Bundesliga

Beißende Ironie von Tuchel - "Heute müsst ihr eine 180-Grad-Wende machen, viel Spaß!"

Bayern-Trainer nicht zufrieden mit Meinungen von Experten

Beißende Ironie von Tuchel - "Heute müsst ihr eine 180-Grad-Wende machen, viel Spaß!"

Zeigte sich nach dem 4:0 in Dortmund etwas angefressen: Bayern-Trainer Thomas Tuchel.

Zeigte sich nach dem 4:0 in Dortmund etwas angefressen: Bayern-Trainer Thomas Tuchel. IMAGO/kolbert-press

Schon vor dem Gastspiel im Signal-Iduna-Park hatte sich Thomas Tuchel genervt von den jüngsten Einschätzungen von TV-Experten wie Ex-Profi und Weltmeister Lothar Matthäus gezeigt. "Ich will euch nicht stören, wenn die Experten über uns sprechen", sagte der Münchner Trainer am Samstag schon im Vorfeld zu "Sky"-Reporter Patrick Wasserziehr. Der 50-Jährige war zunächst kurz angebunden gewesen und hatte gefordert: "Gerne nächste Frage." Auf Wasserziehrs Einwand, was ihn denn gestört habe, folgte ein: "Nichts, alles gut."

Dass der FCB-Coach die Experten auf dem Kieker hatte, war in einer Vorgeschichte begründet. Matthäus und der frühere Profi Dietmar Hamann hatten die Spielweise des Meisters zuletzt immer wieder kritisiert und gefolgert, es gebe unter Tuchel keine Weiterentwicklung. Am Freitag während der Pressekonferenz der Münchner war bereits ein erster Konter gefolgt: "Ich sehe bei den beiden auch keine Weiterentwicklung."

Am Samstag sagte Matthäus zunächst, diese Reaktion sei "cool" gewesen. Nach dem Interview Tuchels kurz vor dem Spiel hatte der 62-Jährige jedoch angemerkt: "Heute hat er keinen souveränen Eindruck hinterlassen. Ich hoffe, dass die Mannschaft souveräner auftritt."

Tat sie - und fuhr ein verdientes 4:0 in Dortmund ein. Dreierpack von Harry Kane inklusive gepaart mit den Fakten, weiter dicht an Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen dran zu sein und mit dem 38:7-Torverhältnis einen Bundesliga-Startrekord aufgestellt zu haben.

"So schlimm kann es ja nicht sein"

Für Matthäus stand deshalb nach Spielschluss fest: "Es war das beste Spiel, was der FC Bayern in dieser Saison über 90 Minuten gezeigt hat."

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Davon wollte Tuchel aber nichts wissen - gar nichts. Vielmehr legte der ehemalige BVB-Trainer (2015 bis 2017) bei seiner Bundesliga-Rückkehr nach Dortmund beißende Ironie an den Tag und ließ weiterhin durchklingen, dass ihm die jüngsten Kommentare in seine Richtung missfallen hatten.

So freute er sich über das 4:0 "trotz Zerwürfnis in der Mannschaft mit dem Trainer und trotz keiner Weiterentwicklung (unter mir; Anm. d. Red.) - alles keine Überraschung. Ich bin super zufrieden mit meiner Mannschaft, top!" Dass eben Matthäus an diesem 10. Spieltag ebenfalls sehr zufrieden mit seinem früheren Klub gewesen sei, davon wollte Tuchel aber nichts wissen. Nur so viel: "Passt doch, dann ist doch Ostern und Weihnachten! Wir haben viele Dinge gehört, was bei uns alles nicht stimmt. Aber so schlimm kann es ja nicht sein."

"Ich will gar nicht Teil der Diskussion sein"

Ein Ende dieses "Gesprächs" war damit aber noch nicht erreicht. "Wir haben in der Liga zweimal unentschieden gespielt - gegen Leverkusen und gegen Leipzig. Wir haben sehr wenig Konstanz in der Viererkette, haben noch einen Torwartwechsel, den wir zur Mitte der Saison noch durchziehen", führte Tuchel Dinge ins Feld, mit denen er und sein Team in dieser Spielzeit schon zu tun gehabt hatten - nur um weiterzumachen mit: "Wir führen in der Champions-League-Gruppe … aber ok, es ist angekommen."

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"Sah ganz okay aus heute": Tuchel teilt weiter gegen Hamann und Matthäus aus

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Auf Fragen von Matthäus oder eine richtige Unterhaltung mit dem Weltmeister von 1990 wollte Tuchel aber nicht eingehen - gar nicht. Vielmehr sagte er an dieser Stelle nur noch einen Satz, nahm sich dabei schon die Ohrstöpsel und das Gerät vom Körper und verließ den Tisch schließlich während des Sprechens: "Ich möchte gar nicht in die Diskussion einsteigen, ich will da gar nicht rein. Ich will gar nicht Teil der Diskussion sein, das ist mir 'too much'. Ihr habt einen Job, ihr dürft das benennen, wie ihr möchtet. Da ist gar keiner sauer. Heute haben wir 4:0 gewonnen, heute müsst ihr eine 180-Grad-Wende machen, viel Spaß dabei!"

Tuchel lässt nicht locker

Thomas Tuchel

Legte auf der Pressekonferenz nochmals in Richtung Lothar Mattthäus & Co. nach: Thomas Tuchel. IMAGO/Kirchner-Media

Ganz fertig war der Nachfolger von Julian Nagelsmann aber immer noch nicht, vielmehr schoss er auf der folgenden Pressekonferenz nochmals Richtung Experten: "Soll ich hier Didi und Lothar zitieren? Für eine Mannschaft ohne Weiterentwicklung und mit schlechtem Innenverhältnis zwischen Spieler und Trainer sah es ganz ok aus, würde ich sagen. Den Rest erfahrt ihr von den Experten ja direkt."

Ironie aus.

Wir sind sehr ruhig geblieben nach dem Aus. Es hat uns extrem geschmerzt und wird uns weiter bei jeder Pokalauslosung schmerzen.

Thomas Tuchel über die richtige Reaktion seiner Mannschaft

Denn nach all diesen Einlassungen schaltete Tuchel um und sprach auch noch ein paar ernstzunehmende Sätze nach dem 1:2-Aus in Saarbrücken unter der Woche und der Reaktion darauf im Klassiker gegen Dortmund: "Wir zeigen es uns selbst, das was wir die ganze Zeit machen. Wir spielen für unsere eigenen Maßstäbe und wir spielen für unser eigenes Level, das wir erreichen wollen. Das war top heute, ich freu mich für die Mannschaft, dass sie es so beweisen konnte. Das war ein Topspiel, also haben wir eine Top-Leistung gebracht."

Und weiter: "Wir schauen nur auf uns, wir waren sehr fokussiert, sehr konzentriert und haben uns viele Torchancen herausgespielt." Es komme nach so einem Spiel wie in Saarbrücken auf die Reaktion an - "und die haben wir gezeigt. Ich glaube, dass jeder die Wichtigkeit dieses Spiels geführt hat. Wir sind sehr ruhig geblieben nach dem Aus. Es ist früh in der Saison. Es hat uns extrem geschmerzt und wird uns weiter bei jeder Pokalauslosung schmerzen." Dennoch sehe er durch diese Reaktion, dass sein Team allgemein auf dem richtigen Weg ist.

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Bilder zur Partie Borussia Dortmund gegen FC Bayern München