Bundesliga

Er war schon fast Leverkusener: Wie Mudryk so teuer wurde

Chelseas Millionen-Wintereinkauf war sich mit Bayer schon einig

Er war schon fast Leverkusener: Wie Mudryk in kurzer Zeit so teuer wurde

Gegen Leipzig spielte Schachtars Mykhaylo Mudryk (re.) groß auf.

Gegen Leipzig spielte Schachtars Mykhaylo Mudryk (re.) groß auf. IMAGO/Newspix

In Leverkusen schauten sie am Sonntag mit einem weinenden Auge, auf das, was mit Mykhaylo Mudryk geschah. Der FC Chelsea vermeldete die Verpflichtung des pfeilschnellen Außenstürmers. Nicht nur die von den Engländern offerierte Ablösesumme (70 Millionen Euro fix, weitere 30 Millionen durch mögliche Boni) zeigte den Bayer-Verantwortlichen, wie richtig sie mit ihren Bemühungen gelegen hatten, Mudryk bereits im Sommer 2022 verpflichten zu wollen.

Das 100-Millionen-Euro-Paket, das Chelsea schnürte, ist ein Beleg dafür, wie schnelllebig und wie überhitzt der Transfermarkt inzwischen wieder ist - zumindest, wenn Klubs der englischen Premier League mit am Tisch sitzen. Der FC Arsenal hatte Donezk ein ähnliches Paket geboten. Allerdings mit angeblich deutlich schwieriger erreichbaren Bonuszahlungen.

Mudryk hatte sich öffentlich zu Bayer bekannt

Bayer 04 hatte im Mai 2022 eine viel niedrigere Summe mit den Ukrainern ausgehandelt. Diese soll bei etwa 20 Millionen Euro gelegen haben. Der Bundesligist schien den Zuschlag bereits sicher zu haben. Zumal sich Mudryk eindeutig öffentlich zu Bayer bekannt hatte. Er wolle mit Leverkusen in der Champions League spielen und nicht bei einem Mittelklasse-Klub in der Premier League, erklärte der heute 22-Jährige. Damit war der FC Brentford, der offenbar bereit war, höhere Summen fließen zu lassen, ausgestochen.

Doch aus dem Deal zwischen Bayer, Mudryk und Schachtar wurde nichts. Immer neue Forderungen ließen den Werksklub schließlich Abstand von der Verpflichtung nehmen. Damals, so hieß es, habe Schachtar 30 Millionen Euro gefordert. Zudem sollen - was keine Seite bestätigen möchte - andere finanzielle Nebengeräusche eine Rolle gespielt haben.

Auch Nizza bekam keinen Zuschlag

Später machte OGC Nizza ähnliche Erfahrungen. Die Franzosen sollen bereit gewesen sein, die geforderten 30 Millionen für Mudryk zu zahlen - und bekamen trotzdem nicht den Zuschlag. So gab es in der Branche immer wieder Spekulationen, dass nicht nur die reine Ablösesumme der wirtschaftliche Knackpunkt gewesen sein soll.

Am Ende haben die Schachtar-Bosse aus ihrer Sicht alles richtig gemacht. Und auch Mudryk, der nun in der Champions League und  bei einem der ambitioniertesten Klubs der Premier League spielen darf. Doch wie kommt eine so krasse Preissteigerung von am Ende bis zu 70 Millionen Euro in einem Halbjahr zustande?

Neben dem Fakt, dass sich jetzt mit Arsenal und Chelsea zwei extrem potente Klubs unter den Interessenten befanden, war die sportliche Entwicklung Mudryks im zweiten Halbjahr der entscheidende Faktor.

Herausragende Schnelligkeit und gute Technik

War der Blondschopf zuvor zwar aufgrund seiner herausragenden Schnelligkeit und guten Technik bereits ab und an auffällig geworden, so bestand in dessen Verpflichtung selbst im Sommer noch ein deutliches Restrisiko. Schließlich war Mudryk in seinen Leistungen alles andere als konstant.

Sein Talent war natürlich bereits sichtbar. Ob Mudryk das durchaus erkennbare Potenzial aber auch auf höchstem Niveau auch nur annähernd abrufen könnte, war damals noch nicht ansatzweise klar. Die Spiele in der ukrainischen Liga taugten dafür nicht als Anhaltspunkt.

Und seine Auftritte in der Nationalmannschaft, für die er in insgesamt acht Einsätzen noch nicht traf, reichten auch in den Play-offs der WM-Qualifikation im Sommer gegen Wales und zuvor gegen Schottland nicht für ein sicheres Urteil aus. Mudryk kam nur zu zwei Kurzeinsätzen - einer auffällig, der andere eher schwach.

Voronins Urteil

"Gegen Schottland war es ein gutes Spiel, gegen Wales zeigte er wieder nichts Besonderes. Ein junger Spieler mit Talent, der aber Zeit und viel Arbeit braucht, um Bundesliganiveau zu erreichen", erklärte dessen Landsmann, der ehemalige Bundesliga-Profi Andrey Voronin (ehemals Mainz, Köln, Leverkusen, Hertha und Düsseldorf) Anfang Juni im kicker-Interview.

Seinen Marktwert nach oben geschossen hat Mudryk, der als Rechtsfuß meist über den linken Flügel kommt und dem im Sommer von Experten bei aller Veranlagung aber auch eine deutliche Schwäche im Abschluss und der finalen Aktion attestiert wurde, ausgerechnet gegen einen direkten Konkurrenten von Bayer 04: RB Leipzig.

Aus dem "Geheimtipp" wurde eine heiße Aktie

Beim 4:1-Sieg im Champions-League-Spiel in Leipzig spielte Mudryk Anfang September groß auf, traf selbst einmal und bereitete zwei weitere Treffer vor. Am Ende der Gruppenphase standen für den Angreifer drei Tore und zwei Assists zu Buche. Aus dem "Geheimtipp" war so eine heiße Aktie auf dem Transfermarkt geworden - die für Bayer nun längst unerschwinglich war.

Bitter für den Werksklub, der nicht wirklich etwas falsch gemacht hatte. Schließlich weilte Mudryk im Mai schon zum Medizincheck in Leverkusen. Für Bayer 04 auflaufen wird der Ukrainer aber wohl niemals in seiner Karriere.

Stephan von Nocks

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