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Der Underdog aus Down Under

Australien mit neuem Trainer und einer Mission

Der Underdog aus Down Under

Vierte WM-Teilnahme für Australien, die dritte für Tim Cahill.

Vierte WM-Teilnahme für Australien, die dritte für Tim Cahill. Getty Images

Bis 1974 war Australien überhaupt nicht auf der Bühne Weltmeisterschaft zu finden, danach tauchte der Ozeanien-Meister von 1980, 1996, 2000 und 2004 erst 2006 wieder auf. In Brasilien folgt nun die vierte Teilnahme an der Endrunde, die dritte in Serie für den 44. der ewigen WM-Tabelle. Vor acht Jahren reichte es bei der WM in Deutschland nach dem ersten Sieg überhaupt (3:1 gegen Japan) mit vier Vorrundenpunkten zum Achtelfinaleinzug (0:1 gegen den späteren Weltmeister Italien), 2010 in Südafrika war ebenso wie 1974 nach den drei Gruppenspielen Schluss. Am Zuckerhut gilt der 56. der Weltrangliste (Stand Januar 2014) als Underdog, der aber nach dem Trainerwechsel mit seiner Unbekümmertheit für eine Überraschung in der Gruppe B mit Weltmeister Spanien, Vizeweltmeister Niederlande und Chile, dem Auftaktgegner, sorgen will. "Wir müssen nach Größe streben, mit Seele spielen und einen unerschütterlichen Glauben in unsere Mission haben", fordert Postecoglou.

Der Trainer

Ange Postecoglou

Beifall für sein neues Team: Ange Postecoglou. Getty Images

Spielersteckbrief Cahill
Cahill

Cahill Tim

Australien - Vereinsdaten
Australien

Gründungsdatum

01.01.1961

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Mit Joachim Löw, Jürgen Klinsmann und Volker Finke sind drei deutsche Trainer in Brasilien am Start, Holger Osieck hätte der vierte im Bunde sein sollen. Schließlich führte er Australien - wenn auch etwas holprig - zur WM. Doch im Anschluss folgten vier Niederlagen in Folge mit zwei 0:6-Pleiten in Brasilien und Frankreich, die dem deutschen Coach zum Verhängnis wurden. Der einstige Assistent von Weltmeister-Teamchef Franz Beckenbauer musste gehen, Ange Postecoglou übernahm. "Ange ist am besten für den Job qualifiziert und zudem Australier", sagte Verbandspräsident Frank Lowy bei der Vorstellung des 48-Jährigen, der von 2000 bis 2007 die australische U 20 betreute und danach Brisbane Roar. "Ange hat den Fussball in Australien revolutioniert", lobt Ex-Bundesliga-Profi Thomas Broich, der unter Postecoglou spielte. "Es ist mein Job, sicherzustellen, dass wir das Gute im australischen Fußball repräsentieren", gibt sich Postecoglou zunächst einmal zurückhaltend. Ein erster Schritt gelang bei seinem Debüt. Australien bezwang Costa Rica, ebenfalls am Zuckerhut dabei, mit 1:0.

Das Personal

Gespannte Erwartung: Ryan McGowan und Mile Jedinak (v.li.).

Gespannte Erwartung: Ryan McGowan und Mile Jedinak (v.li.). Getty Images

Torschütze war? Na klar, Tim Cahill! Er zog durch seinen 29. Länderspieltreffer mit dem australischen Rekordtorjäger Damian Mori gleich, er schoss das erste WM-Tor Australiens überhaupt (2006 beim 3:1 gegen Japan) und er ist mit drei Endrunden-Toren der erfolgreichste WM-Torschütze der Socceroos. Fehlen wird Torwart-Legende Mark Schwarzer, der Anfang November 2013 nach 109 Länderspielen seinen Rücktritt erklärt hatte. Die Chance für Dortmunds Mitch Langerak? Das Rennen wird wohl Mathew Ryan vom belgischen Erstligisten FC Brügge machen. Langerak ist neben Matthew Leckie und Nikita Rukavytsya vom FSV Frankfurt einer von drei Deutschland-Legionären im Kader. Mit Joshua Kennedy steht zudem ein Ex-Bundesliga-Spieler (Wolfsburg, Köln, Nürnberg) im Aufgebot, auch Dario Vidosic schnupperte beim 1. FCN Bundesliga-Luft. Ein Fragezeichen stand zwischenzeitlich hinter Routinier Mark Bresciano, den die FIFA aufgrund eines illegalen Wechsels von Katar in die Vereinigten Arabischen Emirate ein viermonatiges Spielverbot auferlegte. Fehlen wird Offensivmann Robbie Kruse von Bayer Leverkusen, der in der Qualifikation und im ersten Spiel unter Postecoglou gegen Costa Rica noch eine überzeugende Rolle spielte. Ein Kreuzbandriss beendete den WM-Traum des australischen Fußballer des Jahres 2013 - ein Schlag für Kruse und die "Aussies". Ein Thema ist auch Kapitän Lucas Neill. Ist der 35-Jährige noch tauglich für eine WM? Postecoglou schickte ihn bei seinem Einstand auf das Feld und beendete erst einmal die Diskussion. Ins Spiel haben sich indes Jason Davidson (22, Heracles Almelo) und Ivan Franjic (26, Brisbane Roar ) gebracht, die auf den Außenverteidiger-Positionen ihren neuen Coach auf Anhieb überzeugten. Das will auch Tommy Oar (22, FC Utrecht), der die linke Offensivseite beleben könnte.

Die Qualifikation

Joshua Kennedy

Machte mit seinem Tor gegen den Irak die Qualifikation perfekt: Joshua Kennedy. Getty Images

Als Vertreter des Ozeanischen Fußballverbandes scheiterte Australien oft in den Playoffs, mit dem Wechsel 2005 zum Asiatischen Verband änderte sich dies. Über Asien ergatterten die Socceroos einen der vier sicheren Startplätze, so ganz rund lief es allerdings nicht. Nach sechs Spieltagen in der entscheidenden 4. Runde hatten die da noch von Osieck gecoachte Mannschaft gerade einmal einen Sieg auf dem Konto (1/4/1). Ein 4:0-Sieg gegen den schärfsten Widersacher Jordanien und ein 1:0 im abschließenden Gruppenspiel gegen den Irak, das Kennedy spät per Kopf sicherte, ebneten letztlich den Weg mit Platz zwei hinter Japan.

Stimmen, Stimmung und Aussichten

Die spanische "El Pais" stempelte nach der Auslosung Australien als völligen Underdog ab: "La Roja startet mit einem neuen 'Endspiel' gegen den amtierenden Vizeweltmeister und muss dann gegen das aufstrebende Chile und das schwache Australien antreten." Der niederländische Coach Louis van Gaal zollt den Socceroos da schon mehr Respekt: "Wir treffen auf den Weltmeister, Australien, gegen das wir noch nie gewonnen haben, und auf Chile, das auch eine gute Mannschaft hat. Von den Gegnern her ist das also schwer." Postecoglu hat mit seinem Debüt-Sieg gegen Costa Rica für Aufbruchsstimmung gesorgt und gleich seine bevorzugte Spielphilosophie preisgegeben: "Während der 90 Minuten hat mir besonders unser schnelles Pressing in der Defensive imponiert. Selbst wenn uns Fehler unterliefen, waren die Jungs umgehend bemüht, den Ball zurückzuerobern." Zeitgemäßes Kurzpassspiel, kontrolliertes Gegenpressing und eine schnelle Spieleröffnung schwebt Postecoglu vor. Ob der Underdog aus Down Under dies in Brasilien umsetzt, wird sich zeigen.

Cahill - der schlaue Rekord-Torjäger