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Ein schwerer Rückschlag vor der EM

Länderspiel in Kaiserslautern: Deutschland - Schweiz 1:1 (0:1)

Ein schwerer Rückschlag vor der EM

Eingewechselt: 19. Bode 30/18 (Werder Bremen) für Ziege, 24. Hamann 26/ 22 (FC Liverpool) für Scholl, 35. Wörns 27/33 (Borussia Dortmund) für Babbel, 46. Kirsten 34/48 (49) (Bayer Leverkusen) und Rink 27/6 (Bayer Leverkusen) für Wosz und Preetz, 68. Neuville 26/17 (Bayer Leverkusen) für Rehmer - 70. Rey 28/19 (Servette Genf) für Hakan Yakin, 82. Gerber 27/4 (Lausanne-Sports) für Bühlmann, 88. Jeanneret 27/17 (Servette Genf) für Cantaluppi - Reservebank: Butt (Tor), Beinlich, Ramelow - Pascolo (Tor), Wyss, Zwyssig. Tore: 0:1 Hakan Yakin (33., ohne Vorarbeit), 1:1 Kirsten (85., -). Schiedsrichter: Norman (Schweden - Assistenten: Ekström, Nyberg), Note 4, verdarb sich eine bessere Note, als er Ballacks Foul an Zuberbühler vor dem Ausgleich nicht ahndete Zuschauer: 32 000 (in Kaiserslautern) Gelbe Karte: Sesa Chancen: 5:2 Ecken: 6:4 Spielnote: 5 Spieler des Spiels: Murat Yakin. Anmerkung: Die erste Zahl hinter dem Spielernamen bedeutet das Alter, die zweite die Anzahl der A-Länderspiele.


Wolfgang Tobien: Der kurze Aufwärtstrend vom Kroatien-Spiel wurde gegen die Schweiz brutal gestoppt

Als Jens Jeremies Anfang April im Interview mit dem kicker den Zustand der deutschen Nationalmannschaft als "Jämmerlich" bezeichnete, hielten viele diesen Terminus für übertrieben. Besonders die erste Halbzeit gegen die Schweiz brachte das niederschmetternde Ergebnis: Der Münchner scheint eher untertrieben zu haben. . .

Exakt 47 Tage vor dem EM-Auftakt der deutschen Mannschaft gegen Rumänien spielte sie nach dem glücklichen Sieg in Norwegen, der verdienten Niederlage in Holland und dem Hoffnung weckenden Unentschieden in Kroatien erstmals wieder vor eigenem Publikum. Mit dem 0:1 wurde ihr kurzer Aufwärtstrend wieder brutal gestoppt. Das Jubiläumsspiel zum 100. Geburtstag des DFB fand folgerichtig gegen die Eidgenossen statt, die im Jahr 1908 der erste und seit langem häufigste Gegner der deutschen Mannschaft sind. Nach dem 1:1 von Kaiserslautern steht die Gesamtbilanz in 47 Spielen bei 33 Siegen, sechs Unentschieden und acht Niederlagen, die letzte datiert aus dem Jahr 1956 beim 1:3 in Frankfurt.


Der Spielfilm: Kirsten rettet das Remis Einzelkritik von Rainer Franzke


Im Abschluss-Test vor der Bekanntgabe des offiziellen EM-Kaders Ende Mai konnte sich von den Wackelkandidaten lediglich der Leverkusener Paulo Rink für ein EM-Ticket empfehlen. Der Rest war Schweigen.

Mit vier personellen Veränderungen gegenüber dem 1:1 von Kroatien schickte Teamchef Erich Ribbeck sein Team ins Rennen. Für Kahn stand Lehmann im Tor, Babbel für den kurzfristig verhinderten Nowotny, der mit einem Bluterguss in der Wade auf Anraten der Ärzte zur Schonung auf seinen Einsatz verzichtete, in der Abwehr, Scholl für Hamann im Mittelfeld und Preetz für Kirsten im Sturm. Die Personalie Scholl statt Hamann bedingte eine taktische Änderung. Hinter zwei Spitzen spielten zum zweiten Mal in Folge zwei offensive Kreativkräfte, das Modell mit drei Stürmern ist zunächst einmal ad acta gelegt.

Zehn Minuten lang zeigte die Mannschaft dann Ansätze in der Offensive. Das Spiel wurde über die linke Seite nach vorn getragen, wo Ziege auch zwei Chancen hatte. Doch der Anfangselan erwies sich schnell als Strohfeuer. In allen Bereichen wurde der Schongang eingelegt. Dies wurde auch dadurch dokumentiert, dass drei angeschlagene Spieler früh ausgewechselt wurden, um in der entscheidungsträchtigen Phase der Saison kein Risiko einzugehen. Dass in diesem Trio mit Ziege und Scholl die beiden auffälligsten Spieler der Anfangsphase waren, bedeutete einen weiteren Rückschritt.

Symptomatisch auch, dass die von Uli Stielike befürchtete Dortmunder Seuche beim 0:1 ihre Fortsetzung auf internationaler Ebene fand, als Torhüter Lehmann, dem in jüngster Vergangenheit das Pech an Händen und Füßen klebte, einen harmlosen und unplatzierten Schuss Hakan Yakins passieren ließ. Diese Unachtsamkeit im Defensivbereich bestätigte die Unzulänglichkeiten in Aufbau und Angriff. Das Mittelfeld zeigte weder konstruktive Kombinationen noch intelligente Ideen, so dass die Stürmer weitgehend in der Luft hingen. Die Schweiz war ohne Leistungsträger wie Henchoz, Chapuisat, Wicky und Türkyilmaz in allen Belangen überlegen.

Allgemeine Ratlosigkeit in der Pause. Totenstille in der Kabine, Niedergeschlagenheit bei Trainer Uli Stielike, Fassungslosigkeit bei den Experten wie Günter Netzer in dem Bemühen, die Vorgänge zu erklären. Erich Ribbeck konnte die geplanten personellen Veränderungen nicht mehr vornehmen. Der Teamchef versuchte, das Chaos zu ordnen und das Spiel, das seine Mannschaft nach wenigen Minuten eingestellt hatte, wieder zu beleben, indem er Kirsten für Preetz und mit Rink einen weiteren Stürmer als zentrale Anspielstation hinter den Spitzen brachte. Die Re-Animation zeigte ein wenig Wirkung. Die Aktionen schienen etwas durchdachter, doch die von Murat Yakin gut geordnete Schweizer Abwehr wankte nur sehr selten. Ins Bild des traurigen Tests passte, dass mit Rehmer einer der wenigen Aktivposten wie verabredet für Neuville ausgewechselt wurde. Was bleibt als Fazit? Dass der einzige Hoffnungsschimmer darin besteht, dass es Erich Ribbeck schafft, den Kader beim Vorbereitungs-Lehrgang auf Mallorca physisch und psychisch wieder auf Kurs zu bringen.