umgehend - wie immer, wenn ein Elektroauto in Flammen steht. Dabei fackeln tagtäglich auch konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab. Nach Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ereignen sich in Deutschland jährlich etwa 16.900 Fahrzeugbrände. In die Nachrichten schaffen es solche Vorkommnisse aber selten - obwohl auch ein voller Tank Benzin buchstäblich brandgefährlich ist.

Viel Aufmerksamkeit

"Ein brennendes Elektroauto erregt viel Aufmerksamkeit, da die Technologie noch neu ist und die Menschen sowie die Medien dementsprechend aufmerksam sind", unternimmt der ADAC einen Erklärungsversuch. Angst sei aber unbegründet: "Aktuell gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Elektroautos eher zum Brennen neigen als Autos mit Verbrennungsmotor".

Nissan Leaf Crashtest

Zerschellt: Ein Nissan Leaf im Dekra-Crashtest. ampnet/Dekra

"Es gibt keinen Grund, sich im Elektrofahrzeug weniger sicher zu fühlen als im konventionell angetriebenen Pkw", sagt auch Markus Egelhaaf, Unfallforscher bei der Sachverständigenorganisation Dekra. Wie der ADAC hat die Dekra Crashtests mit E-Mobilen durchgeführt und danach Entwarnung gegeben. "Aktuelle Elektroautos sind bei einem Unfall genauso sicher wie herkömmliche Autos", resümierte der ADAC, nachdem er sowohl einen normalen VW up als auch dessen elektrisches Pendant e-up an die Wand gefahren hatte: "Die Batterie entzündete sich nicht, es bestand keine Brandgefahr".

Bestnoten für E-Autos

Auch beim Euro-NCAP-Crashtest bekommen Elektroautos regelmäßig Bestnoten, aktuell haben der VW ID.3 und der Mazda MX-30 ein Fünf-Sterne-Ergebnis erzielt.

Crashsensoren sorgen dafür, dass das Hochvoltsystem bei einem Unfall sofort abgeschaltet wird, zudem sind die Batterien gut und crashsicher verbaut, sie fangen schwerer Feuer als der Kraftstofftank.

Brennender Tesla

Abgebrannt: Tiroler Feuerwehrleute bekämpfen das Feuer in einem bei Kössen verunfallten Tesla Model S. Freiwillige Feuerwehr Kössen

Hundertprozentig auszuschließen ist es aber dennoch nicht, dass der Akku bei einem schweren Unfall deformiert wird und dann doch in Brand gerät. Probleme bereitet in diesem Fall der sogenannte "Thermal Runway". Elektroautos brennen anders als Benziner oder Diesel: Ihr Akku besteht aus Hunderten einzelner Batteriezellen. Wird nur eine von ihnen beschädigt, können viele Kurzschlüsse die Folge sein. Sie vervielfachen die Stärke des Feuers nicht nur, sondern entfachen es immer wieder aufs Neue - durchaus noch 24 Stunden, nachdem der eigentliche Brand schon gelöscht schien.

"Die Löscharbeiten gestalteten sich schwierig, da das Fahrzeug wiederholt in Brand geriet", resümierte etwa die Feuerwehr im österreichischen Landeck, nachdem sie - unter schwerem Atemschutz - im Oktober 2017 einen brennenden Tesla auf der Arlberg-Autobahn zu löschen hatte.

Vollbad im Container

E-Auto im Tauchbad

Abgetaucht: BMW i8 im niederländischen Löschbad. ampnet/Brandweer Midden-en West-Brabant

Es braucht Wasser - viel Wasser, deutlich mehr als im Falle eines konventionellen Fahrzeugbrands. Oft muss es sogar ein Vollbad sein: Als im Oktober 2019 bei Kössen in Tirol wiederum ein verunfalltes Tesla Model S abbrannte, wurde es von der Feuerwehr per Kran in einen mit 11.000 Litern Wasser gefüllten Container gehievt, wo es sicherheitshalber drei Tage lang verblieb. Ähnlich ging die niederländische Brandweer Midden-en West-Brabant vor, als sie einen qualmenden BMW i8 vorsorglich in einem großen Wasserbehälter versenkte und ihn für 24 Stunden dort beließ.

Andere Ansätze sind spezielle Löschadditive, die den Akku besonders effektiv kühlen sollen. Oder Löschlanzen, die von der Feuerwehr direkt ins Akkugehäuse eingeschlagen werden. "Damit finden die Löscharbeiten sozusagen innerhalb der Batterie statt, um das Ausbreiten des Feuers auf weitere Batteriezellen zu stoppen", erklärt Unfallforscher Egelhaaf.

E-Auto brennt: Und jetzt?

Und was sollten Betroffene tun, wenn ihr Elektroauto in Brand gerät? Letztlich ist fast dasselbe Handeln angesagt, das auch bei einem herkömmlichen Fahrzeugbrand erforderlich wäre:

• Kommt es während der Fahrt zu Rauchentwicklung oder riecht es angebrannt, sofort an den Straßenrand fahren

• Das Fahrzeug möglichst mit Abstand zu anderen Fahrzeugen, brennbaren Gegenständen oder Gebäuden abstellen

• Den Gangwahlhebel auf P stellen, Zündung ausschalten

• Warnweste anlegen, das Fahrzeug verlassen und sich in ausreichende Entfernung begeben

• Warndreieck aufstellen

• Die Notrufnummer 112 anrufen und dabei unbedingt angeben, dass es um ein Elektroauto geht

"Manche Leitstellen fragen in diesem Zusammenhang auch nach den Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge", sagt Egelhaaf. Grund: So lassen sich die Fahrzeugdaten ermitteln und den Rettungskräften noch während der Anfahrt zur Verfügung stellen, damit sie bestmöglich auf ihren Einsatz vorbereitet sind.

Ulla Ellmer