Europa League

Das Netzwerk hinter Sporting Braga

Die Spielerberater und der Union-Gegner

Das Netzwerk hinter Sporting Braga

Unions Gegner Sporting Braga und das Netzwerk.

Unions Gegner Sporting Braga und das Netzwerk. imago sportfotodienst

Das Palladium House in London-Soho ist ein wundervolles Gebäude. Es vereint eine schwarze Granitfassade mit ägyptischen Zierelementen. Kein Wunder, dass das Haus an der Ecke Great Marlborough/Argyll Street denkmalgeschützt ist. Im Erdgeschoss servieren sie, gut sichtbar für Jedermann, Spaghetti und Pizza. Weniger gut sichtbar ist, dass im Palladium House am großen Rad im Fußballbusiness gedreht wird respektive wurde. Diverse Verbindungen erwecken den Eindruck, dass eine Nähe zwischen Sporting Braga, das ist der portugiesische Erstligist, den der 1. FC Union Berlin an diesem Donnerstag in der Europa League empfängt (18.45 Uhr, LIVE! bei kicker), und Firmen sowie Personen aus dem Bereich Spielervermittlung besteht. Und diese Verbindungen führen ins Palladium House.

Alles beginnt mit dem Einstieg der Firma "Sundown Investments Limited" im Oktober 2016 in Braga. "Sundown", ein Londoner Investor, übernimmt die 200.335 Aktien an der Kapitalgesellschaft hinter dem Traditionsklub, die zuvor die Stadt besaß. Knapp 17 Prozent, eine Minderheitsbeteiligung. Vier Monate später bestätigt die Aktionärsversammlung Antonio Salvador, auch heute noch der Boss in Braga, als Präsident. Was sagt Salvador zu den Personen, die hinter "Sundown" stehen? Man wüsste es gerne, doch Sporting lässt eine Anfrage unbeantwortet.

Die "Sundown Investments Limited" sitzt in London-Holborn, dem historischen Gerichtsviertel der englischen Hauptstadt. Eine wichtige Person bei "Sundown" ist Ivan McOwens, zumindest seit 8. April 2016, also ein halbes Jahr vor dem Einstieg in Braga. Da wurde er als "Director" eingestellt. Seine Haupttätigkeit widmete Ivan McOwens, Jahrgang 1945, vor seiner Pensionierung der Buchhalterei. Und zwar bei einer Firma namens "Hazlems Fenton". Das ist ein seit mehr als 80 Jahren existierendes Unternehmen, das "sich auf die Bereitstellung einer Reihe von Compliance- und Beratungsdienstleistungen für inhabergeführte Unternehmen konzentriert", wie es in einer Pressemitteilung heißt. "Hazlems Fenton", 2019 von der größeren Steuerkanzlei "Blick-Rothenberg" geschluckt, unterhielt mehrere Schwester-Unternehmen. Das Gros im Palladium House, wo übrigens auch die Vereinigung der englischen Fußball-Agenten residierte.

Seit 1998 firmiert Angel als Vorstandschef der Spielerberatungsagentur Base Soccer

Es war im Jahr 1983, als Leon Angel ausweislich seines Profils im Karrierenetzwerk Linked-In bei "Hazlems Fenton" einstieg. Als Partner, als hohes Tier also. Angel ist zudem Vorstandsmitglied der europäischen Fußballvermittlervereinigung EFAA. Denn in den 1990ern entdeckte Angel das Fußballgeschäft für sich. Seit 1998 firmiert er als Vorstandschef der Spielerberatungsagentur Base Soccer, die 2019 von der riesigen US-Künstleragentur CAA geschluckt wurde und heute zu den fünf größten Spielerberatungsfirmen weltweit gehören dürfte. Sie vertritt Stars wie Heung-Min Son, Richarlison (beide Tottenham), Raphael Varane (Manchester United) oder Jorginho (Chelsea FC). Mehrere Firmen, in denen Angel "Director" war, saßen oder sitzen im Palladium House. Unter anderem die nach dem walisischen Fußballstar benannte Aaron-Ramsey-Foundation, die 2013 aufgelöste Academy of Dreams des ehemaligen englischen Nationaltrainers Terry Venables und die 2014 aufgelöste "Base Soccer Hazlems Financial Limited".

Angel lässt ausrichten, er habe weder direkte noch indirekte Verbindungen zu "Sundown" und habe seit über fünf Jahren nicht mehr mit "Hazlems Fenton" zusammengearbeitet. Da trifft es sich gut, dass mit Ivan McOwens ein ehemaliger "Hazlems-Fenton"-Mann bei "Sundown" sitzt, einer Firma, die als Anteilseigner über die Geschicke bei Sporting Braga mitbestimmen darf. Erstaunlich aber: McOwens, der mittlerweile auf Zypern lebt, betont am Telefon, nie etwas mit dem operativen Geschäft bei "Sundown" zu tun gehabt zu haben. Nach einem kurzen Gespräch bittet er darum, Fragen per Mail einzureichen, die jedoch unbeantwortet bleiben. Doch wie darf man sich das vorstellen? Ein "Director", der nichts mit der Operative zu tun hat? Das riecht und zwar nach Strohmann.

2019 jedenfalls erhielt McOwens Verstärkung bei "Sundown". Justyna Wojcik heuerte als "Director" an. Allein im Vereinigten Königreich taucht die Polin bei 40 Firmen in dieser Rolle auf, nicht mehr alle sind aktiv. Besonders spannend aus Fußballsicht in dieser langen Liste: Die "For Gool CO Ltd.". Bei "For Gool" ist seit 2017 neben Wojcik ein gewisser Constantin Teodoro Panagapoulos involviert, besser bekannt als Teo Fonseca. Fonseca arbeitete als Spielervermittler. Sein berühmtester Klient war Hulk, der mehr als 110 Millionen Euro an Transfererlösen eingespielt hat. Der "For Gool" gehören 85,88 Prozent am portugiesischen Erstligisten Portimonense.

Chelsea-Eigner Todd Boehly möchte ein Mehrfach-Klub-Modell aufziehen

Im Juli 2015 kaufte der FC Porto für 2,8 Millionen Euro 80 Prozent der Rechte an Nationalspieler Danilo Pereira. Als Verkäufer aufgeführt im Jahresbericht des Spitzenklubs: Portimonense. Seltsam. Für Portimonense nämlich hatte Pereira, ein Klient des berühmt-berüchtigten Agenten Jorge Mendes, aber nie gespielt. Vor Porto lief er für Maritimo Funchal auf. Im Jahr des Pereira-Transfers bezahlte der FC Porto einen Betrag von 5 Millionen Euro an "For Gool", die Firma, die heute Portimonense kontrolliert. So ganz nebenbei steht Portimonense mittlerweile im Fokus des neuen Chelsea-Eigners Todd Boehly, der ein Mehrfach-Klub-Modell aufziehen möchte a la Red Bull oder der City Football Group.

Walter wurde bis 2019 achtmal verliehen

Nun müssen wir in der Saga um Braga zurückgehen und zwar in das Jahr 2012. Damals forderte die UEFA die britischen Steuerbehörden auf, zwei Firmen zu durchleuchten: "Pearl Design Holding Ltd." und "For Gool". Die UEFA setzte sich damals intensiv mit der Drittbeteiligung von Investoren an Spielern auseinander, der sogenannten Third-Party-Ownership (TPO), die Kritiker als modernen Menschenhandel bezeichnen und die 2015 von der FIFA verboten wurde. "For Gool" und "Pearl" waren demnach in den 2010 vollzogenen Transfer des Brasilianers Walter Henrique da Silva von Atletico Rentistas, einem Klub aus Uruguays Hauptstadt Montevideo, zum FC Porto involviert. Walter wurde bis 2019 achtmal verliehen, eine klassische TPO-Karriere. Noch spannender als das: Die Bücher des FC Porto weisen aus, dass der Klub für 25 Prozent der Rechte an dem ehemaligen U-20-Nationalspieler 2,125 Millionen Euro bezahlte und zwar an die 2018 aufgelöste "Pearl Design Holding Ltd.".

Deren "Director" wiederum hieß Mario Jorge Quieroz E Castro. Bei so vielen Namen, Firmen und Adressen kann einem schon einmal schwindelig werden. Wie gut, dass sich bei Quieroz, den Spielerberater Angel nach eigenen Angaben nicht kennt, der Kreis schließt: Der Portugiese firmierte bei einer Firma namens "We Wow Corporation Limited" als "Director". Bis zum 8. April 2016. Da schied er aus, Ivan McOwens kam und die Firma wurde umbenannt: in "Sundown Investments Limited" …

Benni Hofmann, Kale Stockwell