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'FabienneXIII' im Interview: "Wir sind ja nicht bei Tinder"

Exklusives kicker-Interview nach FGS-Qualifikation

'FabienneXIII' will durch Leistung überzeugen: "Wir sind ja nicht bei Tinder"

Fabienne 'FabienneXIII' Morlok hat eSport-Geschichte geschrieben.

Fabienne 'FabienneXIII' Morlok hat eSport-Geschichte geschrieben. FOKUS

Es ist der Höhepunkt der bisherigen Erfolgsgeschichte, die Fabienne 'FabienneXIII' Morlok seit ihrer Unterschrift bei FOKUS vor gut zwei Jahren schreibt: Als erste Frau weltweit hat sich die 20-Jährige in der vergangenen FUT-Season für die FIFA Global Series (FGS) qualifiziert und spielt nun um den Einzug in den FIFAe World Cup (eWC). 

Ausrangierte Konsole bringt den Ball ins Rollen

Dabei fing auch bei ihr alles klein an: "Meine Schwester hat von ihrer Arbeit eine Playstation mitgebracht", erzählt Fabienne. Zunächst habe sie in FIFA 16 als Fan des VfB-Stuttgart den Karrieremodus ausprobiert, ehe sie später auch in Ultimate Team eingestiegen sei und "das Ganze so ins Rollen kam." 

Den Anspruch, professionell FIFA zu spielen, habe sie aber nie gehabt: "Ich hab mich nicht so krass mit eSport befasst oder viele eSportler geguckt und es ist nicht so, dass ich unbedingt in den eSport rein wollte." Stattdessen stand stehts etwas anderes an erster Stelle: "Ich habe einfach nur just for fun gespielt." 

"Just for fun" habe sie auch an dem Turnier teilgenommen, bei dem FOKUS auf sie aufmerksam wurde. Ein Charity-Cup des DFB Ende 2020. Zunächst sei ihr auch dabei gar nicht klar gewesen, auf welchem Level sie auf dem virtuellen Rasen abliefert: "Mir war gar nicht so bewusst, dass ich so gut für ein Mädchen bin. Gemerkt habe ich das dann erst, als FOKUS mich kontaktiert hat." 

Nach dem ersten Eligella Cup, den ich gespielt habe, waren die auch ganz schnell wieder ruhig.

'FabienneXIII'

Möglichen Skeptikern gab die "Queen of FIFA" nach ihrem Signing erst gar keine Zeit, Zweifel zum Ausdruck zu bringen: "Ich denke, nach dem ersten Eligella Cup, den ich gespielt habe, waren die auch ganz schnell wieder ruhig." Schließlich habe sie zeitnah Leistung gebracht - die scheinbar auch das eigene Lager ein wenig überraschte: "Ich habe in der ersten Woche Elite geholt, obwohl mit FOKUS eigentlich ein 'Road To Elite'-Format geplant war".

Nicht nur Leistung verdient Respekt

Dennoch legt die talentierte FIFA-Spielerin Wert darauf, zu betonen, dass Videospiele auch außerhalb des Leistungsbereichs für jedermann gedacht sind: "Ich finde nicht, dass man nur über Leistung Akzeptanz und Respekt verdient hat. Gaming ist für alle, egal ob Mädchen oder Junge. Im Gaming-Bereich kann jeder gleich gut sein." Schließlich gebe es keine entscheidenden physischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern, wie etwa im realen Fußball. 

Ein Statement, das sie immer wieder selbst eindrucksvoll belegt. Auch aufgrund ihres Alleinstellungsmerkmals, aus dem sie eine klare Haltung zieht: "Es gab bis dahin noch gar keine Frau in FIFA und so konnte ich nur gewinnen. Also gab es für mich eigentlich nichts zu verlieren." 

Außer vielleicht die Authentizität. Doch auf diese legt die eSportlerin aus der Nähe Stuttgarts in ihrer öffentlichen Präsenz einen besonderen Fokus: "Ich versuche, mich immer so zu geben, wie ich auch bin." Dabei muss man jedoch auch aufpassen, was man sagt: "Man kann mal Späße machen, aber man sollte auch wissen, wann Schluss ist."

Darum geht es auf Twitch nicht, wir sind ja nicht bei Tinder.

'FabienneXIII'

Das gilt auch für die eigene Community, der Fabienne "von Tag eins an klar gemacht hat, dass es bei mir nicht ums Aussehen oder sonst irgendwas geht." Ihr ist die Attraktivität ihres Spiels wichtiger: "Ich möchte mit meinem Gameplay überzeugen." Schließlich sei man auch bei nett gemeinten Nachrichten in ihrem Chat auf einer Streaming-Plattform unterwegs, auf der für sie eins gilt: "Darum geht es auf Twitch nicht, wir sind ja nicht bei Tinder."

Trotzdem gebe es immer wieder Nachfragen, beispielsweise bezüglich ihres Wohnorts, für die sie kein Verständnis habe. "Aber die werden dann halt gebannt oder ich ignoriere die", fasst sie ihren Umgang mit aufdringlicheren Zuschauern zusammen. 

Mit Disziplin zum Erfolg

Innerhalb der eSport-Szene habe sie derweil keine negativen Erfahrungen aufgrund ihres Geschlechts gesammelt - weshalb sie andere Spielerinnen ermutigen möchte, einen ähnlichen Weg einzuschlagen: "Ich dachte selbst nicht von Anfang an, dass ich so weit kommen werde, aber ich denke, wenn man diszipliniert ist und einfach das macht, worauf man Bock hat, dann kann das auf jeden Fall was werden und dabei sollte man sich nicht verstecken." 

Manchmal sei dies zwar nicht einfach, "weil FIFA einem sehr schnell auf den Senkel gehen kann", aber "von nichts kommt nichts".

Ihrer Vorbildfunktion für andere Gamerinnen sei sie sich dabei bewusst. Auch deshalb habe sie in der Vergangenheit am ShEsports Cup oder anderen Frauen-Turnieren teilgenommen und über die Zeit eine erfreuliche Beobachtung zu Frauen im FIFA-eSport gemacht: "Ich finde, das ganze entwickelt sich ganz gut."

Dem Standpunkt Deutschland schreibt sie dabei eine Rolle als Vorreiter zu - auch aufgrund ihrer eigenen FGS-Qualifikation: "Ich denke, das war schon ein Statement. Vielleicht gibt es jetzt Mädchen, die das auch erreichen wollen und sehen, dass man das auch als Mädchen schaffen kann."

Das Alles, was jetzt nach dieser Qualifikation kommt, ist für mich Bonus.

'FabienneXIII'

Bewiesen hat Fabienne dies mit Nachdruck. Und trotz ihres Erfolgs hat sie natürlich weitere Ziele: "Bei dem kommenden Turnier möchte ich bestmöglich abschneiden, auch wenn das nicht leicht wird. Das Alles, was jetzt nach dieser Qualifikation kommt, ist für mich Bonus", ordnet sie ihre Chancen auf ein Weiterkommen ein. Dennoch wäre eine Teilnahme am eWC natürlich ein Traum für sie, bei dem man jedoch "gucken muss, wie sich das ergibt." 

Stammgast in der Cannstätter Kurve

Doch auch neben der Konsole stellt Fußball, für den sich Fabienne seit frühsten Kindertagen begeistere, einen großen Teil ihres Lebens dar: "Mein Vater und ich haben beide Dauerkarten beim VfB." Und auch wenn ihr Lieblingsspieler, Silas, in der laufenden Spielzeit immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat und die Stuttgarter gegen den Abstieg spielen, versuche sie regelmäßig, Spiele ihres Lieblingsvereins zu besuchen.

Eine Zusammenarbeit mit dem VfB Stuttgart habe aber nie im Raum gestanden und stehe auch nicht in Aussicht: "Ich bin bei FOKUS glücklich und deswegen habe ich nie über irgendwas anderes nachgedacht." Ähnlich glücklich dürfte auch FOKUS darüber sein, Fabienne unter Vertrag genommen zu haben - und darauf hoffen, dass die gemeinsame Erfolgsgeschichte noch um ein paar Kapitel reicher wird. 

Matti Jansen

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