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Die Schalker Klubhelden werden 75: Erwin und sein Rächer

Helmut und Erwin Kremers feiern Geburtstag

Die Schalker Klubhelden werden 75: Erwin und sein Rächer

Helmut und Erwin Kremers während ihrer Zeit bei Schalke 04.

Helmut und Erwin Kremers während ihrer Zeit bei Schalke 04.

Auf die Frage, ob sie heutzutage gerne noch einmal Fußballprofis wären, antworten Helmut und Erwin Kremers mit einem grundsätzlichen Ja. Unabhängig vom finanziellen Verdienst, der ungleich höher wäre als noch zu ihrer aktiven Zeit, brächten gerade die Kremers-Zwillinge, früher nicht zuletzt angesichts ihres kleinen Ausflugs in die Welt der Schlager-Schnulzen mit dem Song "Das Mädchen meiner Träume" als "erste Popstars der Bundesliga" glorifiziert, das Rüstzeug dafür mit, zu den Aushängeschildern der Branche zu zählen. Erwin Kremers wäre "sehr gerne" noch Spieler auf höchster Ebene, die Vorzüge schildert er mit einer gehörigen Portion Humor in der Stimme.

Wenn man heutzutage ins Stadion einläuft, "regnet es nicht und es weht auch kein Wind", sagt er und denkt vermutlich vor allem an die zwar mehr als 20 Jahre alte, aber immer noch hochmoderne Schalker Arena mit schließbarem Dach sowie herausfahrbarer Rasenfläche, die auch in den kalten Monaten eine Wonne für jeden Fußballer darstellt.

Darüber hinaus dürfen die heutigen Profis mit perfekt konstruierten Bällen kicken, bei Bedarf können sie den klubeigenen Physiotherapeuten aufsuchen - "das gab es zu unserer Zeit ja alles nicht", sagt der Europameister von 1972, teils belustigt, teils wehmütig. Aber: Vor einem halben Jahrhundert Fußballer in Deutschland gewesen zu sein, bringt auch Vorteile mit sich, betont Erwin Kremers: "Wir müssen dankbar sein, dass wir in einer Zeit spielen durften, als auch Gerd Müller, Franz Beckenbauer und Sepp Maier aktiv waren."

Fischer: "Wir haben uns super verstanden"

Miterlebt hat das alles auch Klaus Fischer, der nahezu eine komplette Dekade gemeinsam mit den Kremers beim FC Schalke 04 unter Vertrag stand. Fischer schloss sich 1970 den Königsblauen an, die Zwillinge aus Mönchengladbach kamen ein Jahr später von Kickers Offenbach dazu, Erwin blieb bis 1979, Helmut bis 1980. Insgesamt absolvierte das Trio 126 gemeinsame Erstligapartien für Schalke 04. "Das war eine tolle Zeit", erinnert sich Fischer, "wir haben uns super verstanden und waren nicht nur Mannschaftskollegen, sondern auch eng befreundet."

Die Freundschaft ist geblieben, Fischer steht mit den Kremers auch Jahrzehnte später noch im engen Kontakt. Die Klubhelden treffen sich regelmäßig in der Arena auf Schalke, um sich danach über das Dargebotene auszutauschen - seit Jahren ist viel Unzumutbares dabei, aber sie kommen natürlich trotzdem immer gerne wieder. Nur sehr selten schwelgen sie in Erinnerungen. "Die Zeiten sind vorbei", sagt Fischer.

Eine Freundschaft über den Fußball hinaus: Erwin Kremers, Klaus Fischer und Helmut Kremers (v. l.)

Eine Freundschaft über den Fußball hinaus: Erwin Kremers, Klaus Fischer und Helmut Kremers (v. l.). picture-alliance/ dpa/dpaweb

Von den Erfolgen ihrer Ära ist das aktuelle Team, das in der 2. Liga gegen den Abstieg kämpft, meilenweit entfernt. 1972 gewann Schalke durch ein 5:0 in Hannover gegen den 1. FC Kaiserslautern den DFB-Pokal, Helmut Kremers erzielte das erste und das letzte Tor, Fischer das 4:0. In dem Jahrzehnt, das maßgeblich vom FC Bayern und von Borussia Mönchengladbach geprägt wurde, mischten auch die Schalker als Vizemeister 1971/72 sowie 1976/77 eifrig mit. Schmerzlich erinnert sich Fallrückzieher-Fachmann Fischer, mit 182 Treffern bis heute Schalkes Bundesliga-Rekordtorschütze, an den 28. Juni 1972, als die Gelsenkirchener am 34. Spieltag beim FC Bayern gastierten. Mit einem Sieg wäre Schalke Deutscher Meister geworden, doch es setzte ein 1:5. Das Ehrentor erzielte Fischer. Der Pokalsieg wenige Tage später war Balsam für die Seele.

Getroffen hat Fischer die Kremers-Zwillinge schon vor der gemeinsamen Schalke-Zeit: "Ich habe 1967 ein Probetraining in Mönchengladbach unter Trainer Hennes Weisweiler gemacht, da habe ich Helmut und Erwin kennengelernt." Dass es nicht nur menschlich prima passt, wurde auf Schalke schnell ersichtlich. "Erwin war ein pfeilschneller Linksaußen, als Mittelstürmer habe ich sehr von seinen Flanken profitiert", sagt Fischer, der auch Reinhard Libuda nicht unerwähnt lässt: "Stan kam ja vom anderen Flügel, da gab es für mich von links und rechts gute Bälle."

Die Offensive der Königsblauen spielte die Verteidiger gerne schwindelig, Helmut Kremers sorgte als linker Verteidiger hinter Erwin dafür, dass in der Defensive möglichst wenig anbrannte. Fischer bezeichnet Helmut amüsiert als "Erwins Rächer" - wenn Erwin als Außenstürmer hart vom Gegner attackiert wurde, "eilte Helmut seinem Bruder sofort zu Hilfe".

Wenn die Kremers am 24. März ihren 75. Geburtstag feiern, gehört Fischer sicher zu den Gratulanten. Ende des Jahres wird es umgekehrt sein: Fischer wird am 27. Dezember 75 Jahre alt. Dann wird wieder angestoßen.

Toni Lieto