Kein Raum zur Entfaltung: Argentiniens Riquelme, umringt von drei deutschen Spielern. Kicker
Bundestrainer Jürgen Klinsmann setzte beim Test gegen die Südamerikaner das Wechselspiel zwischen Kahn und Lehmann, der diesmal im Tor stand, fort. Auf dem Feld musste Klinsmann nach dem langzeitverletzten Lahm (Ermüdungsbruch) kurzfristig auch auf Ballack (starke Erkältung) und Klose (Halswirbelprobleme) verzichten. In der Viererkette agierten neben den Innenverteidigern Mertesacker und Wörns auf der rechten Seite Owomoyela und links überraschend Hitzlsperger. Frings und Ernst sollten absichern und Schneider auf der sonstigen Ballack-Position zusammen mit Schweinsteiger und Asamoah die einzige Spitze, Kuranyi, unterstützen. Beim Gegner Argentinien kamen bis auf Keeper Abbondacieri (Boca Juniors) ausnahmslos "Legionäre" zum Einsatz. Coach José Pekerman vertraute unter anderem auf die Erfahrung der Routiniers Zanetti (Inter Mailand), Sorin (FC Villareal) und Crespo (AC Mailand).
Der Länderspiel-Terminkalender
Aggressiver Beginn der deutschen Elf, die mit hohem Tempo die Argentinier beeindrucken konnte. In der ausverkauften LTU-Arena geriet die Abwehr der "Gauchos" gegen das gute Direktspiel und die mutige Offensive des Nationalteams gehörig ins Schwitzen. Frings sehenswerter Volley-Knaller (10.) ging knapp am Kasten vorbei, gegen Schneiders Kopfball (13.) und Asamoahs Rechtsschuss (15.) war Keeper Abbondancieri auf dem Posten. Die Südamerikaner konnten sich im zweiten Drittel des ersten Abschnitts dann etwas aus der Umklammerung befreien und hatten nach leichtsinnigem Ballverlust von Schweinsteiger die Riesenchance zur Führung: Saviola ging in halbrecher Position nach Pass von Riquelme allein auf Lehmann zu. Der nachsetzende Wörns wurde beim Rettungsversuch umdribbelt, aber die deutsche Nummer eins klärte gegen den Schrägschuss des Angreifers per Fußabwehr (19.). Danach erfolgte eine knifflige Szene im Strafraum, als Ernst nach Scalonis Schubser zu Fall kam - der italienische Unparteiische Farina aber winkte ab (28.). Wenig später aber zeigte er nach Burdissos "liebevoller" Umklammerung von Kuranyi nach Schweinsteigers Eckball auf den Punkt: Frings tritt an und verwandelt hart und konzentriert zur verdienten Führung (28.). Asamoah musste dann verletzungsbedingt gegen Freier ausgetauscht werden (29.). Nach einer halben Stunde gönnte sich die Klinsmann-Elf eine kleine Verschnaufpause, der zweifache Weltmeister holte sich mehr Spielanteile und kam durch einen unberechtigten Strafstoß zum unverdienten Ausgleich: Freier klärte resolut, aber vollkommen regelkonform gegen Sorin, dennoch pfiff der Schiedsrichter erneut Elfmeter. Crespo lässt sich die Chance nicht entgehen (40.). Doch die Nationalelf zeigte sich ncht geschockt und gab noch vor der Pause die richtige Antwort: Schweinsteiger kommt in mittlerer Position vor dem Sechzehner an den Ball und spielt genau im richtigen Moment auf den startenden Kuranyi. Aus elf Metern halbrechter Position schiebt der Sturmführer den Ball flach an Abbondancieri vorbei ins Netz (45.). Der argentinische Coach José Pekerman reagierte und brachte nach der Pause zwei neue Leute. Deutschland zog sich nun etwas weiter zurück, was den Gästen zwar mehr Ballbesitz, gegen die gut stehende Defensive der DFB-Elf aber bis auf Sorins Kopfball nach einem Eckball (47.) zunächst keine Tormöglichkeiten einbrachte. Aufregung dann nach einer knappen Stunde, als Crespo im Zweikampf mit Lehmann im Strafraum zu Fall kam - diesmal ohne Folgen (57.). Ebenso wie Abbondancieris Unsicherheit nach Hitzlspergers Freistoß, die kein deutscher Akteur nutzen konnte (62.). Mitte des zweiten Durchgangs hatten die Südamerikaner dann ihre beste Phase, als sie den Druck auf das deutsche Tor immer mehr verstärkten. Mit vereinten Kräften stemmte sich Deutschland gegen die Offensive der Gäste, versäumte bei einigen Kontern durch einen etwas schlampigen Abschluss die mögliche Vorentscheidung. Mertesacker vergab die beste Möglichkeit aus kurzer Distanz gegen Abbondancieri (74.). Dies sollte sich rächen: Nach einem Pass aus dem Mittelfeld hebt Crespo den Ball aus 15 Metern halblinker Position gefühlvoll über den chancenlosen Lehmann hinweg zum Ausgleich ins lange Eck (81.). Deutschland konnte nicht mehr kontern, zu groß war der vorher betriebene Aufwand, zu hoch der Kräfteverschleiß nach lange Zeit hohem Tempo. Die Schlussphase gehörte eindeutig den Gauchos, doch mehr als eine Möglichkeit durch Cambiasso (83.) sprang auch für die Pekermann-Elf nicht mehr heraus.
Mit einer beeindruckenden Vorstellung brachte Deutschland Argentinien an den Rand einer Niederlage. Die Südamerikaner fanden lange Zeit kein Mittel gegen eine mit hohem Tempo und leidenschaftlicher Einstellung agierende Klinsmann-Elf und hatte Glück, dass Crespo eine der wenigen Chancen in der Endphase noch zum Ausgleich nutzen konnte.