U 21

Elf bedeutsame U-21-Ausfälle: Die verwässerte Generalprobe

Verletzter Kapitän Burkardt beim Teamabend mit der Nationalelf

Elf bedeutsame U-21-Ausfälle: Die verwässerte Generalprobe

Gruppenbild: Auch die - ausdrücklich gewünschten und als Ziel ausgegebenen - Abstellungen von U-21-Akteuren zu Hansi Flicks (in weiß, links) A-Nationalmannschaft verwässern die Generalprobe von Antonio Di Salvos (in weiß, rechts) Auswahl.

Gruppenbild: Auch die - ausdrücklich gewünschten und als Ziel ausgegebenen - Abstellungen von U-21-Akteuren zu Hansi Flicks (in weiß, links) A-Nationalmannschaft verwässern die Generalprobe von Antonio Di Salvos (in weiß, rechts) Auswahl. IMAGO/Hartenfelser

Zum gemeinsamen Abendessen von A-Nationalelf und U-21-Auswahl am Dienstagabend in Frankfurt erschien auch ein Akteur, der auf beiden Kaderlisten fehlt. U-21-Trainer Antonio Di Salvo wollte ihn aber unbedingt dabeihaben, seinen etatmäßigen Kapitän Jonathan Burkardt. Wegen der kurzen Wege für den Mainzer Stürmer und seiner auch außersportlich wichtigen Rolle habe sich die Einladung angeboten.

Burkardt kam letztmals im Juni 2022 im DFB-Trikot zum Einsatz. Im September fehlte er wegen einer Fleischwunde im Fuß, im November wegen einer Knieverletzung. Die zog eine Meniskus-OP und ein Knochenmarködem nach sich - Burkardt ist seitdem außer Gefecht, die Sehnsucht nach dem Comeback entsprechend groß. Aktuell soll es im Aufbauprozess vorangehen.

Di Salvo und Co. können etwas entspannter sein, sie brauchen einen fitten Burkardt erst zur EM-Vorbereitung im Juni, wenngleich reichlich vorherige Spielpraxis natürlich wünschenswert ist. Bei den beiden abschließenden Testspielen gegen Japan (Freitag, 18.15 Uhr LIVE! bei kicker) und in Rumänien am kommenden Dienstag (18.15 Uhr, LIVE! bei kicker) vor den kontinentalen Titelkämpfen in Georgien und Rumänien ist Burkardt allerdings nur einer von vielen bedeutsamen Ausfällen.

Di Salvo fehlen insgesamt elf Spieler

Genauer gesagt fehlen Di Salvo aktuell sogar elf Spieler, die bei entsprechender Fitness fast alle als sichere EM-Kandidaten durchgehen. Der abwesenden Elf fehlt eigentlich nur ein Torwart, dann könnte sie bei einer EM eine besonders offensiv ausgerichtete Anfangsformation bilden.

Kevin Schade, Josha Vagnoman, Felix Nmecha und Malick Thiaw dürfen derzeit erstmals bei Bundestrainer Hansi Flick vorspielen. Wie Burkardt werden ansonsten Jan Thielmann, Maximilian Bauer und Marton Dardai aus dem jüngsten U-21-Kreis von Verletzungen respektive deren Folgen ausgebremst.

Hinzukommen die ebenso verletzten Armel Bella Kotchap, Karim Adeyemi und Youssoufa Moukoko. Alle drei standen zwar schon im WM-Kader, besitzen aber noch keinen fixen A-Status wie die U-21-teilnahmeberechtigten Jamal Musiala und Florian Wirtz und wären daher bei der EM wichtige Säulen.

Angesichts dieser für Junioren-Maßstäbe prominenten Liste ist die aktuelle EM-Generalprobe verwässert. Di Salvo nimmt man die Freude über das zum A-Team aufgerückten Quartett zwar ab, schließlich ist die "Nachschub-Produktion" das oberste Ziel des ältesten U-Teams. Zusammen mit den anderen Ausfällen ergibt sich aber eine komplizierte Lage für den Coach, der improvisieren muss, statt mit dem wahrscheinlichen Turnieraufgebot taktische Abläufe automatisieren, ihn einspielen lassen und den Teamgeist stärken zu können.

Einige Profiteure können dafür in eigener Sache vorsprechen

Aber wie fast immer gibt es im Profisport auch in solch einer Lage Profiteure. Akteure, die durch die freien Plätze bei diesem unverhofften EM-Casting erstmals oder doch noch mal in eigener Sache vorsprechen dürfen. Wie Schalkes Henning Matriciani in Abwesenheit von gleich vier Innenverteidigern, der bei Hertha gerade aufstrebende Angreifer Jessic Ngankam oder Offensivkollege Jamie Leweling. Der war seit Beginn des neuen U-21-Zyklus immer dabei, bis er im November keine Einladung mehr erhielt, weil er bei Union Berlin kaum zum Zug kommt.

Abseits der Hoffnungsrunde erwartet Di Salvo von den verbliebenen Stützen, dass sie ihre Ansprüche auf Startelf- oder EM-Plätze mit guten Leistungen gegen Japan und Rumänien untermauern. Das betrifft Akteure wie Frankfurts Ansgar Knauff, Schalkes Tom Krauß, Torwart Noah Atubolu, seinen Freiburger Klubkollegen Yannik Keitel oder Hoffenheims Angelo Stiller. Hinten links liefern sich Gladbachs Luca Netz und HSV-Leihspieler Noah Katterbach weiterhin ein enges Duell.

Unterm Strich ist diese Generalprobe natürlich trotzdem wichtig, weil immerhin mindestens die Hälfte des EM-Kaders dabei ist. Wahrscheinlich sogar mehr, weil sich Di Salvo längst nicht sicher sein kann, im Juni auf die gesamte abwesende Elf zurückgreifen zu können. So oder so werden der Coach und seine Crew versuchen, in die erfolgreichen Fußstapfen ihrer Vorgängerteams zu treten.

Auch vor den Endrunden 2017, 2019 und besonders 2021 lief längst nicht alles rund - herauskamen drei Finalteilnahmen und zwei Titel. Wobei der EM-Gewinn beim jüngsten Turnier der bemerkenswerteste ist, wurde doch diesem Ensemble im Vorfeld am wenigsten zugetraut. Erfolg nach Widrigkeiten ist aber natürlich auch kein Automatismus.

Carsten Schröter-Lorenz