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Leonie Maier im Interview: "Bin zum ersten Mal die Oma"

Hoffenheimerin hatte lange Verletzungspause

Ex-Nationalspielerin Maier im Interview: "Bin zum ersten Mal sozusagen die Oma"

Wechselte im Sommer nach vier Jahren in England zurück nach Deutschland: Hoffenheims Leonie Maier.

Wechselte im Sommer nach vier Jahren in England zurück nach Deutschland: Hoffenheims Leonie Maier. IMAGO/foto2press

Fangen wir ganz vorne an, Frau Maier: Was hat Sie im Sommer bewogen, zur TSG Hoffenheim zu wechseln?

Ich hatte vier tolle Jahre im Ausland, aber jetzt war es für mich einfach an der Zeit, wieder nach Deutschland zurückzukommen. Ich hatte sehr gute Gespräche mit Stephan Lerch, der mich mit seiner Spielphilosophie und den Rahmenbedingungen überzeugt hat. Hoffenheim ist eine sehr junge, ambitionierte Mannschaft, die das Potenzial hat, oben mitzumischen. Davon wollte ich ein Teil sein. Und es war natürlich auch schön, wieder in der Nähe meiner Heimat zu sein.

Hoffenheims Auftaktprogramm nach der Winterpause

Sie haben bei Klubs wie Bayern München und Arsenal London gespielt. Wie schneidet Hoffenheim im Vergleich ab?

Es gibt natürlich einen Unterschied, was die Infrastruktur angeht. In England hatten wir super Bedingungen, waren top aufgestellt. Wir hatten zum Beispiel mehrere Rasenplätze. In Hoffenheim haben wir zwei. Im Endeffekt kann man ja aber ohnehin nur auf einem trainieren. Auch der Athletikraum war in England viel größer. In Hoffenheim ist eben alles familiärer, ein bisschen kleiner, was aber nicht schlecht ist. Ich habe hier alles, was ich brauche, bin sehr glücklich, wurde super aufgenommen.

Da sind wir ein bisschen disziplinierter.

Leonie Maier über die Unterschiede im Spiel zwischen England und Deutschland

Bleiben wir doch gleich in England: Man hört ja immer wieder, dass die Women's Super League die Bundesliga inzwischen überholt hat. Können Sie das aufgrund Ihrer Erfahrung bestätigen und falls ja, inwiefern?

Ich denke schon, dass Deutschland noch ein bisschen hinterherhinkt. In England wird sehr viel investiert. Es gibt klare Ziele für die Entwicklung der Zuschauerzahlen und die Vermarktung. Die BBC überträgt viele Spiele live, wodurch die Klubs eine riesige Sichtbarkeit erlangen. In England durften die Frauen auch schon vor einiger Zeit in den Stadien der Männer spielen und es kamen sehr viele Zuschauer. Mittlerweile ist Deutschland aber auch auf einem sehr guten Weg, beispielsweise was die TV-Rechte anbelangt. Die Bundesligaspiele werden mittlerweile auf DAZN und "Magenta Sport" übertragen. Zudem gibt es immer mehr Lizenzvereine, die Lust haben, in Frauenmannschaften zu investieren. Ich finde das sehr wichtig, weil nur so die besten Bedingungen gegeben sind.

Gibt es für Sie persönlich etwas, das Sie in England gelernt oder mitgenommen haben, das Ihnen jetzt in der Bundesliga hilft?

In England geht es noch bisschen athletischer zu als in Deutschland. Die Spiele sind ein bisschen schneller, es geht mehr hin und her. In England musste man auf alles gefasst sein, sowohl offensiv als auch defensiv, weil es viel mehr Räume gab. Da sind wir ein bisschen disziplinierter in Deutschland, gerade auch was die Taktik angeht.

Für Sie persönlich läuft die Saison noch nicht optimal. Können Sie die letzten Monate mal aus Ihrer Sicht beschreiben?

Ja, leider läuft es im Moment noch nicht optimal für mich. Ich habe es mir ein bisschen anders vorgestellt. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die sehr offen ist und mich super aufgenommen hat. Wir hatten eine gute Vorbereitung und ich habe die ersten zwei Spiele von Anfang an gespielt, das erste Pokalspiel und das erste Ligaspiel, aber dann habe ich mir leider die Syndesmose angerissen. Im Endeffekt war ich zwei Monate draußen. Jetzt bin ich seit drei, vier Spielen wieder zurück im Kader, habe aber leider nicht so viele Einsatzzeiten bekommen, weil es die anderen Spielerinnen einfach gut gemacht haben.

Das habe ich in meinem Alter mittlerweile gelernt: geduldig zu sein.

Leonie Maier

Das klingt so, als hätten Sie Verständnis dafür, dass es bislang noch nicht für viel Einsatzzeit gereicht hat?

Ja, auf jeden Fall. Das habe ich in meinem Alter mittlerweile gelernt: geduldig zu sein. Ich bin eine der ältesten Spielerinnen bei uns. Das ist das erste Mal für mich, dass ich sozusagen die Oma bin. Ich bin auch noch nicht bei 100 Prozent, das merke ich schon, werde aber trotzdem versuchen, im Training weiter Gas zu geben, mich zu zeigen und den Konkurrenzkampf anzukurbeln, um wieder mehr Einsatzzeit zu bekommen und dem Trainer die Entscheidung möglichst schwer zu machen.

Ihre Erfahrung war auch ein Thema bei Ihrem Wechsel. Wie können Sie denn der Mannschaft mit dieser Erfahrung helfen?

Ich möchte auf jeden Fall vorangehen, Führungsaufgaben übernehmen, ein Vorbild sein. Und ich möchte versuchen, den jungen Spielerinnen auf und neben dem Platz zu helfen und immer ein offenes Ohr zu haben.

Die Hoffenheimer Saison verläuft ähnlich wie Ihre persönliche: Nach dem sehr guten Start gab es zuletzt nur zwei Siege aus sechs Spielen. Woran machen Sie das fest?

Das ist schade, weil wir richtig gut gestartet sind und uns ein bisschen in einen Rausch gespielt hatten. Aber dann haben wir leider unnötig Punkte liegen lassen, zum Beispiel gegen Essen oder Freiburg, gegen die wir auf jeden Fall mehr hätten mitnehmen können. Da fehlt uns als relativ junger Mannschaft, die sich erst noch finden muss und bei der noch nicht alles harmoniert, noch ein bisschen die Konstanz. In den letzten Spielen war es oft so, dass wir die erste Halbzeit etwas verschlafen haben und erst in der zweiten richtig wach geworden sind. Oder andersherum. Unter dem Strich stehen wir in der Tabelle aber trotzdem noch sehr gut da.

Der DFB-Pokal als "klares Ziel"

Was wäre denn ein Saisonziel für Sie?

Ich habe noch nie den DFB-Pokal gewonnen. Das wäre also ein klares Ziel für mich. Ich war einmal mit dem FC Bayern im Finale gegen Wolfsburg. Damals war Stephan Lerch der Trainer von Wolfsburg und wir haben leider verloren. Jetzt haben wir zwar mit Wolfsburg im Viertelfinale ein hartes Los gezogen, aber wenn man den Pokal gewinnen möchte, dann muss man eben jede Mannschaft schlagen. Mit Blick auf die Liga ist es immer so eine Floskel, dass man von Spiel zu Spiel schauen möchte. Aber das ist tatsächlich so, ich möchte einfach jede Partie gewinnen. Der FC Bayern und der VfL Wolfsburg sind zwar qualitativ ganz anders aufgestellt, aber auch zu diesen Klubs möchten wir den Abstand verkürzen.

Blicken wir abschließend noch ein bisschen voraus: Sie sind jetzt 31 Jahre alt. Haben Sie sich schon mal Gedanken gemacht, wie lange Sie noch Fußball spielen wollen und was danach kommen könnte?

Mein großer Traum war es immer, irgendwann mein eigenes Café zu eröffnen, weil ich leidenschaftlich gerne backe, koche und die Menschen verwöhne. Ich lade auch öfter mal Freunde ein, die ich bekoche. Außerdem habe ich ein Fernstudium über Fitness- und Gesundheitsmanagement absolviert. Prinzipiell habe ich bis 2025 in Hoffenheim unterschrieben und alles Weitere wird man von Saison zu Saison sehen. Wann für mich Schluss sein wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber ich weiß, dass es irgendwann ganz schnell gehen kann und dann ist die Zeit als Fußballerin vorbei. Das war mit ein Grund, jetzt wieder nach Deutschland zurückzukommen.

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