Bundesliga

Baumgartlinger: "Viele dachten, ich hätte meine Karriere beendet"

Augsburgs Routinier über seine Bundesliga-Rückkehr

Baumgartlinger im Interview: "Viele Vereine dachten, ich hätte meine Karriere beendet"

"In welcher Rolle ich die Rückrunde verbringe, wird man sehen": Julian Baumgartlinger im Trainingslager des FCA.

"In welcher Rolle ich die Rückrunde verbringe, wird man sehen": Julian Baumgartlinger im Trainingslager des FCA. Klaus Rainer Krieger

Herr Baumgartlinger, wie fällt Ihr Zwischenfazit nach fünf Monaten in Augsburg aus?

Die Zeit ist verflogen. Ich bin relativ schnell in die Mannschaft reingekommen. Wenn die Saison schon läuft, geht das alles ein bisschen schneller. Ich wurde von der Mannschaft super aufgenommen, der Trainer hat mich sofort eingebunden. Das hat es mir einfach gemacht. Für mich war es sehr, sehr wichtig, dass ich vor der Winterpause mit den Startelfeinsätzen nochmal ein Ausrufezeichen setzen und dem Verein zeigen konnte, dass ich voll da bin.

Sie haben sich lange auf Vereinssuche befunden, erst Mitte August beim FCA unterschrieben. In welchem Zustand sind Sie dort angekommen?

Die Herausforderung war nicht, dass ich Probleme hatte oder es mir nicht gut ging. Das Problem war eher, dass ich gerade voll da war, als die Sommerpause kam. Ich hätte zu dem Zeitpunkt noch ein paar Spiele gebraucht, habe dann aber gedacht: Egal, dann steige ich eben bei meinem neuen Verein in der Vorbereitung ein, das hat sich zunächst aber nicht ergeben. Daraufhin habe ich dann zwei Monate individuell trainiert und ein sehr intensives Programm durchlaufen. Dementsprechend kam ich zwar in einem physisch sehr guten Zustand zum FCA, aber eben ohne fußballerischen Rhythmus. Die ganzen üblichen Dinge aus dem Fußballtraining kann man nicht simulieren.

Im Nachhinein habe ich von vielen Vereinen gehört, dass sie dachten, ich sei bereits in der Fußball-Pension.

Julian Baumgartlinger

Warum hatte sich denn zuvor nichts ergeben?

Es war eine Mischung aus vielen Variablen, die ich irgendwann selbst nicht mehr ganz greifen oder einordnen konnte. Ich glaube, dass viele gedacht haben, dass ich meine Karriere in Leverkusen beendet hätte. Da gab es einen Abschied, das war auch alles sehr schön. Aber im Nachhinein habe ich von vielen Vereinen gehört, dass sie dachten, ich sei bereits in der Fußball-Pension. Damit haben sich viele gar nicht mehr mit mir beschäftigt. Ich bin mittlerweile 35, dreifacher Familienvater, und für mich war es schon wichtig, dass die Karriere Hand in Hand mit meiner privaten Zukunft geht. Deshalb habe ich manche Dinge auch von vornherein ausgeschlossen. Gott sei Dank kam dann mit Augsburg die perfekte Lösung.

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Sind Sie zwischendurch, als keine Ideallösung in Sicht war, mal nervös geworden?

Ein wenig schon, speziell als der Juli da war und jeder Verein sein Trainingslager bezogen hatte. Ich brauche und will diese Vorbereitung. Genau diese Zeit, um sich zu adaptieren, um in der Mannschaft anzukommen, ist in meinen Augen entscheidend. Gerade nach den anderthalb Jahren Verletzung war für mich klar: Wenn mir diese Vorbereitungszeit fehlt, wird es mit jedem Tag schwieriger.

Ich habe immer alles reingehauen, egal, wie viele Sechser da waren.

Julian Baumgartlinger

Wie haben Sie dann vom Angebot aus Augsburg erfahren?

Das ging über den direkten Weg. Christoph Janker (Leiter Lizenzbereich, Anm. d. Red.) hat mich angerufen, wir haben uns ausgetauscht und direkt ein Treffen mit dem Trainerteam und Stefan (Reuter) vereinbart. Drei Tage später habe ich den Vertrag unterschrieben.

Erst am 13. Spieltag standen Sie das erste Mal in der Startelf, weil beide Sechser gesperrt fehlten.

Ich habe mich von Anfang an mit dem Trainer ausgetauscht und gesagt: "Das Wichtigste ist, dass wir beide ehrlich miteinander umgehen und dass ich da bin, um zu unterstützen und das zu geben, was ich gerade kann. Wenn das für dich genug ist, lässt du mich spielen. Und wenn nicht, dann nicht." Wichtig war einfach, im Austausch zu bleiben, so viel Spielzeit wie möglich zu sammeln und bereit zu sein, wenn es so weit ist.

Nun zeichnet sich mit Carlos Gruezo ein Abgang auf Ihrer Position ab, der FCA wiederum will einen Ersatz verpflichten. Spornt Sie das an?

Ich habe immer alles reingehauen, egal, wie viele Sechser da waren. Vielleicht kommen noch zwei Sechser, wer weiß. Dorschi kommt zurück, was super ist. Ich freue mich eher über eine große Positionsgruppe, weil wir eine sehr intensive Art haben, Fußball zu spielen. Gerade für die Zentrale. Das sind weite Wege, intensive Spiele. Da braucht man immer den einen oder anderen, der rein- oder rausrotieren kann. In welcher Rolle ich die Rückrunde verbringe, wird man sehen, aber natürlich liegt auf der Hand, dass ich so viele Spiele wie möglich bestreiten möchte.

Treffen im FCA-Trainingslager in Algorfa/Spanien: Julian Baumgartlinger (re.) und kicker-Reporter Mario Krischel.

Treffen im FCA-Trainingslager in Algorfa/Spanien: Julian Baumgartlinger (re.) und kicker-Reporter Mario Krischel. Klaus Rainer Krieger

Ihr Vertrag gilt bis Saisonende. Gab es schon Gespräche über eine Verlängerung?

Wir haben uns kürzlich ausgetauscht, lassen alles auf uns zukommen. So, wie die Verpflichtung war, wird es auch im Hinblick auf die neue Saison gehen. Beide Seiten werden schauen, was man sich vorstellt. Wenn das weiterhin übereinstimmt, sind alle Optionen offen.

Um das dieses Mal also klarzustellen: Ein Karriereende ist nicht geplant?

Stand jetzt nicht. Ich habe die komplette Verletzung hinter mir gelassen und bin wieder so matchfit, wie ich vorher war. Das ist schon ein schönes Gefühl, auch wenn ich 35 bin und einem immer wieder angedichtet wird, dass man bald mal aufhören kann oder soll oder muss. Ich habe mir die Freiheit erarbeitet, dass ich jetzt Mitte Januar hier stehe und topfit bin und selbst entscheiden kann, ob ich weiterspiele.

Interview: Mario Krischel

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