2. Bundesliga

Bornemann zwischen Überzeugung und Risiko

Die Beförderung von Hürzeler zum St. Pauli-Coach ist logisch für den Sportchef

Bornemann zwischen Überzeugung und Risiko

Hat verschiedenen Optionen geprüft: Sportchef Andreas Bornemann

Hat verschiedenen Optionen geprüft: Sportchef Andreas Bornemann IMAGO/Baering

Der 51-jährige Sportchef hat auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Samstag emotional dargelegt, wie sehr es ihn trifft als "eiskalt" tituliert zu werden, "der rechts und links die Menschen wegräumt". Tatsächlich hat er in der Branche den Ruf des Überzeugungstäters, spätestens als er 2019 in Nürnberg lieber selbst mit ging, anstatt, wie vom FCN-Aufsichtsrat gefordert, gegen seine Überzeugung Trainer Michael Köllner zu entlassen.

Bornemann hat es einmal zu seinem Grundsatz erklärt, keine Entscheidungen zu treffen, um die eigene Position dadurch zu stärken, sondern stets im Sinne der Sache zu handeln. Als St. Pauli 2020 im ersten Halbjahr unter dem von ihm installierten Schultz gefährlich nah am Abgrund taumelte, hatte der Sportchef tiefgehende Probleme in der Kaderstruktur und nicht den Trainer als Hauptproblem ausgemacht. Statt Schultz mussten langjährige Profis wie Robin Himmelmann und Marvin Knoll gehen. Zwei Jahre später bewertete er die Situation grundlegend anders. Weil sich mannschaftstaktische Probleme im Zeitraum von einem Jahr wiederholten, weil er beim Coach die Ansätze zur Veränderung vermisste.

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Seine eigene Position gestärkt hat Bornemann mit der Freistellung des beliebten Ur-St. Paulianers nicht. Die ohnehin nicht geringe Zahl seiner Kritiker ist deutlich angewachsen, und auch Hürzelers Beförderung ist keineswegs wie der Versuch eines öffentlichen Befreiungsschlags zu werten. Dieser wäre die Verpflichtung eines renommierten Chefs gewesen, der zunächst einmal das Grundmurren verstummen lassen hätte. Mit einem erst 29-Jährigen geht der Sportchef durchaus ins Risiko. Weil die Tabellenkonstellation brenzlig ist, und ein Fehlgriff allein ihm angelastet würde.

Trainertalente und Routiniers waren unter den Kandidaten

Wenn Bornemann anlässlich der Entscheidung am Donnerstag nun sagt, "wir sind der Überzeugung, dass Fabian in dieser Situation die optimale Besetzung für uns ist", dann liegt die Betonung in diesem Satz auf dem Wort Überzeugung und darf für bare Münze genommen werden. Es ist verbürgt, das der sportliche Verantwortungsträger verschiedene Optionen geprüft hat: Unter den Kandidaten waren andere Trainertalente und auch Routiniers.

Am Ende standen zwei Grundsatzentscheidungen. Die erste war die, dass Hürzeler von den jungen Trainern die 1a-Lösung ist, und die zweite, dass nicht die Komponente Erfahrung entscheidend sein wird, sondern die inhaltliche. "Er hat schon in seiner Zeit als Co- und Interimstrainer gezeigt, dass er sehr strukturiert die Herausforderungen anpackt und sehr konkrete Lösungen anbietet", sagt Bornemann. Weil er davon überzeugt ist, dass Hürzeler diese Lösungen nun auch als Chef hat, geht er bewusst einen Weg, der nicht frei von Risiken ist. Vor allem für den Sportchef selbst nicht.

Sebastian Wolff

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